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Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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die Explosion. Sie war wie ein Vulkan gewesen.
    »Kleopatra!« brüllte er. Dann spürte er, wie er trotz seiner unsterblichen Kräfte langsam in sich zusammensank. Julie Stratford hielt ihn in den Armen.

    Die Dämmerung kündigte sich durch ein feuriges Leuchten am Horizont an. Die Sonne schien weniger eine Scheibe als vielmehr ein dickes Bündel voll sengender Hitze zu sein. Die Sterne verblaßten.
    Wieder schritt er dasselbe Stück der Schienen ab. Samir beobachtete ihn mit einer Engelsgeduld. Julie Stratford hatte sich auf dem Rücksitz des Autos schlafen gelegt.
    Elliott und sein Sohn waren ins Hotel zurückgekehrt.
    Allein der getreue Samir war bei ihm, als er noch einmal das verbrannte Auto durchsuchte. Schrecklich das Skelett des Dings. Schrecklich das verbrannte Leder, das noch an den Sprungfedern klebte.
    »Sire«, sagte Samir geduldig, »nichts und niemand überlebt eine solche Explosion. In alten Zeiten, Sire, war so eine Hitze unbekannt.«
    Sie war bekannt, dachte er. Man kannte sie, die feuerspeien-den Berge – das Bild, das ihm gestern nacht eingefallen war.
    »Aber es muß eine Spur geben, Samir. Etwas muß übrigge-blieben sein.«
    Aber warum bestrafte er diesen Sterblichen, der nie etwas anderes getan als ihm Trost gespendet hatte? Und Julie, seine arme Julie. Er mußte sie ins Hotel zurückbringen, wo sie in Sicherheit war und sich ausruhen konnte. Sie hatte seit es geschehen war kein Wort mehr gesprochen. Sie hatte neben ihm gestanden, ihn festgehalten, aber sie hatte nicht gesprochen.
    »Sire, seien Sie dankbar für das, was geschehen ist«, sagte Samir zögernd. »Der Tod hat sie wieder geholt. Sicher hat sie jetzt ihren Frieden.«
    »Ach ja?« flüsterte er. »Samir, warum habe ich ihr Angst gemacht! Warum habe ich sie in die Nacht hinausgejagt? Samir, wir haben uns gestritten wie wir immer gestritten haben. Wir haben versucht, einander weh zu tun! Es gab plötzlich keine Zeit mehr. Wir standen außerhalb der Zeit und haben miteinander gestritten.« Er verstummte, weil er nicht mehr weitersprechen konnte.
    »Kommen Sie jetzt, Sire, ruhen Sie sich aus. Selbst Unsterbliche müssen sich ausruhen.«

    Sie standen alle am Bahnhof. Für Ramses war es ein Augenblick schlimmster Qual und Pein. Aber er fand keine Worte mehr, sie zu überzeugen. Als er ihr in die Augen sah, erblickte er keine Kälte mehr, sondern nur einen tiefen, unheilbaren Schmerz.
    Und Alex, der hatte sich in einen anderen Menschen verwandelt, nur der Körper war der gleiche geblieben. Empört und ärgerlich hatte er sich angehört, was man ihm aufgetischt hatte. Eine Frau, die Ramsey gekannt hatte, verrückt, gefährlich.
    Dann hatte er sich eingeschlossen. Er wollte nichts mehr hö-
    ren.
    Sie waren jetzt älter, dieser junge Mann und diese junge Frau.
    Julies Gesichtsausdruck war düster. Alex schien, als er an ihrer Seite stand, verschlossen und abweisend.
    »Sie werden mich nicht länger als ein paar Tage hier behalten«, sagte Elliott zu seinem Sohn. »Ich werde vielleicht eine Woche nach dir zu Hause sein. Kümmere dich um Julie. Wenn du dich um Julie kümmerst…«
    »Ich weiß, Vater. Wird es das Beste für mich sein.«
    Eisig das Lächeln, das einst so herzlich gewesen war.
    Der Schaffner rief. Der Zug war abfahrbereit. Ramses wollte ihn nicht abfahren sehen, wollte das Rollen der Räder nicht hören. Er wollte fliehen, wußte aber, daß er bis zum Ende bleiben würde.
    »Du wirst deine Meinung nicht ändern«, flüsterte er.
    Sie sah weiter weg.
    »Ich werde dich immer lieben«, flüsterte sie. Er mußte sich bücken, damit er es hören konnte, so daß ihre Lippen ihn beinahe berührten. »Bis zu meinem Tode werde ich dich lieben.
    Aber ich kann meine Meinung nicht ändern.«
    Plötzlich ergriff Alex seine Hand. »Leben Sie wohl, Ramsey.
    Ich hoffe, wir sehen uns in England wieder.«
    Das Ritual war fast überstanden. Er drehte sich um, um Julie zu küssen, aber sie war bereits weg. Sie stand auf der Metall-treppe zum Passagierwagen. Einen Augenblick lang trafen sich ihre Augen.
    Es war kein Vorwurf, keine Zurechtweisung, aber sie konnte nicht anders. Sie hatte es ihm tausendmal mit denselben knappen Worten erklärt.
    Schließlich wieder der schreckliche, alles übertönende Lärm.
    In unregelmäßigen Schüben setzte sich die Reihe der Waggons in Bewegung. Er sah ihr Gesicht am Fenster. Sie drückte die Hände an das Glas und sah wieder auf ihn hinab, und wieder versuchte er, den Ausdruck in ihren Augen zu deuten. War

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