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Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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geschäftlich hier.«
    Er verstummte wieder. Was starrte er an? Ihre Augen? Ihr Haar? Er war sehr hübsch, sie liebte die frische, junge Haut seines Gesichts und Halses. Lord Rutherford war sicher ein gutaussehender Mann, aber der hier besaß die Schönheit der Jugend.
    Sie streckte ihre Hand über den Tisch und legte sie auf seine Brust. Durch den Stoff seines Hemds und durch die Seide, die ihre Finger bedeckte, spürte sie ihn. Laß ihn den Knochen nicht fühlen. Wie überrascht er aussah. Ihre Fingerspitzen be-rührten seine Brustwarze, und sie drückte sie zärtlich mit dem vierten Finger und dem Daumen. Herrje, er errötete wie eine Priesterin der Vesta. Das Blut strömte ihm ins Gesicht. Sie lächelte.
    Er drehte sich um und sah zu den beiden Frauen hinüber.
    Aber die unterhielten sich weiter. »Einfach super!«
    »Ich habe dieses Kleid gekauft, weißt du, und ein Vermögen dafür ausgegeben. Ich habe mir gesagt, nun, wenn ich schon hier bin und alle dort sind…«
    »Die Oper.« Sie lachte. »In die Oper gehen.«
    »Ja«, sagte er, aber er war immer noch verblüfft über das, was sie getan hatte. Sie leerte die Kanne in ihre Tasse und trank diese leer. Dann hob sie das kleine Milchkännchen hoch und trank auch dieses leer. Sie nahm den Zucker und schüttete ihn sich in den Mund. Er schmeckte ihr nicht. Sie stellte die Dose ab, griff mit einer Hand unter den Tisch und drückte sein Bein.
    Er war bereit für sie! Armer kleiner Junge, armer kleiner Junge mit den großen Augen.
    Sie erinnerte sich an die Zeit, als sie und Antonius die jungen Soldaten ins Zelt gebracht und nackt ausgezogen hatten, ehe sie ihre Wahl trafen. Das war ein hübsches Spiel gewesen. Bis Ramses davon erfuhr. Gab es etwas, das er ihr zuletzt nicht vorgeworfen hatte? Aber der hier war so verliebt. Er wollte sie.
    Sie stand vom Tisch auf. Sie winkte ihm und ging zur Tür.
    Lärm draußen. Die Wagen. Sie achtete nicht darauf. Wenn sie den vielen Menschen keine Angst machten, gab es sicher eine vernünftige Erklärung dafür. Jetzt mußte sie zuerst einen Platz finden. Er war unmittelbar hinter ihr und redete mit ihr.
    »Komm«, sagte sie auf englisch. »Komm mit mir.«
    Eine Gasse. Sie führte ihn hin, stieg über Pfützen hinweg.
    Dunkler und ruhiger. Sie drehte sich um und schob die Arme unter die seinen. Er beugte sich herab, um sie zu küssen.
    »Nein, nicht hier, doch nicht hier!« sagte er nervös. »Miss, ich glaube nicht…«
    »Ich sage hier«, flüsterte sie, küßte ihn und schob eine Hand unter seine Kleider. Seine Haut war heiß, wie sie es wollte.
    Heiß und süß. Und so bereit war er, der Kleine. Sie hob den Rock ihres Kleides hoch.
    Es war zu schnell vorbei. Sie erschauerte, während sie sich an ihn klammerte, ihren Körper an ihn drückte, die Arme um seinen Hals schlang. Sie hörte ihn stöhnen, als er sich in sie er-goß. Er war einen Moment lang ruhig, zu ruhig. Sie wollte mehr, aber sie konnte ihn nicht mehr überreden. Er ließ sie los, lehnte sich an die Wand und sah sie an, als wäre ihm übel.
    »Warte, bitte laß mich einen Moment ausruhen«, sagte er, als sie erneut anfing, ihn zu küssen.
    Sie sah ihn an. Ganz einfach. Schnapp. Dann hob sie die Ar-me, ergriff seinen Kopf fest mit beiden Händen und drehte ihn herum, bis das Genick brach.
    Er starrte ins Leere, so wie die Frau ins Leere gestarrt hatte, und der Mann ebenfalls. Die Augen leer. Nichts. Dann rutschte er an der Mauer hinunter und blieb mit gespreizten Beinen dort liegen.
    Sie sah ihn an. Da war es wieder, dieses nagende Geheimnis, das etwas mit ihr zu tun hatte. Mit dem, was sie gerade getan hatte.
    Sie erinnerte sich an die verschwommene Gestalt, die über ihr gestanden hatte. War es ein Traum gewesen? »Steh auf, Kleopatra. Ich, Ramses, rufe dich!«
    Nein! Allein der Versuch, sich zu erinnern, verursachte ihr boh-rende Kopfschmerzen. Aber es waren dennoch keine körperlichen Schmerzen. Schmerzen der Seele waren es. Sie konnte Frauen weinen hören, Frauen, die sie gekannt hatte. Weinen-de Frauen. Die ihren Namen aussprachen. Kleopatra. Dann bedeckten sie ihr Gesicht mit einem schwarzen Tuch. Lebte die Schlange noch? Ein seltsamer Gedanke, daß die Schlange sie überlebte. Sie spürte wieder den Biß der Giftzähne in der Brust.
    Sie gab ein dumpfes Stöhnen von sich, während sie an der Mauer lehnte und auf den Leichnam hinab sah. Wann war das alles passiert? Wo? Wer war sie gewesen?
    Nicht erinnern. »Moderne Zeiten« warten.
    Sie bückte sich und

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