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Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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lateinisch an. »Ich kann die Feuchtigkeit auch nicht leiden, großer König. Sie verursacht mir Schmerzen. Und darum gehe ich jetzt nach Hause und überlasse dich deinen Bewunderern.«
    Er wandte sich ab, stützte sich schwer auf den Gehstock und linderte so die Schmerzen in der Hüfte ein wenig. Er drehte sich nur einmal um. Und das Ding sah so robust aus. Fast, als hätte die ägyptische Hitze es überhaupt nicht ausgetrocknet.

    Daisy betrachtete das kleine Kollier, als Henry es ihr umlegte.
    Ihre Garderobe war voll von Blumen, Rotweinflaschen, Champagner auf Eis und anderen Geschenken, aber keines von einem so hübschen Mann wie Henry Stratford.
    »Ich finde, es sieht komisch aus«, sagte sie und legte den Kopf schief. Dünne Goldkette und ein kleiner Trinkbecher mit Farbe darauf, so sah es aus. »Woher hast du das nur?«
    »Es ist mehr wert als der Plunder, den du abgelegt hast«, sagte Henry lächelnd. Er sprach nuschelnd. Er war wieder betrunken. Und das bedeutete, er würde gemein sein. Oder sehr, sehr lieb. »Und jetzt komm, Täubchen, wir gehen zu Flint’s.
    Ich spüre, daß ich eine ungewöhnliche Glückssträhne habe.
    Beweg dich.«
    »Willst du etwa sagen, daß deine irre Cousine allein im Haus ist und der Sarg der Mumie offen im Salon steht?«
    »Wen interessiert das schon?« Er nahm die Silberfuchsstola, die er ihr geschenkt hatte, legte sie ihr um die Schultern und zog sie aus der Garderobe zum Bühneneingang.
    Als sie ins Flint’s kamen, war es dort brechend voll. Sie verabscheute den Qualm und den sauren Alkoholgeruch, aber es war immer schön, mit ihm hier zu sein, wenn er Geld hatte und aufgekratzt war; und jetzt küßte er sie sogar auf die Wange, während er sie zum Roulettetisch führte.
    »Du kennst die Regeln. Du stehst links von mir, und nur links.
    Das hat mir immer Glück gebracht.«
    Sie nickte. Seh sich einer die feinen Herren im Saal an, und die Frauen mit ihren Juwelen. Und sie mit diesem albernen Ding um den Hals. Es machte sie nervös.

    Julie zuckte zusammen. Was war das für ein Geräusch? Sie stellte fest, daß sie auf unbestimmte Art verlegen war, als sie allein in der dunklen Bibliothek stand.
    Es war niemand sonst hier, aber sie hätte schwören können, daß sie eine andere Person gehört hatte. Keine Schritte, nein.
    Nur die leisen kleinen Geräusche eines anderen, der ihr sehr nahe war.
    Sie sah zu der Mumie hin, die in ihrem Sarg schlummerte. Im Halbdunkel sah es aus, als wäre sie von einer dünnen Asche-schicht bedeckt. Und was für einen ernsten, brütenden Gesichtsausdruck sie hatte. Das war ihr bis jetzt noch gar nicht aufgefallen. Es sah eher so aus, als würde der Pharao mit einem Alptraum ringen. Sie konnte beinahe die Runzeln in der Stirn sehen.
    War sie jetzt froh, daß sie den Deckel nicht wieder aufgelegt hatten? Sie war sich nicht sicher. Aber es war zu spät. Sie hatte geschworen, die Sachen selbst nicht anzurühren. Au-
    ßerdem mußte sie ins Bett, denn sie war erschöpfter als jemals zuvor. Die alten Freunde ihres Vaters waren ewig geblieben. Und dann waren die Zeitungsleute hereingestürmt gekommen. Was für eine Frechheit! Dem Personal war es gelungen, sie hinauszuwerfen, doch zuvor hatten sie eine ganze Reihe Bilder von der Mumie gemacht.
    Und jetzt schlug die Uhr eins. Und es war niemand mehr da.
    Warum also zitterte sie? Sie ging rasch zur Eingangstür und wollte schon den Riegel vorschieben, als ihr Henry einfiel. Er sollte ihre Anstandsdame und ihr Beschützer sein. Seltsam, daß er kein anständiges Wort mit ihr gewechselt hatte, seit er zurückgekehrt war. Und er war eindeutig nicht oben in seinem Zimmer gewesen. Dennoch… Sie verriegelte die Tür nicht.

    Es war bitterkalt, als er auf die verlassene Straße trat. Er zog rasch die Handschuhe an.
    Hätte sie nicht schlagen sollen, dachte er. Aber sie hätte sich nicht einmischen dürfen, verdammt. Er wußte, was er machte.
    Er hatte sein Geld zehnmal verdoppelt! Und nur der letzte Wurf! Und dann, als er gesagt hatte, er würde einen Schuld-schein unterschreiben, hatte sie sich eingemischt! »Aber das darfst du nicht!«
    Nervtötend, wie sie ihn angesehen hatte. Er kannte seine Schulden. Er wußte, was er machte. Und Sharples, dieser Abschaum. Als hätte er Angst vor Sharples.
    Sharples war es, der jetzt aus einer Gasse vor ihn trat. Einen Augenblick war er nicht ganz sicher. Es war so dunkel. Nebel wallte dicht über dem Boden, aber im Lichtschein eines Fensters sah er dann das pockennarbige

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