Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
Vom Netzwerk:
immer noch zwei Treppen und zwei Haustüren. So, da wären wir.« Sie stellte den Seesack hin und prüfte den sorgfältig hergerichteten Raum, um sich zu vergewissern, daß sie an alles gedacht hatte. Es sah sehr hübsch aus. Der weiße Teppich, der fast das ganze Zimmer einnahm, war neu, aber alles andere kam aus der Oakley Street. Die beiden identischen Betten mit den polierten runden Kopfenden und der Vorhang mit dem Rosenmuster, der nicht zu den Tagesdecken paßte. Die kleine Frisierkommode aus Mahagoni und die Stühle mit den gebrauchten Lehnen. Sie hatte weiße Narzissen in eine Porzellanvase gestellt und ein Bett zum Schlafen vorbereitet, so daß man das schneeweiße Laken und rosa Decken sah. »Das ist dein Schrank, und hinter der anderen Tür ist das Bad. Noels Zimmer ist dahinter, und du wirst das Bad mit ihm teilen müssen, aber wenn es gerade besetzt ist, kannst du zum anderen Ende des Hauses kommen und meines benutzen. Und.« Sie sah Antonia an. »Was möchtest du als erstes tun? Ein Bad nehmen? Laß dir Zeit.«
    »Nein, ich wasch mir nur schnell die Hände und mach mich ein bißchen frisch, wenn ich darf. Dann komme ich runter.«
    Unter ihren Augen waren tiefe Schatten. Penelope sagte: »Du mußt sehr müde sein.«
    »Ja, das stimmt. Es ist wie ein schrecklicher Jet-lag. Ich habe noch nicht meinen inneren Rhythmus wiedergefunden.«
    »Jetzt hast du Zeit, zu dir selbst zu finden. Du brauchst nicht mehr woandershin zu gehen, jedenfalls nicht, ehe du es selbst willst.
    Komm runter, wenn du soweit bist, dann kann Noel dir etwas zu trinken machen.«
    Sie ging zurück in die Küche, wo Noel vor einem Whisky, der Farbe nach mit sehr wenig Soda, am Tisch saß und Zeitung las. Sie schloß die Tür hinter sich, und er blickte auf. »Alles in Ordnung?«
    »Das arme Kind, sie scheint vollkommen fertig zu sein.«
    »Ja. Sie hat auf der Fahrt kaum geredet. Ich dachte, sie schliefe, aber sie war wach.«
    »Sie hat sich überhaupt nicht verändert. Ich glaube, sie war das hübscheste und netteste kleine Mädchen, das ich je gekannt habe.«
    »Du solltest mich nicht auf dumme Gedanken bringen.«
    Sie sah ihn mißtrauisch an. »Benimm dich bitte, Noel. Wenigstens, solange du hier bist.«
    Er setzte eine Unschuldsmiene auf. »Was meinst du damit?«
    »Du weißt sehr gut, was ich meine.«
    Er ließ sich nicht die Laune verderben und grinste breit. »Wenn ich all den alten Kram vom Dachboden geschleppt habe, werde ich so erschöpft sein, daß ich nur noch in mein eigenes Bett fallen kann.«
    »Das will ich hoffen.«
    »Oh, hör auf, Ma, du scheinst nicht zu wissen, daß sie nicht mein Typ ist. Weiße Augenwimpern machen mich nun mal nicht an.
    Ich denke dabei sofort an Kaninchen. Ich sterbe vor Hunger. Wann essen wir?«
    »Wenn Antonia herunterkommt.« Sie öffnete die Backofentür und sah nach, ob die Schäferpastete den richtigen Bräunegrad erreicht hatte. Sie sah sehr lecker aus. Sie klappte die Tür wieder zu. Noel sagte: »Was sagst du zu der Versteigerung letzten Mittwoch? Die Wasserträgerinnen?«
    »Ich hab’s dir doch schon gesagt. Ich kann es kaum glauben.«
    »Hast du schon beschlossen, was du machen wirst?«
    »Muß ich etwas machen?«
    »Tu nicht so begriffsstutzig. Sie haben fast eine Viertelmillion gebracht! Du hast drei Lawrence Sterns, und zumindest der finanzielle Aspekt ändert die Situation von Grund auf. Ich nehme an, die Bilder sind so ungenügend versichert, daß du vielleicht ein paar hundert bekommen wirst, wenn sie gestohlen werden. Tu bitte, was ich dir neulich gesagt habe. Laß sie von einem Experten schätzen, und wenn du sie auch dann noch nicht verkaufen willst, laß sie wenigstens ausreichend versichern. Jeder kleine Strolch könnte hier eines Tages reinspazieren, wenn du draußen in deinen Rosenbeeten bist, und sich mit ihnen aus dem Staub machen. Sei ein bißchen vernünftig.«
    Sie betrachtete ihn über den Tisch hinweg und empfand Dankbarkeit für die ungewohnte Fürsorge, doch zugleich hatte sie den Verdacht, daß ihr Sohn - der soviel Ähnlichkeit mit seinem Vater hatte - irgend etwas im Schilde führte. Er begegnete ihrem Blick mit seinen klaren blauen Augen, aber sie war nicht überzeugt. Zuletzt sagte sie: »Meinetwegen, ich werde darüber nachdenken. Aber ich werde Die Muschelsucher niemals verkaufen, denn sie gehören irgendwie zu meinem Leben und sollen mir auch weiterhin Freude und Trost schenken, so wie früher. Sie sind alles, was mir von früher geblieben ist, von meiner

Weitere Kostenlose Bücher