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Die Mütze

Die Mütze

Titel: Die Mütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wladimir Woinowitsch
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feindselig, ohne zu antworten, ohne sich zu erheben, ohne ihm die Hand zu reichen und sogar ohne ihm einen Stuhl anzubieten.
    Üblicherweise gingen die Vorstände kleinerer Dienstleistungsbetriebe mit den Schriftstellern höflicher um.
    Da ihm kein Stuhl angeboten wurde, zog Efim den ersten besten heran, setzte sich, legte die Aktentasche auf die Knie und sah, da er inzwischen die Selbstbeherrschung einigermaßen wiedererlangt hatte, Andrej Andrejewitsch teilnahmsvoll an.
    »Sie werden also bei uns die Direktion übernehmen ?«
    »Ich werde nicht, ich habe«, korrigierte Andrej Andrejewitsch, und das waren die ersten Worte, die Efim aus seinem Munde vernahm.
    »Aber natürlich, ja, ja, ja«, beeilte sich Efim, ihm beizupflichten. »Natürlich, Sie werden es nicht erst, Sie haben es bereits. Ich habe mich nicht ganz richtig ausgedrückt. Sie kommen wohl aus dem Handelsnetz zu uns ?«
    Andrej Andrejewitsch schwieg eine Weile, immer noch ohne den Blick von ihm abzuwenden, und sagte schließlich schlicht: »Nein, ich komme von den Organen.«
    Efim fühlte, wie seine inneren Organe langsam vereisten und nach unten rutschten. Nein, er erschrak nicht (dafür gab es keine Gründe), aber er zuckte unnatürlich heftig zusammen und senkte tief den Kopf, um ihn gleich darauf wieder zu erheben. Er richtete seine Augen wiederum auf den Direktor, um ihm zu verstehen zu geben, daß er nichts, absolut nichts vor den Organen zu verbergen habe und daß sein Gewissen kristallklar sei. Aber sobald er dem schweren Blick des Direktors begegnete, wurde er verlegen und sah zu Boden. Diesem Blick hielt er nicht stand. Und somit hatte er sich selbst verraten. Denn wer ein reines Gewissen hat, der braucht seine Augen nicht niederzuschlagen.
    »Von den Organen!« wiederholte er, um sich selber Mut zu machen. »Sehr angenehm!« Seine ganze Gestalt und sein Mienenspiel drückten seine Hochachtung für die frühere Tätigkeit des Direktors aus, aber seine Augen blickten verräterisch unstet. »Sie wurden also hierher versetzt zwecks Stabilisierung ?«
    »Ja.« Andrej Andrejewitsch öffnete kaum den Mund. »Zwecks Stabilisierung. Und was wünschen Sie?«
    Verlegen, schüchtern, ohne auch nur zu versuchen, sein Gegenüber wieder anzusehen, erklärte Efim hastig, er habe gehört, man könne sich eine Mütze anfertigen lassen, er brauche eine gute Mütze, weil er oft an Expeditionen von höchster staatspolitischer und wissenschaftlicher Bedeutung teilnehmen müsse, bei denen er das Leben unserer heldenhaften Zeitgenossen studiere.
    Andrej Andrejewitsch ließ Efim ausreden und fragte dann, ob er Mitglied des Schriftstellerverbandes sei. Dieser bejahte, mit dem Zusatz, er sei es seit achtzehn Jahren, Konstantin Fedin persönlich habe ihm seinerzeit den Mitgliedsausweis ausgehändigt, er, Rachlin, sei Kriegsveteran und Träger verschiedener Auszeichnungen, Autor von elf Büchern und aktives Mitglied des Ausschusses Abenteuerliteratur. Dann legte er seinen Antrag auf den Schreibtisch. Der Direktor überflog ihn, öffnete eine Schreibtischschublade und sah eine Weile hinein, wobei er die Lippen bewegte. Schließlich wurde die Schublade mit lautem Krachen zugeschoben und auf Efims Antrag mit Rotstift in der Diagonale eine längere Resolution geschrieben. Efim nahm hastig das Blatt, sprang auf, klopfte die Taschen ab, fand die Brille, setzte sie auf und las: »Bestellung einer Kopfbedeckung aus Hauskater mittlerer Dichte bewilligt.«
    »Hauskater?« wiederholte Efim unsicher. »Was ist das eigentlich?«
    »Haben Sie noch nie eine Katze gesehen?« Der Direktor schien sich (endlich!) zu wundern.
    »Natürlich. Wieso auch nicht«, antwortete Efim. »Natürlich habe ich schon Katzen gesehen. Erst vor kurzem ist die Katze meines Nachbarn weggelaufen. Aber daß man aus Katzenfell Mützen anfertigt, das habe ich bislang, ich gestehe es, nicht gewußt. Und darf ich fragen, wobei ich für meine Unwissenheit um Nachsicht bitte, ob Kater mehr oder weniger gilt als Kaninchen?«
    »Ich glaube, weniger«, sagte der Direktor träge. »Kaninchen muß man züchten, Katzen wachsen von selbst nach.«
    Er verstummte und starrte vor sich hin, in der Erwartung, daß der Besucher gehen würde.
    Der Besucher ging aber nicht. Er stand da und war erschüttert. Er war gekommen, um sich etwas Besseres als Kanin zu erkämpfen, und nun sollte er etwas Schlechteres bekommen ? Nun mußte er also um Kanin kämpfen, auch wenn Kanin ihm keineswegs genügte.
    »Aber erlauben Sie«, begann Efim

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