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Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Zusammenhang.
    Sie enthielten etwas von Magie, Geheimnissen und natürlichen Ingredienzen, die auf völlig neue Weise gemischt wurden.
    Das also hatte Lawrence geglaubt. Und er hatte sich die Mühe gemacht, es in den alten Sprachen zu verstecken. Und was glaubte Elliott? Besonders im Lichte von Henrys Geschichte, wonach die Mumie zum Leben erwacht war?
    Er mußte wieder daran denken, daß er ein sehr dramatisches kleines Spiel spielte, daß Glaube ein Wort ist, das wir selten gründlich überdenken. Er, zum Beispiel, hatte sein ganzes Leben lang an die Lehre der Kirche von England »geglaubt«.
    Aber er dachte nicht einmal im Traum daran, nach seinem Ableben in den christlichen Himmel zu kommen, und ganz sicher nicht in die christliche Hölle. Er hätte nicht einen roten Heller auf die Existenz von Himmel und Hölle gesetzt.
    Eines jedenfalls stand fest. Wenn er wirklich gesehen hatte, wie die Mumie aus dem Sarg gestiegen war, wie Henry behauptete, würde er sich nicht benehmen wie Henry. Ein Mann ohne Phantasie, das war Henry. Vielleicht war seine mangeln-de Phantasie auch seine Tragik. Er kam zu dem Schluß, daß Henry ein Mann war, dem sich die Bedeutung der Dinge nicht erschloß.
    Elliott floh nicht vor dem Geheimnis, wie Henry es gemacht hatte, sondern verfiel ihm geradezu. Wäre er doch nur länger im Haus der Stratfords geblieben, wäre er doch nur ein wenig schlauer gewesen. Er hätte die Alabastergefäße untersuchen können, hätte eine der Schriftrollen mitnehmen können. Die arme kleine Rita hätte sich mit schlichtweg jeder Erklärung zufriedengegeben.
    Er wünschte, er hätte es versucht.
    Er wünschte sich auch, sein Sohn Alex müßte weniger leiden.
    Denn dies war bislang der einzige unerfreuliche Aspekt der ganzen geheimnisvollen Angelegenheit.

    Alex hatte den ganzen Tag versucht, Julie anzurufen. Er war mehr als beunruhigt über den Gast in Julies Haus, den er nur flüchtig durch die Tür des Wintergartens gesehen hatte – »ein Schrank von einem Mann, nun, jedenfalls ziemlich groß, mit blauen Augen. Ein recht… recht gutaussehender Bursche, aber auf jeden Fall zu alt, Julie den Hof zu machen!«
    Um acht Uhr hatte dann einer jener Freunde angerufen, die es ja so gut meinen und deshalb rund um die Uhr Gerüchte verbreiten. Man hatte Julie im Hotel Victoria mit einem hübschen und eindrucksvollen Fremden tanzen sehen. Waren Alex und Julie nicht verlobt? Alex war außer sich vor Sorge.
    Obwohl er den ganzen Nachmittag stündlich versucht hatte, Julie anzurufen, hatte sie nicht zurückgerufen. Schließlich hatte er seinen Vater angefleht, etwas zu unternehmen. Konnte Elliott der Sache nicht auf den Grund gehen?
    Ja. Elliott war entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Tatsächlich weckte die Angelegenheit erneut Elliotts Le-bensgeister. Er fühlte sich, wenn er seinen Tagträumen über Ramses den Großen und das Elixier nachhing, das zwischen den Giften versteckt war, fast wieder jung.
    Jetzt stand er von seinem gemütlichen Sessel am Kamin auf, achtete nicht auf die vertrauten Schmerzen und ging zum Schreibtisch, um einen Brief zu schreiben.

    Liebste Julie,
    man hat mir zugetragen, daß Du einen Gast beherbergst.
    Einen Freund Deines Vaters, so heißt es. Es wäre mir ein großes Vergnügen, diesen Mann kennenzulernen. Vielleicht kann ich ihm während seines Aufenthalts zu Diensten sein, und ich möchte mir die Gelegenheit auf gar keinen Fall ent-gehen lassen. Ich bitte Dich, ihn morgen abend zum gemeinsamen Dinner mitzubringen…

    Er steckte den fertigen Brief in einen Umschlag, klebte ihn zu und trug ihn in die Diele, wo er ihn auf ein silbernes Tablett legte, damit sein Diener Walter ihn am Morgen zustellen konnte. Dann hielt er inne. Natürlich wollte Alex, daß er das tat.
    Aber er tat es nicht für Alex, das wußte er. Und er wußte, wenn dieses Essen zustande kam, mußte Alex vielleicht noch mehr leiden, als er ohnehin schon litt. Andererseits, je früher Alex klar wurde… Er hörte auf. Er wußte nicht genau, was Alex klarwerden sollte. Er wußte nur, daß er selbst völlig in den Bann des Geheimnisses geraten war, das sich langsam vor ihm entfaltete.
    Er hinkte linkisch zum Haken hinter der Treppe, nahm den schweren Sergemantel und ging zur Seitentür des Hauses hinaus auf die Straße. Vier Autos parkten dort.
    Aber der Lancia Theta mit dem elektrischen Anlasser war der einzige, mit dem er fuhr. Und es war ein ganzes Jahr vergangen, seit er sich dieses außergewöhnliche

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