Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
drehte, um langsamere Autos zu überholen, die keinen Platz machen wollten. Alex flehte sie an. Aber sie hörte nur Ramses Stimme in den Ohren: »Ich werde dich ins Grab zurückbringen… in die Dunkelheit.« Entkommen, sie mußte ihm entkommen.
    »Ich lasse nicht zu, daß er dir weh tut.«
    Endlich waren sie auf der offenen Landstraße. Jetzt versperrte ihnen nichts mehr den Weg. Dennoch nahm sie den Fuß nicht vom Pedal.
    Irgendwo da draußen lagen die Pyramiden, und dann die Wü-
    ste, die freie Wüste. Aber wie konnte sie sich dort verstecken, wo konnte sie hin?
    »Ist er immer noch hinter uns?« schrie sie.
    »Ja, aber ich lasse nicht zu, daß er dir weht tut, das habe ich gesagt! Hör mir zu.«
    »Nein«, kreischte sie. »Versuch nicht, mich aufzuhalten.«
    Sie stieß ihn weg, als er sie umarmen wollte. Das Auto scherte aus und kam von der geteerten Straße ab. Es raste über den Sand in die Dunkelheit hinein, die Scheinwerfer schienen dü-
    ster in die freie Wüste.
    Von rechts sah sie ein funkelndes Licht auf sie zukommen.
    Dann vernahm sie das Geräusch, dieses gräßliche Geräusch: das Kreischen der Dampflokomotive! Ihr Götter, wo war sie!
    Panik ergriff sie. Sie konnte das dumpfe Dröhnen der Eisenrä-
    der hören!
    »Wo ist sie!« schrie sie.
    »Stop, du mußt anhalten, versuch nicht, davonzufahren!«
    Licht fiel auf den kleinen Spiegel über ihr und blendete sie. Sie riß einen Moment die Hände hoch, um jedoch sofort wieder das Lenkrad zu ergreifen. Dann sah sie den Schrecken aller Schrecken, das riesige brüllende Monster, das sie mehr als alles andere erschreckt hatte. Die riesige schwarze Lokomotive, die jetzt zu ihrer Rechten aufragte.
    »Die Bremsen!« kreischte Alex.
    Das Automobil holperte, schnellte in die Luft und blieb ruckartig stehen. Die Lokomotive raste nur wenige Zentimeter vor ihnen vorbei, die riesigen zermalmenden Eisenräder direkt vor ihren Augen.
    »Wir stecken in den Schienen fest, verdammt, komm schon, steig aus!« schrie Alex.
    Das Pfeifen erklang erneut und übertönte das eiserne Dröhnen. Ein zweites Monster kam von links auf sie zu! Sie sah sein rundes gelbes Auge, den Lichtstrahl, der über sie glitt, den gewaltigen Rock aus Eisen, der über die Schienen donnerte.
    Diese Ungeheuer hatten sie besiegt. Wie konnte sie ihnen jetzt noch entkommen? Und Ramses war hinter ihr, Ramses rief ihren Namen. Sie spürte, wie Alex ihre Hand ergriff und versuchte, sie vom Sitz zu ziehen. Die böse Lokomotive war über ihr. Als sie das Auto erfaßte, schrie sie.
    Ihr Körper wurde in die Luft geschleudert. Einen gleißenden Augenblick lang schwebte sie, flog hoch über der Wüste, wie eine Puppe im Wind. Unter ihr fuhren die gewaltigen Eisen-monster auf dem Weg durch den endlosen Sand aneinander vorbei. Dann loderten hohe orangefarbene Flammen zum Himmel. Eine unerträgliche Hitze und ein ohrenbetäubender Lärm, wie sie ihn noch niemals zuvor gehört hatte, hüllten sie vollkommen ein.

    Ramses wurde von der Explosion nach hinten geschleudert.
    Er landete im Sand. Eben noch hatte er ihren Körper gesehen, der aus dem Auto in die Höhe geschleudert worden war. Im nächsten Augenblick war das Auto explodiert und sie war hoch in der Luft von einem orangefarbenen Feuerball verschlungen worden. Wieder erschütterte eine gewaltige Explosion die Er-de und das Feuer loderte noch höher. Einen Augenblick lang konnte er überhaupt nichts sehen. Als er wieder auf die Beine kam, versuchte die große Lokomotive, die Richtung Norden fuhr, anzuhalten, doch kreischend und Funken sprühend raste sie noch ein Stück weiter. Das brennende Wrack des Autos war zur Seite geschleudert worden. Der Zug nach Süden, dessen rasselnde Güterwaggons den furchtbaren Lärm nur noch verstärkten, raste unbekümmert weiter.
    Er lief zu dem brennenden Auto. Der verbogene Rahmen sah im lodernden Feuer wie schwarze Schlacke aus.
    Kein Leben, keine Bewegung, keine Spur von ihr! Er wollte sich gerade selbst ins Feuer stürzen, als Samir ihn packte und Julie laut zu schreien anfing.
    Wie in Trance drehte er sich zu ihnen um. Alex Savarell be-mühte sich aufzustehen; sein Gesicht war schwarz, seine Kleider verkohlt. Sein Vater stand neben ihm und hielt ein verbranntes Kleidungsstück in der Hand. Er würde überleben, der junge Mann. Das war klar.
    Aber sie! Wo war sie! Betroffen sah er die gewaltigen Züge an

    – einer fuhr davon, der andere war zum Stillstand gekommen.
    Hatte die Welt jemals eine solche Urgewalt gekannt? Und

Weitere Kostenlose Bücher