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Die Mütter-Mafia

Titel: Die Mütter-Mafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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zu räumen. Und bei der Gelegenheit bringt er auch >Schimmel-Ex< mit. Meinst du, die beiden können hier was essen? Mittags fällt Ronnies Blutzuckerspiegel immer rapide ab.«
    »Natürlich.« Ich hatte weder die Nerven noch die Inspiration für ein besonders aufwändiges Mittagessen, also machte ich zwei Bleche Pizza, auf der ich alle Reste unterbringen konnte.
    Mimi fand das ungeheuer patent.
    »Wenn ich nicht aufwändig koche, werfe ich eine Packung aus der Tiefkühltruhe in die Mikrowelle«, sagte sie zu Julius. »Oder ich bestelle beim Chinesen. Du hast vielleicht ein Glück mit deiner Mama. Mein Ronnie stirbt für selbst gemachte Pizza.«
    Julius witterte einen neuen Freund zum Spielen. »Wie alt ist denn dein Ronnie?«
    »Dreiundvierzig«, sagte Mimi, und Julius sah ein, dass das wohl zu alt für ihn war.
    Aber wie Mimi sah auch Ronnie deutlich jünger aus, als er war. Er hatte auch dieselbe ansteckende Power, die ich insgeheim »Hyperaktivität« genannt hatte. Kein normaler Mensch konnte so viel in so kurzer Zeit schaffen. Ronnies Mittagspause dauerte nur eine dreiviertel Stunde, aber in dieser Zeit futterten er und sein Arbeitskollege ein Blech Pizza kahl, schraubten die Schrankwand auseinander und räumten das Wohnzimmer leer. Alles, was durch die Tür passte, kam in die Garage, auch die schweren Vorhänge und der rot-blau gemusterte Perserteppich. Übrig blieb nur das Büfett mit Messingbeschlägen sowie jede Menge Dreck auf dem Fußboden und der Schimmel an der Wand.
    In dem leeren Raum sah der monströse Schrank furchteinflößender aus denn je.
    »Man könnte ihn mit der Kettensäge auseinander schneiden«, schlug der Arbeitskollege mordlüstern vor.
    »Au ja«, sagte ich.
    »Viel zu schade«, sagte Mimi. »Es ist massive Wertarbeit. Und es passt eine Menge hinein. Wir werden es anstreichen, dann wird man es nicht mehr wiedererkennen. Die Fenster werden wir gleich mitstreichen.«
    »Und den Boden«, sagte ich, die düsteren Eichendielen missmutig musternd.
    »Nein!«, rief Mimi wieder aus. »Bist du wahnsinnig?«
    »Aber das ist Eiche rustikal«, sagte ich.
    »Eiche ja, rustikal nein«, sagte Mimi, und Ronnie setzte hinzu: »Eiche ist wieder total in. Wenn ich den Boden abgeschliffen und neu versiegelt habe, werden dich alle darum beneiden. Das mache ich am Wochenende. Nachdem ich die Decken gestrichen habe.«
    Ich würde wohl vor lauter Dankbarkeit jeden Tag blecheweise Pizza backen müssen, wie es aussah.
    Den schweren Großbildfernseher (Omi Wilma hatte in den letzten Jahren schlecht gesehen) trugen Ronnie und der Arbeitskollege nach oben ins Schlafzimmer, wo er auf der FrisierkommodePlatz fand. Leider konnte man hier oben mangels Antennenanschluss nur das erste und ein drittes Programm empfangen, sowie einen sehr verschneiten Privatsender, aber Ronnie versprach, das bis zum Wochenende zu beheben. Es würde sicher sehr gemütlich sein, vorerst mit der ganzen Familie auf Omi Wilmas Bett zu liegen und Fernsehen zu gucken.
    Als die Männer wieder weg waren, entkorkte Mimi eine Flasche Sekt. Für Julius gab es Apfelschorle.
    »Auf den ersten erfolgreichen Arbeitstag. Auf das leere Wohnzimmer«, sagte Mimi mit erhobenem Glas.
    »Auf dich«, sagte ich.
    »Bist du jetzt unsere neue Frau Klapp-Klo?«, fragte Julius.
    »Nein, Mimi ist viel besser als Frau Klapko«, sagte ich. »Sie macht das alles umsonst.«
    Mimi wollte wissen, wer Frau Klapko sei. Ich sagte es ihr aber lieber nicht.
    »Hier sieht's ja furchtbar aus«, sagte Nelly, als sie aus der Schule kam und ihren Rucksack wie immer mit Schwung in eine Ecke gepfeffert hatte.
    »Das stimmt«, sagte Mimi. »Aber weniger schlimm als vorher, das musst du zugeben.«
    Ja, das musste auch Nelly zugeben. »Aber so dreckig war es vorher nicht«, sagte sie. Da hatte sie Recht. Hinter den Schrankmonstern war der Staub von Jahrzehnten zum Vorschein gekommen, so viel, dass Mimi fragte, ob es sich vielleicht um die Überreste des verstorbenen Großvaters handeln könnte.
    »Widerlich«, sagte Nelly. »Bei Frau Klapko hätte es so was nicht gegeben.«
    »Gut, dass dich das stört«, sagte Mimi. »Während wir oben den Kleiderschrank ausmisten, könntest du dann hier schon mal Staub saugen. Ich habe hinter diesen Schränken Plätzchenkrümel von Weihnachten 1966 gefunden.«
    Staub saugen? Nelly? Ich hätte beinahe laut aufgelacht. Nelly hatte in ihrem ganzen Leben noch keinen Staubsauger in derHand gehabt. Wahrscheinlich wusste sie nicht mal, wo bei dem Ding hinten und

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