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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Kindheit in Cornwall und Porthkerris.«
    Er machte ein besorgtes Gesicht. »Also, hört euch diese schluchzenden Geigen an. Es sieht dir gar nicht ähnlich, daß du auf einmal rührselig wirst.«
    »Ich bin nicht rührselig. Es ist nur, daß ich mich seit einiger Zeit danach sehne, es noch einmal wiederzusehen. Es hat etwas mit dem Meer zu tun. Ich möchte das Meer wiedersehen. Warum auch nicht? Nichts hindert mich daran, es zu tun. Ich kann jederzeit für ein paar Tage hinfahren.«
    »Bist du sicher, daß das klug ist? Ist es nicht besser, es so in Erinnerung zu behalten, wie es damals war? Alles ändert sich, aber nicht zum Besseren.«
    »Das Meer ändert sich nicht«, widersprach Penelope störrisch. »Du kennst dort niemanden mehr.«
    »O doch, ich kenne Doris. Ich könnte bei ihr wohnen.«
    »Doris?«
    »Sie war die Evakuierte, die Anfang des Krieges bei uns eingezogen ist. Sie hat lange in Cam Cottage gewohnt und ist später nicht nach Hackney zurückgegangen. Sie ist in Porthkerris geblieben. Wir schreiben uns immer noch, und sie hat mich oft eingeladen, zu kommen und bei ihr zu wohnen.« Sie hielt inne, um ihren Sohn dann unvermittelt zu fragen: »Würdest du mit mir kommen?«
    »Mit dir kommen?« Er war so erschrocken über den Vorschlag, daß er sich keine Mühe gab, sein Staunen zu verbergen. »Dann hätte ich Gesellschaft.« Es klang ein wenig sentimental, fast so, als litte sie unter Einsamkeit. Sie versuchte es anders herum. »Und es könnte sehr interessant für dich sein. Ich bedaure nicht viele Dinge in meinem Leben, aber ich bedaure, daß ich nie mit euch allen nach Porthkerris gefahren bin, als ihr noch klein wart. Ich weiß nicht. Es kam einfach immer etwas dazwischen.« Eine gewisse Verlegenheit breitete sich zwischen ihnen aus. Noel beschloß, es scherzhaft zu sehen. »Ich bin ein bißchen zu alt dafür, Sandburgen zu bauen.«
    Seine Mutter fand das nicht sehr lustig. »Es gibt andere Dinge, die wir tun könnten.«
    »Zum Beispiel?«
    »Ich könnte dir Cam Cottage zeigen, wo wir so lange gewohnt haben. Und das Atelier deines Großvaters. Das kleine Museum, das er gründete. Du scheinst dich ja auf einmal für seine Bilder zu interessieren, und ich dachte, du interessierst dich vielleicht auch dafür, wo alles anfing, und möchtest es sehen.«
    Manchmal versetzte sie einem einen unerwarteten Schlag dieser Art unter die Gürtellinie. Noel trank einen Schluck Whisky und überlegte fieberhaft. »Wann würdest du fahren?«
    »Oh. Bald. Ehe der Frühling vorbei ist. Ehe der Sommer kommt.«
    Er war unsäglich erleichtert, eine hieb- und stichfeste Entschuldigung zu haben. »In der Zeit kann ich auf keinen Fall weg.«
    »Nicht mal für ein verlängertes Wochenende?«
    »Ma, wir stecken bis über die Ohren in Arbeit, und ich kann frühestens im Juli Urlaub nehmen.«
    »Ach. Na ja, dann geht es eben nicht.« Er atmete auf, als sie das Thema fallenließ. »Würdest du bitte so nett sein und eine Flasche Wein aufmachen?«
    Er stand auf. Er kam sich ein bißchen schuldig vor. »Tut mir leid, Ma. Ich wäre gerne mitgekommen.«
    »Ich weiß«, antwortete sie. »Ich weiß.«
    Als Antonia wieder nach unten kam, war es Viertel vor zehn. Noel schenkte Wein ein, und sie setzten sich hin und aßen die Schäferpastete, selbstgemachten Obstsalat und Cracker und Käse. Dann machte Noel sich Kaffee und verschwand damit nach oben, nachdem er erklärt hatte, er wolle sich einen Überblick verschaffen, ehe er morgen früh mit dem Ausräumen anfinge. Als er gegangen war, stand Antonia ebenfalls auf und begann den Tisch abzuräumen, aber Penelope hob die Hand. »Laß das, das ist nicht nötig. Ich tue nachher alles in die Spülmaschine. Es ist fast elf, und du mußt vor Müdigkeit umfallen. Vielleicht möchtest du jetzt gern baden?«
    »Ja. Ich weiß nicht, warum, aber ich komme mir schrecklich schmutzig vor. Ich glaube, es muß damit zusammenhängen, daß ich in London gewesen bin.«
    »Mir geht es auch immer so, wenn ich dort war. Laß so viel heißes Wasser einlaufen, wie du willst, und genieße es.«
    »Es war ein sehr gutes Essen. Danke.«
    »O Liebes.« Penelope war gerührt und fand plötzlich keine Worte mehr. Obgleich es so vieles zu sagen gab. »Wenn du im Bett bist, schaue ich vielleicht kurz bei dir rein und sage gute Nacht.«
    »Oh, wirklich?«
    »Bestimmt.«
    Als sie oben war, räumte Penelope langsam das Geschirr ab, tat es in die Spülmaschine, stellte die Milchflasche nach draußen, deckte den

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