Die Mordbeichte
um seine Mütze aus dem Rinnstein zu fischen. »Ist das alles, Mr. Meehan?«
»Für den Anfang – ja.« Glucksend entfernte er sich.
Pater da Costa hatte nur drei Ministranten für die Abend messe. Es war eine aussterbende Gemeinde. Er hatte es ge wußt, als sie ihn hierher schickten. Seine Vorgesetzten hat ten es gewußt. Eine hoffnungslose Aufgabe, um ihm Demut beizubringen, wie der Bischof gesagt hatte. Ein bißchen De mut einem Mann, der so arrogant gewesen war, zu glauben, er könnte die Welt ändern.
Zwei der Jungens waren Westinder, der dritte hatte ungari sche Eltern. Alle ein Produkt der wenigen verbliebenen SlumStraßen. Sie standen wartend in einer Ecke, flüsternd, gele gentlich lachend, frisch gewaschen und gekämmt. Hatte Jack Meehan auch so ausgesehen?
Bei der Erinnerung an Meehan fuhr ihm ein Schwert durchs Herz. Gewalt war so oft schon sein Verderben gewesen. Er dachte an den chinesischen Soldaten in Korea, der eine Flüchtlingskolonne mit dem Maschinengewehr niedermähen wollte. Er hatte dem Mann aus hundert Metern Entfernung eine Kugel durch den Kopf geschossen. Hatte er falsch gehan delt? Obgleich er so viele Menschenleben hatte retten können? Und dann dieser portugiesische Captain in Moçambique, der
Partisanen an den Beinen aufgeknüpft hatte. Er hatte den Mann halbtot geschlagen. Der Vorfall hatte ihn endgültig in die Heimat zurückgebracht.
Gewalt gegen Gewalt, das war Meehans Parole. Deprimiert und angewidert zog sich da Costa für die Messe um. Als er den alten rosa Priestermantel umlegte, öffnete sich die Tür, und Anna trat ein, in einer Hand den Stock, den Regenmantel umgelegt.
Er nahm ihr den Mantel ab. »Alles in Ordnung?«
Sorge spiegelte sich auf ihrem Gesicht. »Was ist los? Du bist deprimiert? Ist etwas geschehen?«
»Ich hatte ein sehr unerfreuliches Gespräch mit Mr. Mee han«, erwiderte er leise. »Er sagte einiges Fallon betreffend – Dinge, die eine Menge erklären könnten. Ich erzähle es dir später.«
Er führte sie in die Kirche hinaus, wartete ein paar Minuten und nickte dann den Jungen zu. Als die Orgel zu spielen begann, gingen sie in die Kirche.
Ungefähr fünfzehn Leute hatten sich eingefunden. Seit Korea hatte sich da Costa nicht mehr so entmutigt gefühlt. In dieser Messe flehte er seinen Gott an, ihm gnädig zu sein, ihm zu helfen und zu zeigen, was er tun sollte, und Tränen kul lerten über seine Wangen, die ersten seit vielen Jahren.
9
Der Wind heulte durch die Stadt – wie ein lebendes We sen, Regen vor sich hertreibend, die Straßen säubernd, an alten Fensterrahmen rüttelnd, an die Scheiben klopfend.
Als Billy Meehan in Jenny Fox' Schlafzimmer trat, stand sie vor dem Spiegel und kämmte sich. Sie trug den schwarzen Mini-Faltenrock, dunkle Strümpfe, hochhackige, glänzende Lackschuhe und eine weiße Bluse.
Billy schloß die Tür und sagte weich: »Hübsch. Sehr hübsch. Er ist immer noch in seinem Zimmer, ja?«
Sie wandte sich um. »Er sagte, er würde wieder ausgehen.«
»Dann werden wir seine Meinung ändern müssen, nicht wahr?«
Billy setzte sich auf ihr Bett. »Komm her!« Sie versuchte gegen die Panik anzukämpfen, die sie zu ersticken drohte, gegen den Ekel, der ihren Körper mit einer Gänsehaut über zog, während sie sich ihm näherte.
Er fuhr ihr unter den Rock und tätschelte das warme Fleisch oberhalb des Strumpfansatzes. »Das ist gut, Mädchen. Das wird ihm gefallen.« Er sah zu ihr auf, diesen seltsamen verträumten Ausdruck in den Augen. »Wenn du die Sache versaust, wirst du Schwierigkeiten bekommen. Ich müßte dich dann bestrafen. Und das würde dir doch nicht gefallen, oder?«
Ihr Herz klopfte wild. »Billy, bitte!«
»Dann mach es richtig. Ich möchte sehen, was diesen Kerl geil macht.«
Er stieß sie von sich, stand auf und ging zu einem Bild an der Wand, das er abnahm. Darunter befand sich ein winziges Guckloch, durch das er spähte. Nach wenigen Augenblicken wandte er sich um und nickte. »Zieht gerade sein Hemd aus. Geh jetzt zu ihm und vergiß nicht, daß ich zuschaue!«
Sein Mund war weich und konturlos, seine Hände zitterten leicht. Sie schluckte den Ekel hinunter, öffnete die Tür und schlüpfte hinaus.
Fallon stand am Waschbecken, als sie eintrat, den Oberkör per entblößt, Seifenschaum im Gesicht. Er drehte sich grü ßend um, in der einen Hand ein geradezu mörderisches Ra siermesser.
Sie lehnte sich
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