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Die Mütter-Mafia

Titel: Die Mütter-Mafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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kämpfte gegen den Drang, die Tür einfach vor der Nase von Frau Birgitta Hempel zuzuschlagen. Sie sah zwar genauso aus wie ihre Mutter, hatte aber die sonore, autoritäre Stimme ihres Vaters geerbt, was sie noch furchteinflößender machte. Außerdem hatte sie einen Oberlippenbart.
    »Es geht um das Straßenfest«, sagte sie. »Dieses Jahr haben wir von der Mütter-Society die Organisation in die Hand genommen. Ich koordiniere die kulinarischen Angebote.« An dieser Stelle zückte sie einen Kugelschreiber.
    »Aha«, sagte ich.
    Frau Hempel junior sah mich abwartend an, ich sah abwartend zurück. Sie hatte komische Zöpfe, die wie kleine Pinsel hinter ihren Ohren abstanden.
    »Ja, und weiter?«, fragte ich, als mir das Schweigen zu lang wurde. Ich wollte hier nicht rumstehen, ich wollte Mimi helfen,den eingeweichten Schimmel von der Wohnzimmerwand zu kratzen.
    »Ja, was möchten Sie denn bitte zum kulinarischen Angebot beisteuern?«, fragte Frau Hempel junior zurück.
    »Ach so«, sagte ich. »Wann ist denn dieses Straßenfest überhaupt?«
    »Immer am ersten Mai«, sagte Frau Hempel. »Es gibt ein Kuchenbüfett und Würstchen und Reibekuchen und pädagogisch sinnvolle Spiele für die Kinder.«
    »Das klingt ja nach viel Spaß«, sagte ich.
    »Sie könnten einen Apfelkuchen backen, allerdings keinen gedeckten, den haben wir schon. Es wären noch frei: Rhabarber-Baiser, Käsesahnetorte und was mit Johannisbeeren. Oder wie wär's mit einer Waldmeister-Frischkäse-Torte? Die mag ich besonders gern. Meine Mutti hat da ein ganz tolles Rezept, das gibt sie Ihnen sicher gern, wenn Sie sie freundlich darum bitten.«
    »Ich könnte einen Kirschstreusel backen«, sagte ich zögernd. »Haben wir schon.«
    »Dann nehme ich eben den Rhabarberkuchen«, sagte ich.
    »Aber bitte einen mit Baiser«, sagte Frau Hempel junior. »Einen Rhabarber-Rührkuchen haben wir schon.«
    »Gut, dann einen Rhabarber-Baiser«, sagte ich.
    »Meine Mutti hat ein tolles Rezept für einen Rhabarber-Baiser-Kuchen«, sagte Frau Hempel junior. »Wenn Sie nett fragen, verrät sie es Ihnen sicher.«
    »Ich habe ein eigenes Rezept, danke.«
    Frau Hempel junior machte eine entsprechende Notiz. Dann hielt sie mir ihren Schreibblock unter die Nase und sagte: »Wenn Sie das jetzt bitte unterschreiben würden.«
    Da es offensichtlich nicht anders ging, verpflichtete ich mich per Unterschrift, einen Rhabarberbaiserkuchen zum Straßenfest beizusteuern. Andernfalls würde ich vermutlich von Hempels Anwalt hören.
    »Tja dann«, sagte ich. »Auf Wiedersehen.«
    Aber Frau Hempel junior wollte noch nicht gehen. Sie ließ ihre Augen suchend durch den Flur schweifen. »Haben Sie eine Toilette?«
    »Natürlich«, sagte ich. Was dachte die denn? Dass wir in den Garten kackten?
    »Die müsste ich dann bitte mal aufsuchen«, sagte sie mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Sie drückte mir ihren Schreibblock und den Kuli in die Hand und schob sich an mir vorbei.
    »Die zweite Tür links«, sagte ich.
    Aber so eilig hatte sie es dann doch nicht. Sie guckte erst neugierig ins Wohnzimmer. »Ach, da ist ja auch die Frau Pfaff«, sagte sie, als sie Mimi entdeckte. »Sie können sich auch gleich auf meiner Liste eintragen. Wo sind denn die ganzen Möbel von der alten Frau Wischnewski hin?«
    »In der Garage«, sagte ich.
    »Ich kann ja gleich mal gucken, ob ich davon was gebrauchen kann«, sagte Frau Hempel junior. »Aber jetzt muss ich erst mal Tütü machen, ich bin ja schon seit Stunden unterwegs. Die Ameisenstraße und den Hirschkäferweg habe ich schon abgeklappert. Zweiundzwanzig Kuchen und Torten organisiert. Während ich Tütü mache, können Sie sich ja schon mal überlegen, was Sie backen wollen, Frau Pfaff Was mit Johannisbeeren wäre gut.«
    »Warum geht die denn nicht zu Hause aufs Klo?«, fragte Mimi, als Frau Hempel junior sich zum »Tütü machen« zurückgezogen hatte. »Die wohnt doch direkt nebenan.«
    »Die wohnt noch bei ihren Eltern?«, fragte ich. »Aber die ist doch mindestens so alt wie ich.«
    »Ja, aber sie ist arbeitslos und allein erziehend, und keiner will der Vater ihrer Tochter sein.«
    Ja, das konnte ich verstehen. Das wollte sicher keiner zugeben. Aber mit einem Vaterschaftstest ließe sich das doch bestimmtnachweisen. Schließlich standen dem armen Kind wenigstens Unterhaltszahlungen zu.
    Mimi schüttelte den Kopf. »Sie macht ein wahnsinniges Geheimnis um den Vater, sie hat schon mal angedeutet, dass es sich um eine bekannte

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