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Die Morgengabe

Die Morgengabe

Titel: Die Morgengabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ibbotson
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an Respekt fehlt.»
    «Keineswegs. Sie hat sich hier
bereits viele Freunde geschaffen, sowohl unter den Studenten als auch unter den
Dozenten.»
    «Dann – ist es möglich – hat es
vielleicht einen Skandal gegeben? Sie ist ein hübsches Ding, ich weiß, aber ich
würde meine Hand dafür ins Feuer legen, daß sie ...»
    Quin beugte sich über seinen
Schreibtisch, um mit dem gehörigen Nachdruck zu sprechen. «Bitte glauben Sie
mir, Sir. wenn ich Ihnen versichere, daß ich sie einzig deswegen an eine andere
Universität schicke, weil ich glaube, daß die Verbindung zu Ihrer Familie,
meine Schuld Ihnen gegenüber ...»
    «Schuld? Was für eine Schuld?»
unterbrach Kurt Berger scharf.
    «Das Symposion in Wien, Ihre Gastfreundschaft,
der Ehrendoktor.»
    «Ach ja, der Ehrendoktor. Wir hörten
von Kollegen, daß Sie an der Zeremonie teilgenommen haben, aber zum Bankett
nicht erschienen sind.»
    «Das ist richtig. Als ich hörte, daß
Sie nicht da waren ...», begann Quin und brach ab. «Ich hätte Ihnen danken
sollen, daß Sie mich vorgeschlagen haben, aber ich bin direkt nach Bowmont
hinaufgereist.»
    Danach trat eine kleine Pause ein.
Dann sagte Kurt Berger nachdenklich: «Meine Frau ist überzeugt, daß Sie es
waren, der Ruth in Wien geholfen hat.»
    Quin schwieg einen ganz kleinen
Moment zu lange. «So? Wie kommt sie denn darauf?»
    «Eine gute Frage», meinte Kurt
Berger mit einer Spur Bitterkeit. «Normale Denkvorgänge sind Leonie völlig
fremd. Soweit ich ihren Worten entnehmen konnte, glaubt sie es, weil Sie damals
in den Grundlsee gesprungen sind, um die Monographie ihrer Schwägerin über die
Mi-Mi zu retten. Und weil Sie auf dem Universitätsball zweimal mit ihrer
Patentochter Franzi getanzt haben. Franzi hatte eine sehr schlimme Akne, und
sie schielte auf einem Auge. Nur weil Sie sie zum Tanz aufgefordert haben und
so nett zu ihr waren, war sie endlich damit einverstanden, sich am Auge operieren zu lassen. Die Akne verging von
selbst, und heute ist sie verheiratet und hat zwei schrecklich schlecht
erzogene Kinder. Zum Glück hat sie sich in New York niedergelassen.»
    «Ich kann Ihnen leider nicht recht
folgen», sagte Quin entschuldigend.
    «Es gab noch andere Gründe, mit
denen ich Sie jetzt nicht langweilen will. Anscheinend warfen Sie Ihren Hut über
einen Steinpilz, auf den Onkel Mishak es abgesehen hatte, und verhinderten
damit, daß Frau Pollack ihn ihm wegschnappte. Wir haben die Pilze rund ums Haus
immer als unser Eigentum betrachtet, und ...» Er schüttelte den Kopf.»Ach, wie
fern das alles zu sein scheint. Aber wie dem auch sei, die Argumente meiner
Frau laufen darauf hinaus, daß Menschen sich treu bleiben. Mit anderen Worten,
wenn Sie damals hilfsbereit waren, dann müssen Sie es auch heute noch sein.
Wenn Sie mich an der Universität nicht angetroffen hätten, dann hätten Sie
versucht, mich aufzusuchen, und hätten Ruth vorgefunden. Das glaubt meine Frau
– ich nicht. Und Sie brauchen mir auch nichts zu sagen, was Sie gern für sich
behalten möchten. Aber wenn Leonies Vermutung richtig ist, dann ist es möglich,
daß Ihnen die Vorstellung, Ruth hierzuhaben, Unbehagen verursacht. Dann könnte
es sein, daß Sie fürchten, sie könnte sich allzusehr an Sie anschließen.»
    «Nein, das fürchte ich wahrhaftig
nicht.»
    «Aber es wäre nur natürlich. Sie ist
sehr warmherzig, und sie hat damals, nach dem Sommer, den Sie bei uns
verbrachten, ständig von Ihnen gesprochen. Ganz zu schweigen von dem blauen
Kaninchen.» Als Quin verständnislos die Stirn runzelte, erklärte er: «Das
Stofftier, das Sie ihr an der Schießbude im Prater geschossen haben. Sie hat es
jeden Abend mit ins Bett genommen, und als es sein Ohr verlor, mußten wir Dr.
Levy zur Behandlung rufen.»
    «Das hatte ich ganz vergessen.»
    «Sie waren jung. Sie hatten das
Leben noch vor sich; wie Sie es auch heute noch vor sich haben. Möge Gott
verhüten, daß Sie jemals so an der Vergangenheit hängen müssen, wie wir das
heute tun. Aber was ich sagen wollte, war, daß Sie in dieser Hinsicht keine
Befürchtungen zu hegen brauchen – wie groß Ruths Zu neigung zu Ihnen auch ist,
wie sehr sie auch zu Ihnen als ihrem Retter aufsehen mag, ihre ganze Hingabe
gilt ihrem Vetter, Heini Radek. Alles, was sie tut, tut sie letztlich für ihn.
Sie sehen also, Sie hätten nichts zu befürchten. Sie wird Radek heiraten und
ihm die Noten umblättern und die Kamelien für das Knopfloch seines Fracks
auswählen. So war es, seit er das erstemal

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