Die Mumie
fort.
»Aber diesem Geschöpf hast du Unrecht getan. Dieses Ding, das du von den Toten erweckt hast, muß leiden. Du sprichst davon, sie lebendig zu begraben. Ich kann nicht… kann nicht…«
»Glaube mir, daß ich eine schmerzlose Methode finden werde«, flüsterte er.
Sie konnte nicht sprechen. Sie konnte ihn nicht ansehen.
»Und noch etwas mußt du wissen, denn später könnte es zu Verwirrungen führen. Dein Cousin Henry ist tot. Kleopatra hat ihn getötet.«
»Was!«
»In Henrys Liebesnest in der Altstadt von Kairo hat Elliott sie gebracht. Er ist mir ins Museum gefolgt. Und als die Soldaten mich weggebracht haben, hat Elliott die Kreatur beschützt, die ich zum Leben erweckt hatte. Er hat sie zu Henry gebracht, und dort hat sie Henry und diese Frau Malenka getötet.«
Sie schüttelte den Kopf, und wieder drückte sie die Hände auf die Ohren. Alles, was sie über Henry wußte, über den Tod ihres Vaters, über den Anschlag auf ihr eigenes Leben, konnte ihr jetzt nicht helfen. Nichts zählte mehr. Sie spürte nur das Staunen.
»Vertraue mir, wenn ich sage, daß ich einen schmerzlosen Weg finden werde. Denn das muß ich tun, bevor noch mehr Blut Unschuldiger vergossen wird. Ich kann mich nicht abwenden, ehe es vollbracht ist.«
»Hat mein Sohn mir eine Nachricht hinterlassen?« Elliott hatte dem Ledersessel und dem Gin nicht entsagt und hatte auch nicht die Absicht, es zu tun. Aber er wußte, er mußte Alex anrufen, bevor er sich noch mehr betrank. Und er hatte sich das Telefon bringen lassen. »Aber er würde niemals weggehen, ohne es mir zu sagen. Nun gut, Samir Ibrahaim, wo ist der?
Können Sie für mich in seinem Zimmer anrufen?«
»Er hält sich in Miss Stratfords Suite auf, Sir. Zwo-null-drei. Er bittet, daß Nachrichten dorthin übermittelt werden. Soll ich anläuten? Es ist elf Uhr, Sir.«
»Nein, ich gehe hinauf, danke.«
Sie beugte sich über das Waschbecken aus Marmor und benetzte ihr Gesicht mit kaltem Wasser. Sie wollte nicht in den Spiegel sehen. Dann wischte sie sich langsam mit dem Handtuch die Augen ab. Als sie sich umdrehte, sah sie ihn im Wohnzimmer stehen. Sie hörte Samirs leise, tröstliche Stimme.
»Selbstverständlich werde ich Ihnen helfen, Sire, aber wo sollen wir anfangen?«
Es klopfte laut an die Flurtür.
Ramses kam ins Schlafzimmer zurück. Samir ging aufmachen.
Es war Elliott. Ihre Blicke begegneten sich nur kurz, dann wandte sie sich ab. Sie konnte ihn weder verurteilen noch ihn begrüßen. Sie dachte nur: Er hat seine Hand im Spiel gehabt.
Er weiß alles, weiß mehr als ich. Und plötzlich war ihr Ekel vor dem ganzen Alptraum unerträglich. Sie ging ins Wohnzimmer und setzte sich in der entlegensten Ecke in einen Sessel.
»Ich will ohne Umschweife zur Sache kommen«, sagte Elliott und sah Ramses direkt an. »Ich habe einen Plan und brauche Ihre Mitarbeit. Aber bevor ich anfange, möchte ich Sie daran erinnern, daß Sie hier nicht sicher sind.«
»Wenn sie mich finden, fliehe ich wieder«, sagte Ramses achselzuckend. »Was ist das für ein Plan?«
»Ein Plan, Julie und meinen Sohn von hier wegzubringen«, sagte Elliott. »Aber was ist geschehen, nachdem ich gegangen bin? Möchten Sie es mir erzählen?«
»Sie ist, wie Sie sie beschrieben haben. Wahnsinnig, unbere-chenbar stark und gefährlich. Nur jetzt ist sie genesen. Ohne Wunden. Und ihre Augen haben die Farbe des blauen Himmels, wie meine.«
»Ah.«
Elliott verstummte. Anscheinend hatte er starke Schmerzen.
Plötzlich wurde Julie klar, daß er betrunken war, wirklich betrunken. Möglicherweise sah sie ihn zum ersten Mal betrunken. Er war würdevoll, beherrscht und betrunken. Er griff nach Samirs Glas, das noch halb voll mit Brandy war, und nippte zerstreut daran.
Leise ging Samir zur kleinen Rattanhausbar in der Ecke und holte ihm eine Flasche.
»Sie haben mir das Leben gerettet«, sagte Elliott zu Ramses.
»Dafür danke ich Ihnen.«
Ramses zuckte mit den Schultern. Aber der Ton dieses Gespräches erschien Julie eigentümlich. Er war persönlich, als würden diese beiden Männer einander gut kennen. Es herrschte keine Abneigung.
»Was für ein Plan?« sagte Ramses.
»Sie müssen kooperieren. Sie müssen Lügen erzählen. Sie müssen glaubwürdig sein. Und dann wird man nach einem anderen Täter für die Verbrechen suchen, derer Sie verdächtigt werden, und Julie und Alex wird es freistehen, nach Hause zu fahren. Auch Samir wird man nicht mehr verdächtigen.
Dann kann man sich um andere
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