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Die Mütter-Mafia

Titel: Die Mütter-Mafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Flur.
    Ah, wie nett. Ich erhob mich mit neuem Elan. Das war eben der gewisse Unterschied, wenn man in die Vorstadt zog: Die Nachbarn hier interessierten sich für einen.
    Ich lächelte so breit ich konnte, als ich neben Nelly an die Tür trat. »Genau genommen sind wir jadie neuen Nachbarn«, sagte ich. Aber dann blieb mir das Lächeln im Hals stecken. Vor der Haustür standen nämlich alte Bekannte: die dicke Giesela undder dicke Heinrich vom Hauptbahnhof, nur ohne Hütchen und Lamettaperücke. Mein Gott, wie hatten die mich so schnell gefunden?
    »Wir haben gesehen, dass Sie endlich eingezogen sind, und wollten Sie ganz herzlich willkommen heißen«, schnarrte Heinrich unfreundlich. »Wir sind Herr und Frau Hempel von Nummer 16.«
    »Freut mich«, stotterte ich automatisch. Ein dummer Zufall, sonst nichts. So etwas gab's. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren. Ich streckte den Hempels die Hand entgegen und hoffte, dass sie beide schlecht sahen und außerdem ein schlechtes Gedächtnis hatten. »Constanze Wischnewski. Und das ist meine Tochter Nelly.« Wir haben auch noch einen kleinen Kotzer im Haus, aber der bleibt hoffentlich im Wohnzimmer und lässt sich hier nicht blicken, setzte ich in Gedanken hinzu.
    »Nelly ist doch kein Name«, sagte Frau Hempel. Sie hatte eine unnatürlich hohe, schrille Stimme. »Finden Sie das etwa schön?«
    »Ja, doch«, sagte ich verwirrt, aber auch ein bisschen erleichtert. Es schien nicht so, als würde ich den Hempels bekannt vorkommen. Da bog Julius um die Ecke, hängte sich an meinen Arm und starrte die Hempels mit großen Augen an.
    »Und das ist unser kleiner Julius«, sagte ich etwas zittrig. Ich hoffte, das viele Nutella in seinem Gesicht würde es Herrn und Frau Hempel erschweren, in ihm den Mantelbeschmutzer von gestern Abend wiederzuerkennen.
    Frau Hempel musterte uns argwöhnisch mit ihren kleinen Äuglein.
    »Heinrich«, zischte sie und rempelte ihrem Mann den Ellenbogen in die Seite. Selbst wenn sie zischte, klang ihre Stimme wie eine Tür, die man lange nicht geölt hatte. Ob sie uns nun doch erkannt hatte?
    »Ich mach das schon«, sagte Herr Hempel und stellte sich auf Omi Wilmas Fußabtreter in Positur. Auf dem Fußabtreter stand:
    »Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.« Ich las es mit gemischten Gefühlen. Das mochte vielleicht auf andere zutreffen, aber wenn ich am Ende war, so wie heute, dann kam kein Lichtlein her, sondern das Ehepaar Hempel. Das war doch wieder mal typisch.
    »Damit wir ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis pflegen können, wollten wir auch direkt mal ein paar Dinge klarstellen«, sagte Herr Hempel sonor. »Kein Rasenmähen und kein Kinderlärm zwischen zwölf und fünfzehn und nach achtzehn Uhr, grundsätzlich nicht bei Südwind grillen, und Besucher parken gefälligst auf Ihrem Grundstück und nicht am Straßenrand. Haben wir uns so weit verstanden?«
    »Ja«, krächzte ich überrumpelt. Nelly kicherte völlig unpassend, und Julius drückte sein Nutellagesicht unter Frau Hempels durchdringenden Blicken an meine beigefarbene Hose und schwieg.
    »Heinrich«, zischte Frau Hempel wieder.
    »Keine Sorge, Giesela«, sagte Herr Hempel und drückte sein Doppelkinn energisch in den Hemdkragen. »Ich habe das Kroppzeuch nicht vergessen. Um das mal klarzustellen: Wir haben das Kroppzeuch nur geduldet, weil die alte Dame so krank war, aber jetzt ist Schluss damit: Wenn Sie nicht vor Gericht enden wollen, dann sorgen Sie dafür, dass das Kroppzeuch wegkommt, und zwar dalli! Sie wären nicht die Ersten, die wir verklagen.«
    Kroppzeuch? Das Wort war mir nicht geläufig. Aber darüber konnten wir doch sicher reden.
    »Auf gute Nachbarschaft also«, schloss Herr Hempel.
    »Jawohl«, sagte ich. »Und, äh, was genau ...?«
    Weiter kam ich nicht. Weil Herr Hempel nun offenbar mit seinem herzlichen Willkommensvortrag am Ende angekommen war, meldete sich jetzt seine Frau zu Wort.
    »Siehst du denn nicht, wer das ist?«, quietschte sie und rammte mir dabei beinahe ihren fetten Zeigefinger in den Bauch.
    Mist! Mist! Mist!
    Herr Hempel glotzte mich durchdringend an, aber der Groschen schien nicht zu fallen. Frau Hempel beeilte sich, ihm auf die Sprünge zu helfen.
    »Das ist die Frau, die deinen Mantel beschmutzt hat!«
    »Aber nein!« Das war schließlich nicht ich gewesen, sondern Julius. »Das war ein dummes Missgeschick ... Die Bahn kam, und wir mussten uns beeilen ... Sie wissen doch, wie Kinder sind ... Ich kann mich

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