Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
ausgestreckte, stützende Hand.
    »Komm, bring mich nach oben«, sagte er. »Ich muß mich ausruhen. Ich bin einer Ohnmacht nahe.«
    »Großer Gott, Vater, was geht hier vor!«
    »Das will ich von dir wissen. Was ist passiert, seit ich weggegangen bin? Ach, bitte sag an der Rezeption Bescheid, daß ich für niemanden zu sprechen bin. Ich will keine Anrufe oder Besuche.«
    Nur noch ein paar Schritte, dachte er, als die Aufzugtüren auf-gingen. Wenn er es nur zu einem sauberen Bett schaffen konnte. Jetzt war ihm schwindlig und furchtbar übel. Er war seinem Sohn dankbar dafür, daß er ihn fest an den Schultern hielt und nicht fallen ließ.
    Kaum hatte er sein Zimmer erreicht, verlor er das Gleichgewicht. Aber Walter war da, und Walter und Alex halfen ihm gemeinsamaufs Bett.
    »Ich möchte aufrecht sitzen«, sagte er quengelig wie ein alter Hypochonder.
    »Ich lasse Ihnen ein Bad ein, Mylord, ein schönes, erholsames heißes Bad.«
    »Machen Sie das, Walter, aber vorher bringen Sie mir einen Drink. Scotch, und stellen Sie die Flasche neben das Glas.«
    »Vater, so habe ich dich noch nie gesehen. Ich werde den Hotelarzt anrufen.«

    »Das wirst du nicht tun!« sagte Elliott. Sein Tonfall erschreckte Alex, was ihm nur recht war. »Hätte ein Arzt Lady Macbeth helfen können? Ich glaube nicht!«
    »Vater, was soll das alles?« Alex’ Stimme war zu einem Flü-
    stern geworden, wie immer, wenn er durcheinander war. Er sah zu, wie Walter Elliott das Glas in die Hand drückte.
    Elliott trank einen Schluck Whisky. »Ah, das tut gut«, stieß er aus. In diesem schrecklichen kleinen Haus, dem Haus des Todes, hatten Dutzende von Henrys Flaschen gestanden, aber er hatte es nicht über sich gebracht, sie anzurühren. Er hatte es auch nicht über sich gebracht, aus einem Glas zu trinken, das Henry gehört hatte, oder auch nur einen Bissen von Henrys Essen anzurühren. Er hatte ihr davon gegeben, aber er selbst hätte es nicht anrühren können. Und nun genoß er die wohlige Wärme des Scotch, die so ganz anders war als das Brennen in seiner Brust.
    »Und jetzt, Alex, mußt du mir zuhören«, sagte er und nahm noch einen Schluck. »Du mußt Kairo unverzüglich verlassen.
    Du wirst sofort packen und den Zug um fünf Uhr nach Port Said nehmen. Ich werde dich persönlich zum Zug bringen.«
    Wie hilflos sein Sohn plötzlich aussah. Wie ein kleiner Junge, ein süßer, kleiner Junge. Und dies ist mein Traum von Unsterblichkeit, den ich schon immer geträumt habe, dachte er.
    Mein Alex, der jetzt nach Hause nach England fahren wird, wo er sich bald in Sicherheit befindet.
    »Das kommt überhaupt nicht in Frage, Vater«, sagte Alex unverändert sanft. »Ich kann Julie hier nicht allein lassen.«
    »Ich möchte auch nicht, daß du Julie allein läßt. Du wirst Julie mitnehmen. Du mußt jetzt gleich zu ihr gehen. Ihr sagen, daß sie sich fertigmachen soll! Tu, was ich dir sage.«
    »Vater, du verstehst nicht. Sie geht nicht, bevor Ramsey nicht in Freiheit ist und auch gehen kann. Und niemand kann Ramsey finden. Und Henry kann auch niemand finden. Vater, ich glaube nicht, daß man überhaupt einen von uns ausreisen läßt, bis diese Angelegenheit nicht geklärt ist.«
    »Großer Gott.«
    Alex holte sein Taschentuch heraus. Er legte es sorgsam zusammen und tupfte Elliott damit die Stirn ab. Dann legte er es noch einmal zusammen und bot es Elliott an. Elliott nahm es und wischte sich den Mund ab.
    »Vater, du glaubst doch nicht, daß Ramsey wirklich diese Greueltaten begangen hat, oder? Ich meine, eigentlich konnte ich Ramsey gut leiden.«
    Walter kam zur Tür. »Ihr Bad ist bereit, Mylord.«
    »Armer Alex«, flüsterte Elliott. »Armer, anständiger, ehrbarer Alex.«
    »Vater, so sag mir doch, was los ist. Ich habe dich noch nie so gesehen. Du bist nicht du selbst.«
    »Doch, ich bin ich selbst. Jetzt siehst du mein wahres Selbst.
    Verzweifelt und verschlagen und von irren Träumen erfüllt, wie immer. Ich bin zu sehr ich selbst. Weißt du, mein Sohn, wenn du den Titel erbst, wirst du wahrscheinlich der erste anständige und ehrbare Lord Rutherford in der Familie sein.«
    »Du spielst wieder den Philosophen. Und ich bin ganz und gar nicht anständig und ehrbar. Ich bin lediglich gut erzogen, was hoffentlich ein hinreichender Ersatz ist. Jetzt geh baden. Du wirst dich danach viel besser fühlen. Und trink bitte keinen Scotch mehr.« Er bat Walter Elliott zur Hand zu gehen.
    Miles Winthrop starrte das Telegramm an, das ihm der Mann, der vor ihm

Weitere Kostenlose Bücher