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Die Mütter-Mafia

Titel: Die Mütter-Mafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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gesund. Und preiswert. Ab jetzt musste schließlich an allen Enden gespart werden.
    »Wir brauchen ein Auto«, sagte Nelly. »Am besten ein Cabrio!«
    Ein Auto! Haha! Am besten ein Cabrio! Nelly wusste noch nichts von meiner prekären finanziellen Lage. Ein Auto würden wir uns nicht leisten können. Außerdem war ich seit fünfzehn Jahren nicht mehr Auto gefahren, warum sollte ich jetzt damit anfangen?
    »Wir werden uns einen Bollerwagen anschaffen«, sagte ich. »Ein Bollerwagen-Cabrio.«
    Nelly warf mir einen vernichtenden Blick zu.
    Hoch beladen mit Tüten wankten wir zurück zu Omi Wilmas Haus. Julius trug keine Tüten, dafür aber einen Zwölferpack Toilettenpapier, und zwar so vor die Brust gedrückt, dass er ihm die Sicht versperrte.
    »Das ist mein Airbag«, sagte er und rammte mit voller Absicht eine Straßenlaterne.
    Als Nächstes rammte er einen Mann.
    »Hoppla«, sagte der Mann. In seiner Glatze spiegelte sich eine Leuchtreklame von der anderen Straßenseite.
    »Entschuldigung«, sagte ich und sah Julius strafend an. Aber der machte nur brummende Autogeräusche und scharrte mit seinen Füßen. »Das war keine Absicht, nicht wahr, Julius?«
    »Doch«, sagte Julius. Er war so ein ehrliches Kind.
    Aber der Mann schenkte Julius gar keine Beachtung. »Na so was«, sagte er. »Du bist doch die Constanze!«
    »Ja.« Die war ich. Doch wer war er? Ich hatte den Typ noch nie gesehen.
    »Mann, du hast dich ja ganz schön rausgemacht.«
    »Tja, wir werden alle nicht jünger«, sagte ich und kramte in meiner Erinnerung fieberhaft nach einem Mann mit spiegelnder Glatze. Ich fand aber niemanden. Nelly neben mir begann ebenfalls unruhig mit den Füßen zu scharren. Die Plastiktüten wurden ihr zu schwer.
    Der Glatzkopf lachte. »Was hast du denn so gemacht seit der Uni?«
    »Geheiratet, Kinder gekriegt ...«, sagte ich vage. »Und du?«
    »Dasselbe«, sagte der Glatzkopf und lachte wieder. »Und nebenbei Karriere gemacht. Ich bin Seniorberater in einer Werbeagentur. Viel Stress, viel Geld. Im letzten Jahr hätte man mit meiner Einkommensteuer die Staatsverschuldung beheben können.«
    Als er wieder lachte, wusste ich plötzlich, wen ich da vor mir hatte: Jan Kröllmann, meinen ersten Freund. Der mich nur im Dunkeln nackt »gesehen« hatte. Und der mich im Hellen mit einer anderen betrogen hatte. Er war schon damals ein furchtbarer Angeber gewesen. Allerdings hatte er keine Glatze gehabt. Und auch keinen Bierbauch. Überhaupt: Wenn ich ihn mir heuteso ansah, kam ich zu dem Schluss, dass das einzig Attraktive ihm seine Haare gewesen sein mussten. Hätte ich mir nicht einen Besseren für mein erstes Mal aussuchen können? Ich war fast ein bisschen sauer auf mich. Am Ende hatte Lorenz Recht, und ich hatte wirklich keinen Geschmack. Zumindest nicht, was Männer anging.
    »Mami!«, sagte Nelly genervt.
    »Ich komme, Schätzchen«, sagte ich. Und zu Jan sagte ich: »War nett, dich mal wieder zu sehen. Wir müssen weiter.«
    Aber Jan hatte noch keine Lust, sich zu verabschieden. »Und was macht dein Mann beruflich?«, fragte er.
    »Mami!«, sagte Nelly, diesmal lauter. Julius machte immer noch fröhliche Brummgeräusche.
    »Er ist Staatsanwalt«, sagte ich zu Jan. »Und er ist bald mein Exmann.« Im gleichen Moment ärgerte ich mich. Was gingen Jan denn meine Familienverhältnisse an? »Entschuldige bitte, Jan, aber wir haben es eilig. Wir haben noch nicht gefrühstückt.«
    »Tatsächlich?« Jan musterte die finster dreinschauende Nelly und den brummenden Julius abschätzend. »Ich bin auch unterwegs, um Brötchen für die ganze Familie zu holen. Ich habe es bis jetzt auf drei Kinder gebracht, da muss man sich als emanzipierter Mann selbstverständlich auch an der Hausarbeit beteiligen! Sag mal, wohnst du denn hier in der Insektensiedlung?«
    »Ja, seit gestern. Im Hornissenweg.« Ist Brötchenholen »Hausarbeit«? Ich meine, nein. »Maaamiiii!«
    »Ist das die Möglichkeit!«, rief Jan aus. »Da wohnen wir auch! Welche Hausnummer?« »Vierzehn«, sagte ich.
    »Das alte Haus von der alten Frau Wischnewski«, sagte Jan und pfiff durch seine Zähne. Ich wusste nicht, ob er anerkennend oder abwertend pfiff.
    »Maaaaaamiiiiiii!«
    »Ja, das war meine Schwiegermutter. Jan, wir müssen wirklich los ...«
    »Tja, dann sieht man sich ja demnächst öfter. Wir wohnen in Nummer 28, in dem Kubus mit dem vielen Glas. Der Architekt hat einen Preis dafür bekommen. War allerdings auch nicht billig, das Ganze. Ich meine, Design hat seinen

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