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Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Zeit und Ort genannt.«
    Ramses schwieg. Dann stand er vom Tisch auf und ging zur Tür.
    »Nein, halt!« rief Julie und eilte zu ihm.
    Samir war ebenfalls aufgestanden.
    »Sire, wenn Sie versuchen, ihn früher zu finden, werden Sie vielleicht festgenommen. Das Hotel ist umstellt. Warten Sie, bis er es verläßt und zum Treffpunkt geht. Das ist die einzige sichere Möglichkeit!«
    Ramses schien gelähmt. Er kam widerwillig zum Tisch zurück und sah Julie mit stumpfen, irren Augen an. Dann wankte er zum Stuhl und setzte sich wieder.
    Julie wischte sich mit dem Taschentuch die Tränen ab und setzte sich ebenfalls wieder hin.
    »Wo und wann?« fragte Ramses.
    »Heute abend, sieben Uhr. Im Babylon, das ist ein französischer Nachtclub. Ich kenne ihn. Ich kann Sie hinbringen.«
    »Bis dahin kann ich nicht warten!«
    »Ramses, sag uns, was das alles zu bedeuten hat. Wie sollen wir dir helfen, wenn wir nicht wissen, worum es geht?«
    »Sire, Julie hat recht. Ziehen Sie uns jetzt ins Vertrauen. Erlauben Sie uns, Ihnen zu helfen. Wenn Sie wieder von der Polizei gefaßt werden…«
    Ramses winkte angewidert ab.
    »Ich brauche euch, aber wenn ich es euch erzähle, verliere ich euch vielleicht. Aber so sei es. Denn ich habe euer Leben bereits zerstört.«
    »Du wirst mich nie verlieren«, sagte Julie, doch ihre Angst wuchs. Ein großes Grauen vor dem Bevorstehenden beschlich ihre Seele.
    Bis vor wenigen Augenblicken hatte sie geglaubt, sie hätte verstanden, was geschehen war. Er hatte den Leichnam seiner Geliebten aus dem Museum gestohlen. Er hatte ihn, wie es sich gehörte, in ein Grab bringen wollen. Aber angesichts der Phiole und der Worte von Elliott kamen ihr andere, weniger schöne Möglichkeiten in den Sinn, die sie sofort verwarf, um sie unverzüglich wieder aufzugreifen.
    »Vertrauen Sie uns, Sire. Teilen Sie Ihre Last mit uns.«
    Ramses sah Samir an, dann sie.
    »Aber die Schuld könnt ihr niemals teilen«, sagte er. »Der Leichnam im Museum. Die unbekannte Frau…«
    »Ja«, flüsterte Samir.
    »Mir war sie nicht unbekannt, meine Teuersten. Der Geist von Julius Cäsar hätte sie gekannt. Der Schatten von Markus Antonius hätte sie geküßt. Millionen haben dereinst um sie ge-trauert…«
    Julie nickte, Tränen rannen wieder über ihre Wangen.
    »Und ich habe das Unaussprechliche getan. Ich habe das Elixier mit ins Museum genommen. Mir war nicht klar, wie schrecklich verunstaltet ihr Körper war: man hatte ihr das Fleisch von den Knochen gerissen. Ich träufelte das Elixier auf sie! Nach zweitausend Jahren regte sich Leben in ihrem ge-schundenen Leib. Sie erwachte! Blutend und verwundet stand sie da. Sie streckte die Hände nach mir aus. Sie rief meinen Namen!«

    Dies war besser als der köstlichste Wein, sogar noch besser als der Liebesakt, die Fahrt in diesem offenen amerikanischen Automobil, über die Straße zu rasen, den Wind heulen zu hö-
    ren und zu hören, wie der Amerikaner begeistert johlte, wenn er den »Schalthebel« hierhin und dorthin zog.
    Die Häuser vorbeifliegen zu sehen. Die Ägypter mit ihren Eseln und Kamelen dahinstapfen zu sehen und sie eingehüllt in einer Staubwolke hinter sich zu lassen.
    Sie fand es herrlich. Sie sah zum weiten Himmel auf und ließ ihr Haar im Wind fliegen, während sie den Hut festhielt.
    Hin und wieder beobachtete sie, was er tat, um diesen Wagen in Bewegung zu setzen. Die »Pedale« treten, wie er sie immer wieder nannte, den Schalthebel ziehen, das Lenkrad drehen.
    Wie aufregend das war. Aber plötzlich hörte sie wieder dieses gräßliche, schrille Geräusch. Das Dröhnen, das sie im »Bahnhof« gehört hatte. Sie schlug die Hände auf die Ohren.
    »Keine Angst, kleine Lady, das ist nur ein Zug. Sehen Sie, da kommt der Zug!« Der Wagen kam mit einem Ruck zum Stehen.
    Metallwege nebeneinander im Wüstensand vor ihnen. Und dieses Ding, das gewaltige metallene Monster, das von rechts auf sie zubrauste. Eine Glocke läutete. Sie sah ein flackerndes rotes Licht, das an einen Laternenpfahl erinnerte. Konnte sie diesen gräßlichen Dingen denn nirgendwo entkommen?
    Er legte einen Arm um sie.
    »Schon gut, kleine Lady. Wir müssen warten, bis er vorbei ist.«
    Er sprach weiter, aber jetzt wurden seine Worte von dem gewaltigen Rasseln und Dröhnen des Metallungeheuers übertönt. Gräßlich, wie die Räder an ihr vorbeidonnerten, und selbst die lange Reihe der Wagen aus Holz, in denen Menschen auf Holzpritschen saßen, als wäre das die selbstverständlichste Sache der

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