Die Mütter-Mafia
Persönlichkeit handelt«, flüsterte sie. »Eine sehr bekannte Persönlichkeit.«
»Naja, warum nicht?«, sagte ich nach kurzem Zögern. »Wahrscheinlich sah sie mal ganz passabel aus mit dreißig Kilo weniger und ohne den Schnurrbart.«
Wieder schüttelte Mimi den Kopf. »Nee, die sah immer so aus wie heute.«
Ich grübelte, um welche bekannte Persönlichkeit es sich in diesem Fall handeln könnte. Vielleicht jemand sehr Altes, Blindes.
Frau Hempel junior kam vom »Tütü machen« zurück. »Na? Haben Sie sich einen Kuchen überlegt, Frau Pfaff?«
»Ich werde Donauwellen backen«, sagte Mimi.
»Aber wir haben schon was mit Kirschen«, sagte Frau Hempel junior. »Außerdem vertrage ich keine Buttercreme. Ich krieg da immer Sodbrennen von.«
»Dann müssen Sie vielleicht versuchen, irgendwie von den vierunddreißig anderen Kuchen satt zu werden«, sagte Mimi ein wenig trotzig. »Ich mache jedenfalls Donauwellen.«
»Na gut«, gab Frau Hempel junior nach. Aber nachdem Mimi ihre eidesstattliche Erklärung die Donauwellen betreffend unterschrieben hatte, wollte sie offenbar nicht wieder gehen.
»Haben Sie ein Telefon?«
»Ja«, sagte ich. Ich ahnte schon, was jetzt kommen würde. »Das müsste ich dann bitte mal benutzen«, sagte sie.
*
Endlich kam Nelly nach Hause.
»Wo warst du denn so lange? Ich habe mir solche Sorgen gemacht«, rief ich, kaum dass sie zur Tür hereingekommen war.
»Du kannst unmöglich zwei Stunden wegen der paar Joghurts und Staubsaugerbeutel unterwegs gewesen sein.«
»Oh doch«, sagte Nelly. »Im Supermarkt hatten sie nämlich keine SM 12 Staubsaugerbeutel. Deshalb bin ich in ein Haushaltswarengeschäft gegangen, aber rate mal, was sie dort auch nicht hatten? Richtig, SM 12 Staubsaugerbeutel. Sie hatten dort noch nie was von dieser Art Beutel gehört. Aber ich wollte so schnell nicht aufgeben. Also bin ich in ein Elektrofachgeschäft gegangen, und da haben alle um den Karton herumgestanden und sich totgelacht, weil ein uralter Verkäufer wusste, dass die SM-Serie für Staubsauger in den Jahren neunundsechzig bis vierundsiebzig entwickelt wurde. Weder die Staubsauger noch die Beutel wurden seither mehr gefertigt. Omi Wilma muss mit diesem Beutel entweder dreißig Jahre lang gesaugt oder sich rechtzeitig mit einem Vorrat eingedeckt haben.«
»Ich tippe auf Ersteres«, sagte ich. Der Beutel war wirklich sehr voll gewesen. »Aber wo bist du danach gewesen?«
»Ich bin zu Papi gefahren«, sagte Nelly.
»Ach, Nelly! Das sollst du doch nicht.«
»Wieso denn nicht? Er hat gesagt, dass ich dort jederzeit willkommen bin. Dass es immer noch mein Zuhause ist.« »Ja, ja«, sagte ich.
»Als ich kam, musste Papi aber gerade gehen. Und er wollte mich nicht in die Wohnung lassen. Wie findest du das?«
»Ich find's komisch, dass er um diese Zeit überhaupt zu Hause war«, sagte ich.
»Ja, nämlich, weil er einen Kammerjäger da hatte«, sagte Nelly. »Stell dir vor, bei uns in der Wohnung hat es Kakerlaken gegeben.«
»Was? Ausgeschlossen. Diese Wohnung ist dank Frau Klapko absolut keimfrei. Eine Kakerlake würde sofort rückwärts wieder durch den Abfluss verschwinden.«
»Nein, es waren aber Kakerlaken«, sagte Nelly. »Viele, sagt Papi. Der Kammerjäger hat die ganze Wohnung mit Gift verseucht«
Papi muss heute Nacht bei Onkel Ulfi schlafen. Der Ärmste.«»Ja, ja«, sagte ich wieder. Kakerlaken! Wer's glaubte, wurde selig. Lorenz hatte nur nicht gewollt, dass Nelly seinen gemütlichen Junggesellenalltag störte.
»Ich hab ihm also auf der Straße sagen müssen, dass unser Staubsauger kaputt ist«, sagte Nelly. »Und dass du kein Geld für einen neuen hast.«
Ich seufzte. Wahrscheinlich dachte Lorenz jetzt, der volle Staubsaugerbeutel sei ein weiterer Trick von mir, um ihn zurückzugewinnen.
»Papi sagt, das könne gar nicht sein, dass der Staubsauger kaputt ist. Er sagt, dass Omi Wilma nur die allerteuersten Markengeräte hat, das Beste vom Besten«, fuhr Nelly fort. »Opa Jakob habe stets ein Vermögen für die Sachen ausgegeben. Jedes Jahr zu Weihnachten und zum Geburtstag hat er Omi Wilma ein Super-Haushaltsgerät geschenkt, und Omi Wilma hat jedes Mal vor Freude geweint, weil keine ihrer Freundinnen so teure Geräte hatte. Papi sagt, daran hat sich bis heute nichts geändert.«
»Opa Jakob ist 1984 gestorben«, sagte ich. »Soviel ich weiß.«
»Papi sagt, die Geräte sind unkaputtbar, echte deutsche Wertarbeit«, sagte Nelly. »Sozusagen unsterblich.«
»Ja, aber
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