Die Mumie
Du wirst an Bord dieses Schiffes gehen.
Und du wirst deine Cousine im Auge behalten und darauf achten, daß sie sich nicht mit diesem erschreckend gutaussehen-den Ägypter einläßt! Und du wirst mich über alles auf dem laufenden halten.«
Randolph holte einen schmalen weißen Umschlag aus der Brusttasche. Er legte ihn auf den Nachttisch. In dem Umschlag befand sich ein dickes Geldbündel. Soviel konnte Henry erkennen. Sein Vater stand auf, um zu gehen.
»Und kable mir nicht aus Kairo, daß du pleite bist. Halt dich von Spieltischen und Bauchtänzerinnen fern. Ich erwarte binnen einer Woche einen Brief oder ein Telegramm.«
Hancock war außer sich.
»Nach Ägypten abgereist!« bellte er ins Telefon. »Aber die gesamte Sammlung befindet sich noch in dem Haus! Wie konnte sie das nur tun!«
Mit einer Geste brachte er den Angestellten zum Schweigen, der ihn stören wollte. Dann knallte er den Hörer auf die Gabel zurück.
»Sir, die Reporter sind wieder hier wegen der Mumie.«
»Der Teufel soll die Mumie holen. Diese Frau ist verreist und hat den Schatz in ihrem Wohnzimmer zurückgelassen wie eine Puppensammlung!«
Elliott stand neben Julie und Ramsey an der Reling und sah, wie Alex weit unten an der Gangway seine Mutter zum Abschied küßte.
»Aber ich bin doch nicht hier, um dich zu bewachen«, sagte Elliott zu Julie. Alex umarmte seine Mutter noch einmal, dann eilte er an Bord. »Ich möchte nur in der Nähe sein, falls du mich brauchst. Bitte sei nicht so böse.«
Herrgott, es war ihm ernst. Es tat ihm weh, ihren Gesichtsausdruck zu sehen.
»Aber Henry, warum, um alles in der Welt, ist Henry mitge-kommen? Ich will Henry nicht bei uns haben.«
Henry war erst vor einem Augenblick ohne ein anständiges Wort zu irgend jemandem an Bord gekommen. Er hatte blaß und verkatert und ebenso elend ausgesehen wie am Tag zuvor.
»Ja, ich weiß«, seufzte Elliott. »Aber, meine Liebste, er ist dein nächster Verwandter, und…«
»Laß mir Platz zum Atmen, Elliott. Du weißt, ich liebe Alex. Ich habe ihn immer geliebt. Aber eine Ehe mit mir ist vielleicht nicht zu seinem Besten. Daraus habe ich nie einen Hehl gemacht.«
»Ich weiß, Julie, ich weiß, glaub mir. Aber dein Freund…« Er deutete auf Ramsey, der sämtliche Geschehnisse im Hafen sichtlich aufgeregt verfolgte. »Wie sollen wir uns keine Sorgen machen? Was sollen wir tun?«
Sie konnte ihm nicht widerstehen. Das war schon immer so gewesen. Eines Nachts vor mehreren Monaten, als sie zuviel Champagner getrunken und zuviel getanzt hatte, hatte sie Elliott gestanden, daß sie mehr in ihn als in Alex verliebt war.
Wäre er frei gewesen und hätte um ihre Hand angehalten, hätte sie ja gesagt. Alex hatte das Ganze selbstverständlich für einen Scherz gehalten. Aber in ihren Augen war ein seltsamer Ausdruck gewesen, der Elliott über alle Maßen ge-schmeichelt hatte. Und nun lag in ihren Augen wieder dieser Ausdruck. Was für ein Lügner er doch war. Was für ein gott-verdammter Lügner.
»Na gut, Elliott«, sagte sie. Sie küßte ihn auf die Wange. »Ich will Alex nicht weh tun«, flüsterte sie.
»Natürlich nicht, Darling«, sagte er. »Natürlich nicht.«
Die Schiffssirene gab ein lautes Heulen von sich. Der letzte Aufruf für die Passagiere, an Bord zu gehen. In den Kabinen wurden letzte Küsse ausgetauscht, ein unablässiger Strom von Gästen ging an Land.
Plötzlich kam Ramsey auf sie zugestapft. Er wirbelte Julie herum, als wäre er sich seiner Kräfte gar nicht bewußt. Verblüfft sah sie ihn an.
»Spürst du sie, Julie, die Vibrationen. Ich muß diese Motoren sehen.«
Ihr Gesicht wurde auf der Stelle sanfter. Es war, als wäre seine Aufregung ansteckend.
»Aber gewiß doch. Elliott, bitte entschuldige mich. Ich muß Ramse… ich meine Mr. Ramsey… in den Maschinenraum bringen, falls das erlaubt ist.«
»Wenn du mir gestattest«, sagte Elliott liebenswürdig und winkte einen jungen Offizier in gestärkter weißer Uniform herbei, der gerade an Deck gekommen war.
Alex war bereits am Auspacken, als Elliott den kleinen Salon zwischen ihren Kabinen betrat. Zwei Überseetruhen standen offen im Raum. Walter ging mit verschiedenen Kleidungsstükken hin und her.
»Ist das nicht schön?« fragte Elliott, der jetzt die kleine Couch, die Sessel, das Bullauge betrachtete. Es war wenig Zeit gewesen, für angemessene Unterbringung zu sorgen, und zuletzt hatte Edith selbst eingegriffen und sich um alles gekümmert. »Du siehst müde aus, Vater. Ich
Weitere Kostenlose Bücher