Die Mordbeichte
Was ich
eigentlich sagen wollte, daß man ihm aus großer Nähe
durch den Schädel schoß, aber nicht aus zu
großer.« Er nahm seine Tasche auf. »Die Kugel –
oder was davon übriggeblieben ist – dürfte nicht zu
weit entfernt sein«, sagte er im Weggehen.
»Danke, daß du mich daran erinnerst«, bemerkte Miller sarkastisch.
Fitzgerald war zu dem Ewigkeitstor
hinübergegangen und kam kopfschüttelnd zurück.
»Sie machen einen Gipsabdruck der Fußspuren, aber wir
vergeuden nur unsere Zeit. Er trug Galoschen. Und noch etwas: Wir haben
das in Frage kommen de Gebiet mit einem Staubkamm durchkämmt, aber
die Patro nenhülse nicht gefunden.«
Miller runzelte die Stirn und wandte
sich an Costa. »Sind Sie sicher, daß er einen
Schalldämpfer benutzt hat?«
»Absolut.«
»Sie scheinen sehr überzeugt.«
»Als junger Mann war ich
Leutnant bei einer Spezialeinheit der Luftwaffe. Jugoslawien. Mehr als
einmal habe ich Angst gehabt, so ein Ding eines Tages selber benutzen
zu müssen.« Miller und Fitzgerald warfen sich
überraschte Blicke zu. Pater da Costa ging jetzt seinerseits zu
dem Tor hinüber. »Warten Sie – er hatte die Pistole in
der rechten Hand, also sollte die Hülse irgendwo hier
liegen.«
»Genau«, bestätigte Miller. »Nur können wir sie nicht fin den.«
Und dann erinnerte sich da Costa. »Er kniete nieder und hob etwas auf, ehe er verschwand.«
Miller wandte sich Fitzgerald zu, der
ein bekümmertes Gesicht machte. »Was nicht in Ihrem Bericht
stand.«
»Mein Fehler,
Superintendent«, sagte da Costa. »Ich hatte es ihm nicht
gesagt. Es war mir entfallen.«
»Wie ich schon sagte, Pater
– es gibt immer etwas.« Miller holte eine Pfeife hervor und
begann sie aus einem abgewetz ten ledernen Tabaksbeutel zu stopfen.
»Dieser Mann ist kein dahergelaufener Strolch. Er ist ein
Professioneller vom Schei tel bis zur Sohle – und das ist
gut.«
»Ich verstehe nicht«, sagte Pater da Costa.
»Es laufen nicht viele von
dieser Sorte herum, Pater. Vor etwa sechs Monaten raubte jemand fast
eine Viertelmillion aus einer hiesigen Bank. Er brauchte ein ganzes
Wochenende, um in die Stahlkammer zu gelangen. Es stand sofort fest,
daß für dieses handwerkliche Können nur fünf oder
sechs Männer im Lande in Frage kamen – und drei von ihnen
saßen im Ge fängnis. Der Rest war ein rein mathematisches
Rechenexem pel.«
»Verstehe«, sagte da Costa.
»Und nun zu unserem unbekannten
Freund. Ich weiß be reits ungeheuer viel über ihn. Er ist
ein außergewöhnlich cleverer Mann, denn diese
Priesterverkleidung war ein genia ler Einfall. Die meisten Menschen
denken in Schablonen. Wenn ich sie frage, ob sie jemand gesehen haben,
sagen sie erst nein. Setze ich sie unter Druck, erinnern sie sich an
einen Postbeamten – in diesem Fall an einen Priester. Und wenn
ich sie frage, wie er aussah, dann sind wir schon am Ende. Denn alles ,
woran sie sich erinnern können, ist, daß er wie irgend ein
Priester ausgesehen hat.«
»Ich sah sein Gesicht«, sagte Pater da Costa. »Ziemlich gut.«
»Ich hoffe nur, daß Sie
noch so sicher sind, wenn Sie ein Foto von ihm vor sich haben, auf dem
er anders gekleidet ist.« Miller runzelte die Stirn. »O ja,
er war clever. Gummigalo schen, wahrscheinlich ein paar Nummern zu
groß – und dazu noch ein Meisterschütze.«
»Und er muß
beachtenswerte Nerven haben«, bemerkte da Costa. »Er hatte
diese Patronenhülse noch aufgehoben, ob wohl ich auf der
Bildfläche erschienen war.«
»Wir sollten Sie zum
Präsidium mitnehmen, Pater.« Miller wandte sich an
Fitzgerald. »Sie machen hier weiter. Ich fahre Pater da Costa in
die Innenstadt.«
Da Costa sah auf seine Uhr. Es war zwölf Uhr fünfzehn.
»Tut mir leid,
Superintendent«, sagte er rasch, »aber das ist nicht
möglich. Ich nehme um ein Uhr die Beichten ab. Und meine Nichte
erwartet mich bereits um zwölf zum Lunch.«
»Und wann werden Sie frei sein?« fragte Miller ruhig.
»Offiziell um ein Uhr dreißig. Es kommt natürlich darauf an …«
»Auf die Anzahl Ihrer Schäfchen?«
»Genau.«
Miller nickte. »Also gut, Pater. Ich hole Sie um zwei Uhr ab. Ist das recht?«
»Ich denke schon.«
»Ich bringe Sie zu Ihrem Wagen.«
Der Regen hatte etwas nachgelassen. Miller gähnte mehrere Male und rieb sich die Augen.
Pater da Costa bemerkte: »Sie sehen müde aus, Superinten dent.«
»Ich bin letzte Nacht
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