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Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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immer noch an meinem Wohlergehen, Julie?«
    »Ja«, flüsterte sie. »Du bist nur ein Mensch, der das Geheimnis eines Gottes besitzt.«
    »Genau das ist es, Julie«, sagte er. »Ich habe das Geheimnis hier drinnen.« Er klopfte sich auf die Stirn. »Ich weiß, wie man das Elixier herstellt. Was mit den wenigen Phiolen geschieht, die ich bei mir trage, ist letztendlich unwichtig, denn ich kann das Elixier jederzeit herstellen.«
    Sie sahen einander an. Es schien unmöglich, das ganze Ausmaß des Grauens zu begreifen. Man mußte sich damit beschäftigen, mußte Abstand gewinnen und dann erneut darüber nachdenken.

    »Begreift ihr nun, weshalb ich tausend Jahre lang das Elixier mit keinem geteilt habe. Ich kannte die Gefahr. Und dann habe ich mich – aus der Schwäche eines sterblichen Mannes heraus – um euren modernen Ausdruck zu gebrauchen – verliebt.«
    Julies Augen füllten sich wieder mit Tränen. Samir wartete geduldig.
    »Ja, ich weiß.« Ramses seufzte. »Ich war ein Narr. Vor zweitausend Jahren habe ich zugesehen, wie meine Geliebte starb, anstatt das Elixier ihrem Liebhaber Markus Antonius zu geben, einem verderbten Mann, der mich bis ans Ende der Welt gejagt hätte, um mir das Geheimnis zu entlocken. Könnt ihr euch diese beiden unsterblichen Herrscher vorstellen?
    ›Warum können wir nicht eine unsterbliche Armee machen?‹
    hat sie mich gefragt, als sein Einfluß auf sie immer stärker wurde. Als sie schließlich sein Werkzeug geworden war. Und jetzt habe ich in diesem modernen Zeitalter ihre letzten Worte an mich in den Wind geschlagen und sie wieder zum Leben erweckt.«
    Julie schluckte. Sie weinte lautlos vor sich hin. Sie wischte die Tränen nicht einmal mehr ab. Sie streckte ihre Hand über den Tisch und berührte seinen Handrücken.
    »Nein, Ramses, das ist nicht Kleopatra. Begreifst du denn nicht? Du hast einen schrecklichen Fehler gemacht, das stimmt, und wir müssen gemeinsam versuchen, ihn ungeschehen zu machen. Aber das ist nicht Kleopatra. Sie kann es unmöglich sein.«
    »Julie, ich habe mich nicht geirrt! Sie hat mich erkannt! Verstehst du nicht? Sie hat meinen Namen gerufen!«

    Leise Musik ertönte aus dem Mena House. Blinkende gelbe Lichter in den Fenstern. Winzige Gestalten gingen auf der ge-räumigen Terrasse hin und her.
    Kleopatra und der Amerikaner standen in einem dunklen Ge-wölbe hoch oben auf der Pyramide, im Begräbnisgewölbe.
    Sie umarmte ihn gierig und schob die seidebekleideten Finger unter sein Hemd. Mmh, die Brustwarzen der Männer, so zart, Quelle von Qual und Ekstase. Wie er sich wandt, als sie sie zärtlich zusammendrückte, während sie mit der Zunge seinen Mund erforschte.
    Großspurigkeit und Überheblichkeit waren dahin. Er war ihr Sklave. Sie riß das Leinenhemd auf und zwängte die Hand durch den Ledergürtel zu seinem Geschlecht.
    Er stöhnte. Sie spürte, wie er ihren Rock hochschob. Dann hielt seine Hand plötzlich inne. Sein ganzer Körper versteifte sich. Sie drehte den Kopf. Er starrte auf ihr nacktes Bein hinab, ihren Fuß.
    Er starrte auf den großen freiliegenden Knochen in ihrem Bein, auf die Knochen ihres Fußes.
    »Großer Gott!« flüsterte er. Er wich vor ihr zurück. »Großer Gott!«
    Sie gab ein leises qualvolles und wütendes Knurren von sich.
    »Wende den Blick ab!« kreischte sie auf lateinisch. »Wende den Blick von mir ab! Du wirst mich nicht voll Ekel ansehen.«
    Sie schluchzte, als sie seinen Kopf mit beiden Händen ergriff und ihn gegen die Steinmauer hämmerte. »Dafür wirst du sterben!« spie sie ihm entgegen. Und dann der Ruck, der einfache kleine Ruck, und er war ebenfalls tot.
    Mehr war nicht zu tun! Jetzt herrschte wieder gesegnete Stille.
    Sein Leichnam lag da wie der Leichnam des anderen, dessen Geld unter der weiten Jacke sichtbar gewesen war.
    Ihre Wunden konnten sie nicht töten. Der grelle Blitz desjeni-gen, der Henry genannt wurde, hatte sie nicht töten können und auch nicht der unerträgliche, gräßliche Lärm. Aber sie zu töten war ganz einfach. Sie sah aus dem Gewölbe hinaus und ließ ihren Blick über den dunklen, ockerfarbenen Sand zu den sanften Lichtern des Mena House schweifen.
    Nachts war sie immer kühl, die Wüste. Und fast dunkel, oder nicht? Winzige Sterne am azurblauen Himmel. Sie spürte einen seltsamen Frieden in sich. Es wäre schön ganz alleine wegzugehen.
    Aber Lord Rutherford. Die Medizin. Fast dunkel.
    Sie bückte sich und nahm das Geld des Amerikaners an sich.
    Sie dachte an das wunderschöne

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