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Die Morgengabe

Die Morgengabe

Titel: Die Morgengabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ibbotson
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diskutieren», sagte Quin nachdenklich. «Mir klingt
das sehr nach blühendem Unsinn.»
    «Tatsächlich?» Ruth sah ihn erstaunt
an. «Wie auch immer, ich glaube jedenfalls nicht, daß es Heini mit dem Heiraten
so eilig hat. Er denkt nur an seine Karriere.»
    «Wer weiß! Die internationale Lage
wird seine Gedanken vielleicht auf anderes lenken. Ich könnte mir denken, daß
er Sie so bald wie möglich vor Recht und Gesetz zu seiner Frau machen will.
Aber nun habe ich meine Bedenken vorgebracht; wenn Sie sich darüber im klaren
sind, was Sie tun, sage ich jetzt kein Wort mehr.»
    Die Kellnerin brachte das Gebäck,
das er für Ruth bestellt hatte, und sie nahm es begeistert in Empfang.
    «Englische Patisserie ist so – so
bunt, nicht wahr?» meinte sie, während sie die gelben Ränder der Törtchen, das
leuchtende Rot und Grün ihrer Füllung betrachtete.
Sie bot Quin den Teller an, der sagte, er nehme Natriumbikarbonat nur zu sich,
wenn es ihm der Arzt verordnet habe, und reichte ihr
den Teller zurück. «Eigentlich wollte ich Sie treffen», sagte sie,
«weil ich Ihnen etwas Wichtiges wegen der Eheauflösung sagen muß. Ich meine,
für den Fall, daß etwas schiefgeht. Das passiert
bestimmt nicht, aber nur für den Fall. Wissen Sie, ich habe mich
nämlich mit Mrs. Burtt unterhalten. Sie ist eine gescheite Frau, und sie hat
für viele Leute gearbeitet, die sich scheiden ließen. Da ging es
nicht um Nichtigkeitserklärung, sondern um Scheidung. Ich wußte gar nicht, daß
da so ein großer Unterschied ist.»
    «Wer ist
Mrs. Burtt?»
    «Sie ist die Küchenhilfe im Willow, wo ich ...» Sie brach ab, da sie fürchtete, Quin könnte, wie ihr Vater, ein
Theater machen, wenn er hörte, daß sie immer noch abends
arbeitete. «Das ist ein Café, wo wir uns immer alle treffen. Na ja, und sie hat
mir genau erklärt, was man tun muß, wenn man sich scheiden lassen möchte.»
    «Ach, ja?»
    «Ja.» Ruth biß in ihr Törtchen. «Man
mietet sich in einem Hotel an der Südküste ein. Am besten in Brighton, weil es
da einen Pier gibt und
Spielautomaten. Da mietet man sich, wie gesagt, in ein Hotel ein, aber mit einer Dame, die
man vorher engagiert hat. Und dann bleibt man die ganze Nacht mit der Dame auf
und spielt Karten.» Sie sah ihn etwas ratlos
an. «Mrs. Burtt hat mir nicht gesagt, was für Kartenspiele –
Rommé, nehme ich an, oder vielleicht Siebzehn-und-Vier? Denn für Bridge
braucht man ja mehr Leute, nicht wahr, und Poker wäre
wohl ein bißchen unpassend.
    Jedenfalls – wenn es dann Morgen
wird, legt man sich mit der Dame ins Bett und läutet dem Zimmermädchen, um das
Frühstück zu bestellen. Sie kommt, und dann
erinnerte sie sich an einen, und der Detektiv, der einen beschattet hat, ruft
sie dann beim Scheidungsprozeß als Zeugin auf.»
    Höchst zufrieden mit sich, lehnte
sie sich zurück.
    «Mrs. Burtt scheint ja gut
informiert zu sein. Und wenn nötig, werde ich selbstverständlich ...»
    «Nein, nein, eben nicht. Das wollte
ich Ihnen ja sagen. Sie haben schon so viel für mich getan, daß ich Sie das
nicht auch noch tun lassen könnte, vor allen Dingen weil ich glaube, daß es
Ihnen gar keinen Spaß machen würde. Darum werde ich es tun. Nur engagiere
ich natürlich keine Dame, sondern einen jungen Gentleman. Das kann ich mir dann
auch leisten, denn bis dahin habe ich Heinis Klavier bezahlt und habe eine
Arbeit. Nur Kartenspiele kann ich keine, aber die kann ich ja lernen und ...»
    «Ruth, würden Sie jetzt bitte
aufhören, solchen Blödsinn zu reden! Als würde es mir im Traum einfallen, Sie
in solche Hintertreppengeschichten hineinzuziehen. Das ist doch Unsinn, und
...»
    «Ist es nicht! Für Sie ist es doch
auch wichtig, frei zu sein, damit Sie Verena Plackett heiraten können.»
    «Ich würde Verena Plackett nicht
heiraten, wenn sie die letzte ...», begann Quin unvorsichtig und brach ab.
    «Ja, weil Sie finden, daß sie zu
groß ist – aber selbst wenn Sie Verena nicht heiraten wollen, wartet bestimmt
eine andere Frau auf Sie – und ich möchte Ihnen doch helfen.»
    «Damit, daß Sie sich solche dummen
Geschichten ausdenken, helfen Sie mir gewiß nicht», erklärte Quin ziemlich
grob. «Sagen Sie mir lieber – wie geht es Ihren Eltern? Wie kommen sie mit
ihrem neuen Leben in Belsize Park zurecht?»
    Obwohl Ruth unverkennbar gekränkt
war, daß Quin ihren schönen Plan so schnöde abgelehnt hatte, ging sie
bereitwillig auf den Themawechsel ein, und ihre verletzten Gefühle hinderten
sie auch nicht daran, ein

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