Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
herausfordernd.
    »Ich würde Sie gerne kennenlernen«, gestand Elliott plötzlich.
    »Ich… ich würde gern… von Ihnen lernen.« Er zögerte. Wieder fixierten ihn die blauen Augen. »Vielleicht finden wir in Kairo oder Alexandria Zeit, miteinander zu reden. Vielleicht kommen wir uns aber auch schon an Bord des Schiffes nä-
    her.«
    »Sie reisen nach Ägypten?« fragte Ramsey.
    »Ja.« Er ging höflich an Ramsey vorbei in den Salon. Er stellte sich neben Julie, die gerade noch eine Bankvollmacht für ihren Onkel unterschrieben hatte, die sie ihm nun in die Hand drück-te.
    »Ja«, sagte Elliott. Während er sich zu Ramsey umdrehte, fuhr er so laut fort, daß die anderen es hören konnten. »Alex und ich fahren beide. Ich habe gleich nach Julies Anruf eine Überfahrt auf demselben Schiff gebucht. Wir würden nicht im Traum daran denken, sie allein reisen zu lassen, nicht wahr, Alex?«
    »Elliott, ich hatte nein gesagt«, meinte Julie.
    »Vater, ich habe gar nicht gewußt…«
    »Ja, Teuerste«, sagte Elliott zu Julie, »aber nein lasse ich als Antwort nicht gelten. Außerdem könnte dies die letzte Gelegenheit für mich sein, Ägypten noch einmal zu sehen. Und Alex ist noch nie dort gewesen. Du wirst uns doch sicher die Freude nicht nehmen. Gibt es einen Grund dafür, weshalb wir nicht alle reisen sollten?«
    »Ja, ich glaube, ich sollte es einmal sehen«, sagte Alex, der inzwischen vollkommen verwirrt war.
    »Nun, deine Truhe ist gepackt und auf dem Weg«, sagte Elliott. »Komm jetzt, sonst verpassen wir sozusagen alle den An-schluß.«
    Julie sah ihn voll stummer Wut an.
    Ramsey lachte leise hinter ihm.
    »Also reisen wir alle nach Ägypten«, sagte er. »Das finde ich überaus interessant. Wir werden uns an Bord unterhalten, Lord Rutherford, wie Sie vorgeschlagen haben.«
    Randolph sah auf, nachdem er die Bankvollmacht in die Manteltasche gesteckt hatte.
    »Nun, damit ist ja alles geklärt, oder nicht? Angenehme Reise, Darling.« Er küßte seine Nichte zärtlich auf die Wange.
    Wieder der Traum, aber er konnte nicht aufwachen. Er drehte sich in Daisys Bett herum und vergrub sich im kratzigen Spitzenkissen mit seinem erstickenden Parfüm. »Nur ein Traum«, sagte er sich, »das muß aufhören.« Aber er sah die Mumie auf sich zukommen, lange Stoffbandagen schleiften an ihren Fü-
    ßen. Er spürte, wie sich die Finger um seinen Hals legten.
    Er wollte schreien, konnte aber nicht. Er erstickte, der Geruch der schmutzigen Bandagen würgte ihn.
    Er wälzte sich herum, schlug nach der Bettdecke und spürte plötzlich, wie sich eiserne Finger um seine Faust schlossen.
    Als er die Augen aufschlug, sah er das Gesicht seines Vaters.
    »O Gott«, flüsterte er. Er sank auf das Kissen zurück. Noch einmal umfing ihn der Traum, aber er erzitterte und betrachtete dann wieder seinen Vater, der am Bett stand.
    »Vater«, stöhnte er. »Was machst du hier?«
    »Dasselbe könnte ich dich fragen. Steh auf und zieh dich an.
    Deine Truhe wartet unten mit einem Taxi, das dich zu den Docks von P und O bringen wird. Du fährst nach Ägypten.«
    »Von wegen!« War dies bereits ein neuer Alptraum?
    Sein Vater nahm den Hut ab und setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett. Als Henry nach Zigarre und Streichhölzern griff, schlug sein Vater sie ihm aus der Hand.
    »Hol dich der Teufel«, flüsterte Henry.
    »Hör mir jetzt gut zu. Ich habe alles wieder in der Hand, und so soll es auch bleiben. Deine Cousine Julie und ihr geheimnisvoller ägyptischer Freund brechen heute nachmittag nach Alexandria auf. Elliott und Alex begleiten die beiden. Du wirst ebenfalls an Bord dieses Schiffes sein, hast du verstanden?
    Du bist Julies Cousin und daher der einzige standesgemäße Begleiter. Und du wirst dafür sorgen, daß alles rechtens bleibt und Julies Hochzeit mit Alex Savarell nicht gefährdet wird. Und du wirst darauf achten… du wirst darauf achten, daß dieser Mann, wer immer er auch sein mag, dem einzigen Kind meines Bruders nichts antut.«
    »Dieser Mann! Du mußt von Sinnen sein, wenn du denkst, daß…«
    »Und du bist enterbt und mittellos, wenn du nicht gehorchst!«
    Randolph senkte die Stimme und beugte sich nach vorne. »Es ist mein Ernst, Henry. Ich habe dir dein ganzes Leben lang gegeben, was du gewollt hast. Aber wenn du dich jetzt nicht zusammenreißt und diese verdammte Sache bis zum Ende durchstehst, werde ich dich aus dem Aufsichtsrat von Stratford Shipping entfernen lassen. Ich werde dein Gehalt und auch sonst alles streichen.

Weitere Kostenlose Bücher