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Die Mordbeichte

Die Mordbeichte

Titel: Die Mordbeichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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schlug zu. Es war
plötzlich sehr still. Sie war noch immer ganz bestürzt und
unfähig, zu begreifen, was er ihr erzählt hatte. Anna
wußte wenig vom Leben. Ihre Kindheit hatte sie in Blindenschulen
verbracht. Nach dem Tod ihrer Eltern war sie auf das Musik-College
gekommen. Und dann war Onkel Michael zurückgekehrt, und zum
erstenmal seit Jahren war wieder jemand dagewesen, um den sie sich
kümmern konnte, der sich um sie kümmerte.
      Wie immer suchte sie Trost in der
Musik. Sie kehrte ans Klavier zurück und tastete über die
Noten, suchte das ChopinPräludium, fand es aber nicht. Und dann
fiel ihr ein, daß sie am Morgen Orgel gespielt hatte. Vielleicht
hatte sie die Noten liegengelassen.
      Sie holte ihren Regenmantel und ihren Spazierstock und verließ das Haus.
      Es regnete wieder stark, als Pater da
Costa über den Kirch hof lief. Er sperrte die kleine Tür auf,
die in die Sakristei führ te, zog ein Chorhemd an, warf sich eine
violette Stola über die Schultern und ging, um die Beichten
abzunehmen. Er hatte sich verspätet, aber um diese Tageszeit kamen
ohnehin nur wenige herein; an manchen Tagen wartete er die festge
setzte halbe Stunde, ohne daß überhaupt jemand erschien.
      Die Kirche war feuchtkalt. Er hatte
die Heizkosten nicht mehr tragen können. Eine junge Frau
zündete gerade eine zweite Kerze vor der Jungfrau an, und als er
an ihr vorbeiging, sah er, daß zwei weitere Personen neben dem
Beichtstuhl warteten.
      Er begab sich an seinen Platz und
murmelte ein kurzes Gebet, aber es half ihm nichts. Die Szene auf dem
Friedhof ließ ihn nicht los.
      Auf der anderen Seite der
Zwischenwand begann eine Frau zu sprechen. Der Stimme nach war sie
mittleren Alters. Er konzentrierte sich entschlossen auf die Gegenwart
und lauschte, was sie zu sagen hatte. Es war nicht sehr viel;
hauptsächlich Unterlassungssünden. Als nächstes kam eine
junge Frau. Sie begann zögernd mit Banalitäten und gestand
schließlich eine Affäre mit ihrem Chef, einem verheirateten
Mann, von dem sie nicht lassen konnte. Pater da Costa war
angerührt von ihrem unerschütterlichen Glauben und erteilte
ihr die Absolution, ohne ihr irgendwelche Versprechen abzu nehmen.
      Als sie gegangen war, fühlte er
sich plötzlich ausgelaugt. Dann hörte er wieder das Klicken
der Tür.
      »Bitte, segnen Sie mich, Pater!« sagte eine fremde Stimme. Ein Ire. Ein gebildeter Mann zweifellos.
      Pater da Costa sagte: »Möge Jesus dich segnen und dir helfen, deine Sünden zu beichten.«
      Es entstand eine Pause, ehe der Mann
fragte: »Pater, gibt es irgendwelche Umstände, unter denen
das, was ich Ihnen jetzt sagen werde, an irgend jemand anderen
weitergegeben wer den könnte?«
      Da Costa setzte sich auf.
»Keine – was immer auch gesche hen mag. Das Beichtgeheimnis
ist unverletzlich.«
      »Gut«, sagte der Mann.
»Dann werde ich es besser hinter mich bringen. Ich habe heute
morgen einen Mann getötet.«
      »Einen Mann getötet?« murmelte Pater da Costa wie be
    täubt. »Ermordet?«
    »Genau.«
      Von einer schrecklichen Ahnung
befallen, beugte sich da Costa vor und versuchte durch das Gitter zu
sehen. Auf der anderen Seite flammte ein Streichholz auf, und zum
zweitenmal sah er an jenem Tag in das Gesicht von Martin Fallon.
      Es war ruhig in der Kirche, als Anna
da Costa aus der Sakri stei trat und auf das Chorgestühl
zusteuerte. Sie fand die ge suchten Noten sofort, blieb aber noch ein
paar Augenblicke vor der Orgel sitzen, an den Fremden mit der weichen
Stimme und dem irischen Tonfall denkend. Er hatte recht gehabt mit dem
Trompetenregister. Sie berührte es sanft, griff dann nach ihrem
Stock und stand auf. Irgendwo unter ihr schlug eine Tür, und die
Stimme ihres Onkels hallte zu ihr herauf. Sie erstarrte, verdeckt durch
den grünen Vorhang, der neben der Orgel hing. Niemals zuvor hatte
sie seine Stimme so zor nig gehört.
      Pater da Costa stürmte aus dem
Beichtstuhl. »Kommen Sie heraus! Schauen Sie mir verdammt noch
mal ins Gesicht, wenn Sie das wagen!«
      Anna hörte die andere Tür
des Beichtstuhls aufschlagen, leise Schritte und dann eine ruhige
Stimme, die sagte: »Da stehen wir uns also wieder gegenüber,
Pater.«
      Fallon hatte die Hände in den Taschen seines Trenchcoats.
      Pater da Costa trat näher an ihn heran und flüsterte heiser: »Sind Sie Katholik?«
      »Selbstverständlich, Pater.« Ein leicht höhnischer Unterton schwang in seiner Stimme mit.
      »Dann müßten

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