Die Morgengabe
versucht?»
fragte Miss Maud. «Wir könnten Ihnen welche leihen.»
Aber für Fallen brauchte man Käse,
und Käse war sündteuer.
«Dieser Hauswirt!» beschwerte sich
Leonie, während sie ihren Kaffee umrührte. «Ich habe ihm immer wieder gesagt,
daß er die Mäusefänger holen soll, aber er tut nichts.»
Miss Maud bot ihr eine ihrer jungen
Katzen an, aber dieses Angebot schlug Leonie sehr höflich aus. «Ob ich mit
Mäusen lebe oder mit Katzen – das ist für mich das gleiche», sagte sie traurig.
Auch Ruth waren die Mäuse nicht
geheuer. Sie glaubte zwar nicht, daß sie die Keksdose mit dem Bild der
Prinzessinnen auf dem Deckel durchnagen konnten, aber im Zuge von Mr.
Proudfoots Bemühungen in ihrer Sache hatten sich mit der Zeit unter den
Bodendielen viele wichtige Papiere angesammelt, und die Vorstellung, daß sie
in Gefahr waren, von Mäusen gefressen zu werden, war ziemlich irritierend.
Allzuviel jedoch dachte sie nicht
darüber nach. Das Leben an der Universität beschäftigte sie viel zu sehr. Hätte
sie sich um Heini ängstigen müssen, so hätte sie sich ihrem Studium nicht mit
solcher Hingabe widmen können, aber was
Heini schrieb, war beruhigend: Sein Vater wußte jetzt genau, wen man schmieren
mußte, und Heini rechnete fest damit, Anfang November bei ihr zu sein. Wenn
Heini sich überhaupt Sorgen machte, so wegen des Klaviers, aber auch in diesem
Bereich entwickelte sich alles gut. Ruth arbeitete nämlich immer noch drei
Abende die Woche im Willow, und nun begann das Tea-Room auch
Einheimische anzuziehen, die oben auf dem Hügel wohnten. Von den Flüchtlingen
hätte sie niemals Trinkgeld genommen, selbst wenn sie es sich hätten leisten
können; jedoch von den wohlhabenden Filmproduzenten und jungen Männern in
schnittigen Autos, die «Atmosphäre» suchten, nahm sie, was sie bekommen konnte,
und das Marmeladenglas war schon zu drei Vierteln gefüllt.
Auf die Nachricht von ihrer «Begnadigung» hatte Ruth
damit reagiert, daß sie Quin um ein Gespräch unter vier Augen bat. Sie müsse
ihm dringend etwas sagen, hatte sie erklärt.
In dem Bemühen, sich einen
Treffpunkt einfallen zu lassen, wo er nicht Gefahr lief, Bekannten zu begegnen,
war Quin auf das Tea Pavilion am Leicester Square verfallen. Keiner
seiner Verwandten und Freunde hätte es sich im Traum einfallen lassen, dieses
Lokal aufzusuchen, und es war erst recht kein bevorzugter Tagungsort
prominenter Paläontologen. Er hatte nicht erwartet, daß seine Wahl bei Ruth auf
solche Begeisterung stoßen würde. Sie war hingerissen von den Mosaiken nach Art
eines türkischen Bads, von den Topfpalmen und den schwarz gekleideten
Kellnerinnen. Sie glaubte offensichtlich, sich im Nervenzentrum britischen
gesellschaftlichen Lebens zu befinden.
Das Treffen hatte einen schlechten
Start. Quin war verdrossen über einen, wie er fand, übertriebenen Ausbruch von
Dankbarkeit.»Ruth, würden Sie bitte endlich aufhören, mir zu danken. Und ich
nehme keinen Zucker.»
«Das weiß ich», versetzte Ruth
gekränkt. «Ich weiß es noch aus Wien. Ich weiß auch, daß die vornehmen Leute
erst den Tee eingießen und dann die Milch. Miss Kenmore hat mir erzählt, daß es
die Königinmutter so macht. Aber von mir zu verlangen, daß ich Ihnen nicht danken soll, ist eine
Zumutung. Sie haben mir schließlich das Leben gerettet, sie haben meinem Vater
eine Arbeit besorgt, und jetzt lassen Sie mich doch in Thameside bleiben.»
«Hm, ja, ich hoffe, Sie haben es
sich sehr gut überlegt. Ich weiß nicht, ob die Gerichte sich dafür
interessieren, wie wir im einzelnen unsere Tage verbringen, aber Sie wissen,
was Proudfoot über Kollusion gesagt hat. Wenn Heini hier ankommt und
feststellen muß, daß Ihre Heirat mit ihm sich unnötig verzögert, wird er
keineswegs erfreut sein. Ich denke, das sollten Sie in Betracht ziehen.»
«Oh, das habe ich getan. Aber ich
weiß, daß es auch so gut sein wird. Heini geht es ja mehr um das Zusammensein
an sich, wissen Sie. Und dazu wäre es schon viel früher gekommen, aber mein
Vater hat die Glas-Wasser-Theorie nie verstanden. In seinem Beisein durfte man
nicht einmal darüber sprechen.»
«Was ist
denn das nun wieder – die Glas-Wasser-Theorie?»
«Ach, ganz einfach – die Liebe – die
körperliche Liebe – ist wie ein Glas Wasser, das man trinkt, wenn man Durst
hat. Sie ist etwas ganz Natürliches und den ganzen Wirbel, den man um sie
macht, gar nicht wert.»
«Also, ich glaube, in meinem Beisein
dürften Sie das auch nicht
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