Die Mumie
ihr beim Aufstehen.
Großer Gott, Alex. Warum kann mein Sohn nicht ein Fünkchen dieser Zuvorkommenheit haben? Die ganze Welt hätte ihm gehören können.
Randolph beeilte sich, die Doppeltür aufzumachen. Zu seinem Erstaunen warteten ein paar Männer vom Britischen Museum vor der Tür. Ein Ärgernis. Hätte er das gewußt, hätte er sie auf einem anderen Weg hinausbegleitet. Er konnte den selbstge-fälligen Mr. Hancock nicht ausstehen, der sich aufführte, als gehörte alles, was Lawrence entdeckt hatte, dem Museum und der Welt.
»Miss Stratford«, sagte der Mann, als er auf Julie zukam. »Alles ist genehmigt. Die erste Ausstellung der Mumie wird, wie es der Wunsch Ihres Vaters gewesen wäre, in Ihrem Haus stattfinden. Wir werden selbstverständlich alles katalogisieren und die Sammlung, sobald Sie es wünschen, ins Museum bringen. Ich dachte mir, Sie möchten vielleicht meine persönliche Versicherung…«
»Gewiß«, antwortete Julie müde. Es war offensichtlich, daß sie daran ebenso wenig interessiert war wie an der Aufsichtsratssitzung. »Ich bin Ihnen sehr dankbar, Mr. Hancock. Sie wissen, was die Entdeckung meinem Vater bedeutet hat.«
Wieder eine Pause, als würde sie anfangen zu weinen. Und warum auch nicht? »Ich wünschte nur, ich wäre in Ägypten bei ihm gewesen.«
»Darling, er ist gestorben, wo er am glücklichsten war«, wandte Alex emotionslos ein. »Und inmitten all der Dinge, die er geliebt hat.«
Reizende Worte. Lawrence war betrogen worden. Er hatte seinen bedeutenden Fund nur ein paar Stunden für sich gehabt.
Das begriff selbst Randolph.
Hancock nahm Julies Arm. Sie gingen gemeinsam zur Tür.
»Selbstverständlich ist es unmöglich, die Echtheit der Funde zu bestätigen, bevor gründliche Untersuchungen vorgenom-men wurden. Die Münzen, die Büste, das sind Entdeckungen, wie sie es nie zuvor gegeben hat…«
»Wir stellen keine außergewöhnlichen Forderungen, Mr. Hancock. Ich möchte nur einen kleinen Empfang für die ältesten Freunde meines Vaters.«
Sie streckte ihm jetzt die Hand hin, womit sie ihn unmißverständlich verabschiedete. In solchen Dingen war sie so bestimmt wie ihr Vater. Wie der Earl of Rutherford, wenn man genauer darüber nachdachte. Ihr Gebaren war stets aristokratisch gewesen. Wenn nur die Hochzeit zustande käme…
»Auf bald, Onkel Randolph.«
Er bückte sich und küßte sie auf die Wange.
»Ich liebe dich, Darling«, flüsterte er. Das überraschte ihn.
Ebenso das Lächeln auf ihrem Gesicht. Hatte sie verstanden, was er ihr hatte sagen wollen? Es tut mir so leid, Liebes. Alles.
Endlich war sie allein auf der Marmortreppe. Alle waren fort, bis auf Alex, und sie wünschte sich im Grunde ihres Herzens, auch ihn loszusein. Sie wollte nichts weiter als im stillen Inneren ihres Rolls-Royces, dessen Scheiben den Lärm der Welt von ihr fernhielten, allein zu sein.
»Hör zu, Julie, ich sage das nur einmal«, sagte Alex, während er ihr die Treppe hinunterhalf. »Aber es kommt aus tiefstem Herzen. Laß nicht zu, daß diese Tragödie unserer Hochzeit im Wege steht. Ich kenne deine Gefühle, aber du bist jetzt allein im Haus. Und ich möchte bei dir sein, mich um dich kümmern.
Ich möchte, daß wir Mann und Frau sind.«
»Alex, ich würde dich belügen«, sagte sie, »wenn ich dir sagte, daß ich mich jetzt entscheiden kann. Ich brauche mehr Zeit denn je, um nachzudenken.«
Plötzlich konnte sie es nicht mehr ertragen, ihn anzusehen; er wirkte immer so jung. War sie jemals jung gewesen? Onkel Randolph hätte vielleicht über diese Frage gelächelt. Sie war einundzwanzig. Aber mit seinen fünfundzwanzig kam Alex ihr vor wie ein Knabe. Und es quälte sie so, daß sie ihn nicht so lieben konnte, wie er es verdient hatte.
Das Sonnenlicht schmerzte sie, als sie die Tür zur Straße aufmachte. Sie zog den Schleier von der Hutkrempe herunter.
Keine Reporter, Gott sei Dank, keine Reporter, und das große schwarze Auto wartete mit offener Tür.
»Ich bin nicht allein, Alex«, sagte sie sanft. »Ich habe Rita und Oscar bei mir. Und Henry zieht wieder in sein altes Zimmer ein. Onkel Randolph hat darauf bestanden. Ich habe mehr Gesellschaft, als ich brauche.«
Henry. Er war der letzte Mensch auf der Welt, den sie sehen wollte. Welche Ironie, daß ausgerechnet er der letzte gewesen war, den sein Vater gesehen hatte, bevor der Tod ihm die Augen schloß.
Als er an Land kam, wurde Henry Stratford sofort von Reportern belagert. Hatte der Fluch der Mumie ihm angst
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