Die Mordbeichte
Fallon.
»Kein Mensch darf sich in dieser Weise selbst verdammen.«
»Nur für den Fall,
daß Sie es nicht gehört haben sollten: Der Mann, den ich
erschossen habe, hieß Krasko. Er war Zuhälter, ein Hurenbock
und Rauschgifthändler. Und Sie wollen, daß ich bereue?
Seinetwegen?«
»Das wäre Sache des Gesetzes gewesen.«
»Das Gesetz!« Fallon
lachte rauh. »Männer wie er stehen über dem Gesetz. Ihn
schützte seit Jahren eine dreifache Mauer, bestehend aus Geld,
Korruption und Anwälten. Ich würde sagen, ich habe der
Gesellschaft einen Gefallen getan.«
»Für dreißig Silberstücke?«
»Oh, für mehr als das,
Pater. Sehr viel mehr. Seien Sie be ruhigt, ich werde etwas in den
Klingelbeutel werfen – für die Armen. Ich kann es mir
leisten.« Er schnippte seine Zigaret te übers Geländer.
»Ich gehe jetzt.«
Er wandte sich um.
Pater da Costa faßte ihn am
Ärmel und zog ihn herum. »Sie machen einen Fehler, Fallon,
Gott wird Ihre Methode nicht billigen.«
»Seien Sie nicht albern, Pater.«
»Er hat bereits seine Hand im
Spiel. Oder glauben Sie, es war reiner Zufall, daß ich in diesem
besonderen Augenblick dort auf dem Friedhof war?« Er
schüttelte den Kopf. »O nein, Fallon. Sie haben ein
Menschenleben ausgelöscht, aber Gott hat Ihnen die Verantwortung
für ein anderes aufgebürdet: für meines.«
Fallon sah jetzt sehr bleich aus. Er
drehte sich um und steuerte wortlos auf den Aufzug zu. Ein leises
Geräusch ver anlaßte ihn, nach links zu schauen, und er
erblickte Anna da Costa hinter einem Stützpfeiler. Er zog sie
sanft hervor, aber trotzdem schrie sie vor Angst auf.
Fallon sagte sanft: »Es ist alles in Ordnung. Ich gebe Ihnen mein Wort.«
Pater da Costa eilte herbei und zog sie von ihm weg. »Lassen Sie sie in Ruhe!«
Anna begann zu weinen, und er hielt sie in seinen Armen.
Fallon betrachtete sie leicht
stirnrunzelnd. »Möglicherweise hat sie mehr gehört, als
gut für sie ist.«
Da Costa hielt Anna etwas von sich ab. »Stimmt das?«
Sie nickte und flüsterte:
»Ich war in der Kirche.« Sie wandte sich um, streckte die
Hände aus und tastete sich zu Fallon hin. »Was für ein
Mensch sind Sie?«
Eine Hand berührte sein Gesicht.
Er stand wie versteinert da. Hastig zog sie ihre Hand zurück, als
ob sie sich verbrannt hätte, und da Costa legte wieder
schützend einen Arm um sie.
»Verlassen Sie uns«,
flüsterte sie heiser. »Ich werde nieman dem etwas von dem,
was ich gehört habe, erzählen. Ich ver spreche es. Nur gehen
Sie, bitte, und kommen Sie nicht wie der. Bitte!«
Es war ein leidenschaftliches Flehen.
Pater da Costa drückte sie eng an sich.
»Ist es ihr ernst damit?« fragte Fallon.
»Sie hat es versprochen. Wir nehmen Ihre Schuld auf uns, Fallon. Und jetzt verschwinden Sie!«
Fallon wandte sich um und ging auf
den Aufzug zu. Als er die Tür öffnete, rief ihm da Costa
nach: »Es sind jetzt zwei, Fallon! Zwei Leben, für die Sie
die Verantwortung tragen. Sind Sie dem gewachsen?«
Fallon stand lange da, eine Hand an
der offenen Aufzugtür. Schließlich sagte er leise: »Es
wird nichts geschehen. Ich gebe Ihnen mein Wort drauf. Mein Leben
– wenn Sie wollen.«
Er trat in den Aufzug und schloß die Tür. Man hörte das leise Surren des Motors.
Anna sah auf und flüsterte: »Ist er weg?«
Pater da Costa nickte. »Ja.«
»Er war schon vorher in der
Kirche gewesen«, erzählte sie. »Er hat mir gesagt, was
mit der Orgel nicht stimmt. Ist das nicht seltsam?«
»Der Orgel?« Da Costa
starrte verwirrt auf sie herab, seufzte dann, schüttelte den Kopf
und drehte sie sanft herum. »Komm jetzt. Ich bringe dich ins
Haus. Du holst dir sonst noch den Tod hier oben.«
Sie standen und warteten, daß der Aufzug wieder hochkam.
Anna fragte vorsichtig: »Was werden wir tun, Onkel Mi chael?«
»Mit Martin Fallon?« Er
legte einen Arm um ihre Schultern. »Im Augenblick nichts. Was du
mit angehört hast, war streng genommen ein Teil der Beichte und
ist nur wegen meines Zorns aus dem Beichtstuhl herausgedrungen.«
Er seufzte. »Es tut mir leid, Anna. Ich weiß, daß
dies eine unerträgliche Bürde für dich ist, aber ich
muß dich bitten, mir zu versprechen, mit niemandem darüber
zu reden.«
»Ich habe es bereits versprochen. Ihm.«
Als er wieder allein in seinem
Arbeitszimmer war, tat er et was, was selten so früh am Tage
vorkam: Er goß sich ein
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