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Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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lagen daneben
    – erlesene Beispiele früher Glaskunst, jede mit einem winzigen Silberdeckel. Selbstverständlich wurden diese kleinen Gegenstände, ebenso wie die Reihe der Alabastergefäße dahinter, von kleinen, fein säuberlich beschrifteten Schildern geschützt, auf denen stand: »Bitte nicht berühren.«
    Dennoch machte sie sich Sorgen ob der vielen Menschen, die diese Gegenstände bewundern wollten.
    »Vergeßt nicht, es ist Gift«, hatte Julie zu Rita, ihrer unersetzlichen Zofe und dem Butler Oscar gesagt. Damit hatte sie dafür gesorgt, daß die beiden das Zimmer nicht mehr betraten!
    »Es ist eine Leiche, Miss«, hatte Rita gesagt. »Ein Toter! Auch wenn es sich um einen ägyptischen König handelt. Ich sage, die Toten soll man in Frieden ruhen lassen, Miss.«
    Julie hatte leise in sich hinein gelacht. »Das Britische Museum ist voll von Leichen, Rita.«
    Wenn doch die Toten nur wiederkehren könnten. Wenn nur der Geist ihres Vaters zu ihr kommen könnte. Man stelle sich so ein Wunder vor. Ihn wiederzuhaben, mit ihm zu sprechen, seine Stimme zu hören. Was ist passiert, Vater? Mußtest du leiden? Hast du Angst gehabt?
    Ja, ihr hätte so ein Besuch nichts ausgemacht. Aber es würde niemals dazu kommen. Das war das Schreckliche. Von weltli-chen Tragödien begleitet, gehen wir von der Wiege zum Grab.
    Die Pracht des Übernatürlichen war etwas für Geschichten und Gedichte und Dramen von Shakespeare.

    Aber weshalb sich darüber Gedanken machen? Der Augenblick war gekommen, da sie mit den Schätzen ihres Vaters allein sein und die letzten Worte lesen konnte, die er geschrieben hatte.
    Sie blätterte die Seiten zum Tag der Entdeckung um. Und als sie die ersten Worte las, füllten sich ihre Augen mit Tränen.

    Muß Julie schreiben und ihr alles schildern. Hieroglyphen an der Tür praktisch fehlerfrei; müssen von jemand ange-bracht worden sein, der wußte, was er schrieb. Doch das Griechische stammt mit Sicherheit aus der ptolemäischen Periode. Und das Lateinische zeugt von Bildung. Unmöglich. Und doch ist es da. Samir ungewöhnlich ängstlich und abergläubisch. Muß ein paar Stunden schlafen. Gehe heute abend rein!

    Es folgte eine hastige Tuscheskizze von der Tür zur Grab-kammer mit den drei breiten Absätzen. Sie blätterte hastig weiter.

    Neun Uhr abends nach meiner Uhr. Endlich in der Kammer.
    Scheint mehr eine Bibliothek als ein Grab zu sein. Der Mann wurde im Sarg eines Königs beigesetzt, daneben ein Schreibtisch, auf dem er etwa dreizehn Schriftrollen, hinterlassen hat. Er schrieb ausschließlich Lateinisch, in erkennbarer Hast, aber ohne Schlampigkeit. Überall Tintenklekse, doch der Text ist uneingeschränkt lesbar.

    »Ramses der Verdammte ist mein Name. Einstmals Ramses der Große von Ober- und Unterägypten, Bezwinger der Hetiter. Vater vieler Söhne und Töchter, der vierundsechzig Jahre über Ägypten geherrscht hat. Meine Denkmäler stehen noch. Die Bildsäulen schildern meine Siege, obschon tausend Jahre vergangen sind, seit man mich als sterbliches Kind aus dem Schoße barg.

    Oh, von der Zeit begrabener, garstiger Moment, da ich von einer Priesterin der Hetiter das verfluchte Elixier entgegennahm. Ihre Warnungen schlug ich in den Wind. Nach Unsterblichkeit stand mein Begehren. Und darum trank ich das Gebräu aus brodelnder Tasse. Und nun sind lange Jahrhunderte verstrichen – zwischen den Giften meiner verlorenen Königin verberge ich den Trank, den sie nicht von mir annehmen wollte – meine dem Untergang geweihte Kleopatra.«

    Julie hielt inne. Das Elixier unter diesen Giften verborgen?
    Nun ging ihr auf, was Samir gemeint hatte. Die Zeitungen hatten diesen Teil des Geheimnisses nicht enthüllt. Faszinierend.
    Diese Gifte verbergen eine Formel, die das ewige Leben ge-währt.
    »Aber wer würde ein solches Hirngespinst in die Welt setzen!«
    flüsterte sie.
    Sie stellte fest, daß sie die Marmorbüste der Kleopatra anstarrte. Unsterblichkeit. Warum wollte Kleopatra das Elixier nicht trinken? Also wirklich, jetzt fing sie doch tatsächlich an, es zu glauben! Sie lächelte.
    Sie blätterte die Seite des Tagebuchs um. Die Übersetzung wurde unterbrochen. Ihr Vater hatte nur geschrieben: Beschreibt weiter, wie Kleopatra ihn aus seinem traum-gequälten Schlaf geweckt hat, wie er sie unterrichtete, liebte, mit ansehen mußte, wie sie die römischen Anführer einen nach dem anderen verführte…

    »Ja«, flüsterte Julie, »Julius Cäsar zuerst, und dann Markus Antonius. Aber warum hat

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