Die Moulokin-Mission: Science Fiction-Roman
glühend rosa, hellgelb, karmin- und kirschrot – jede Farbe, die man sich nur vorstellen konnte, war hier vertreten. Verglichen mit diesem Abgrund der Herrlichkeit, wo jedes Geschöpf, ganz gleich wie klein, in Juwelen gehüllt schien, kam einem die atmosphärische Welt darüber langweilig und fad vor.
Ethan bemerkte, daß eine weitere Gestalt neben ihn getreten war, wandte aber den Blick nicht von der schimmernden Palette des Lebens.
»Wie kommt es, daß sie hier unten leben können, Milliken, unter dem Eis?«
»Vielleicht gibt es eine Vegetation, die langsam Sauerstoff abgibt, oder die Gase werden vulkanisch erzeugt.« Der Lehrer zuckte die Achseln. »Jedenfalls scheint es genug zu geben, um eine Vielzahl von Formen zu erhalten.«
»Es ist sehr schön.« Ethan fuhr herum. Elfa stand hinter ihnen und blickte fast scheu in die glasige Schwärze. Sie lächelte Ethan zögernd zu. Er konnte nicht anders, er mußte das Lächeln erwidern. Sie war noch nicht ganz wiederhergestellt, aber der Schock war von ihr gewichen.
Sein Blick wanderte zu den schimmernden Eiszapfen, falschen Stalaktiten, zu den Säulen, die das Licht der Fackeln zu Tausenden winziger Abbilder ihres Ursprungs explodieren ließen, doch nichts kam an Vielfalt und Schönheit den schwimmenden Perlfiguren der Wasserbewohner gleich. Wie lieblich ist doch der Hades, sinnierte er, wenn es nicht der eigene ist. Nein, hier unten war es weder heiß noch angsterregend, und es gab überhaupt keinen Wind.
Ein Wirbel leuchtenden Lebens kreiste ekstatisch im blaßblauen Licht seines Strahlers. Er richtete ihn nach unten, durchdrang das Wasser auf eine Tiefe von einigen Metern. Man hätte denken können, der Strahler wäre eine Saugvorrichtung, die immer weitere, im Delirium tanzende Geschöpfe aus den Tiefen hervorsog. Das Wasser schien zu explodieren, ließ sie nach hinten taumeln oder fallen.
Ethan sah einen Mund. Rubine und Smaragde, Turmaline und Topase, Ozmidine, Ferrosilikatkristalle schmückten grell wie Spiegel diese Höhle in der Höhe. Stalaktiten und Stalagmiten aus glasigen, durchsichtigen Zähnen säumten die Kiefer. Und sie umgab ein weites, fettes Gesicht wie das einer Kröte, mit einem einzigen Auge wie ein Scheinwerfer, von dem ein wahnsinniges, zinnoberrotes Licht auszugehen schien, direkt über dem juwelenbesetzten Maul. Schwarzes, glattes Fleisch lag in Falten um Auge und Maul, ein schwammiges Gebilde, das die Organe lose festhielt.
Was auch immer es sein mochte, Ethans heller Strahl hatte es aus seiner Tiefe hervorgelockt. So tapfer sie auch waren, einige der Matrosen wurden ohnmächtig und brachen zusammen. Andere vergaßen die Disziplin und ihre Befehle, und wußten nichts anderes, als sich wieder in den Tunnel zu quetschen.
September und Williams feuerten bereits auf die Erscheinung, hatten ihre Strahlen stärker gebündelt, so daß sie tödlicher waren als der Ethans, während der sich verzweifelt bemühte, die Einstellung seiner eigenen Waffe zu verändern. Und jedes Mal, wenn ein blauer Strahl das Fleisch des Wesens berührte, gab die Wirklichkeit gewordene Halluzination ein gargantuanisches Grunzen von sich. Die Menschen zogen sich schießend zum Tunnel zurück.
Maul und Auge hoben sich hoch über das Wasser und schienen ihnen zu folgen. Einige weitere Schüsse trafen das Geschöpf. Jetzt fiel das unheimliche Gebilde mit einem Klatschen auf das eisige Ufer, das durch die ganze Höhle hallte, und ein leises, splitterndes Geräusch erzeugte. Da lag es jetzt reglos, und seine Quarzzähne schimmerten im Licht der Fackeln, und das einsame runde Auge mit seiner absurden schwarzen Pupille starrte sie blind an.
Immer noch hallten Schreie aus dem Tunnel. Aber Hunnar hatte jetzt das Schwert herausgerissen und versuchte, sich seinen Weg durch die panikerfüllte Menge zu bahnen.
»Ihr Feiglinge von Sofold! Der Dämon ist tot, getötet von den Lichtmessern unserer Freunde, die halb so groß wie ihr sind!« Die wilde Flucht kam zum Stocken, hörte auf. Schreie gingen über in ängstliches und unruhiges Murmeln. »Wenn ihr mit Wimmern fertig seid, könnt ihr wieder zu uns kommen.« Er schob das Schwert in die Scheide und chivanierte mit höchster Geschwindigkeit nach unten, ohne jede Rücksicht auf die Gefahr, die ihn vielleicht in der Kaverne erwartete.
Langsam drängten die Matrosen nach. Sie schwärmten unter der Tunnelmündung aus und starrten das Höllengeschöpf auf dem Eis in wohligem Schrecken an. Jetzt jagte es ihnen keine Angst mehr
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