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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Mannes verlor.
    Und dann, im August, als Penelope sich mit der Tatsache abgefunden hatte, daß nie wieder etwas Aufregendes passieren würde, geschah etwas.
    Es waren die Jungen, Ronald und Clark, die als erste davon erzählten, daß sich in Porthkerris etwas tat. Sie kamen eines Tages früher als sonst von der Schule zurück und waren wütend, weil ihr nachmittägliches Fußballspiel ausgefallen war. Offenbar durften sie den Gemeinderugbyplatz oben auf dem Hügel nicht mehr benutzen. Er war zusammen mit zwei von Willie Pendervis’ besten Weiden requiriert worden, und nun zäunten Soldaten das ganze Gelände mit Kilometern von Stacheldraht ein, und niemand durfte es mehr betreten. Der Grund dafür war Gegenstand mannigfacher Spekulationen. Einige behaupteten, es solle als Waffendepot für die Zweite Front dienen. Andere sprachen von einem Gefangenenlager oder aber von einer großen Funkstation, die Mr. Roosevelt verschlüsselte Geheimbotschaften übermitteln solle. Im Ort liefen, kurz gesagt, Dutzende von Gerüchten um. Doris überbrachte die nächste Nachricht, die auf geheimnisvolle kriegerische Aktivitäten schließen ließ. Sie kam von einem Spaziergang auf der Landstraße zurück und platzte aufgeregt ins Haus. »Das alte White Caps Hotel, du weißt ja, es hat seit Monaten leer gestanden. Also, es ist von oben bis unten hergerichtet worden. Frisch gestrichen und alles blitzsauber, und der Parkplatz ist voll von Lastern und diesen amerikanischen Dingern, diesen Jeeps, und am Tor hält ein umwerfender Junge von der Königlichen Marineinfanterie Wache. Wirklich. Königliche Marineinfanterie. Ich habe das Abzeichen an seiner Mütze gesehen. Stell dir vor, Soldaten! Sie werden endlich wieder etwas Leben in dieses verschlafene Nest bringen.«
    »Königliche Marineinfanterie? Was wollen die denn hier?«
    »Vielleicht bereiten sie sich darauf vor, den Kontinent einzunehmen. Glaubst du, es könnte der Anfang von der Zweiten Front sein?«
    Penelope hielt es für unwahrscheinlich. »Den Kontinent von Porthkerris aus einnehmen? O Doris, sie werden spätestens bei Land’s End alle ertrinken.«
    »Aber irgendwas muß los sein.«
    Und dann verlor Porthkerris über Nacht seinen Nordanleger. Ein neuer Stacheldrahtverhau wurde gezogen, der die Hafenstraße genau hinter dem Sliding Tackle abschnitt, und alles, was dahinter lag, auch der Fischmarkt und die Hütte der Heilsarmee, wurde zum Admiralitätsbesitz erklärt. Die Fischer mußten ihre im tieferen Wasser am Ende des Anlegers liegenden Kutter entfernen, und die Plätze wurden von zehn oder zwölf Landungsbooten eingenommen. Eine Handvoll Marineinfanteristen mit grünen Kampfuniformen und Baskenmützen wachte über das Ganze, aber im Ort selbst traten die Männer praktisch nicht in Erscheinung. Trotzdem erregte ihre Anwesenheit Aufsehen, und noch immer hatte niemand eine plausible Erklärung gefunden, worum es überhaupt ging. Sie erfuhren es erst in der dritten Augustwoche. Seit einigen Tagen herrschte ungewöhnlich schönes Wetter, strahlender Sonnenschein und eine angenehme leichte Brise. Penelope und Lawrence waren an jenem Morgen hinausgegangen, und sie hockte nun auf der Schwelle und palte Erbsen für das Mittagessen, während er, die Krempe seines Huts über die Augen gezogen, um nicht in die grelle Sonne sehen zu müssen, in einem Liegestuhl auf dem Rasen saß. Sie waren beide in ihre Beschäftigung - oder Gedanken - vertieft, als sie plötzlich ein Geräusch hörten. Das untere Tor war geöffnet und wieder geschlossen worden. Beide blickten auf, und dann beobachteten sie, wie General Watson-Grant die Feldsteinstufen zwischen den Fuchsienhecken heraufkam. Colonel Trubshot war für den Zivilluftschutz in Porthkerris verantwortlich, während General Watson-Grant die lokale Bürgerwehr kommandierte. Lawrence verabscheute Colonel Trubshot, hatte aber immer Zeit für den General, der den größten Teil seines Offizierslebens in Quetta verbracht und sich dort mit kriegerischen Afghanen herumgeschlagen hatte, nach seiner Versetzung in den Ruhestand jedoch allem militärischen Gehabe entsagt und sich friedlicheren Beschäftigungen zugewandt hatte. Er besaß eine bemerkenswerte Briefmarkensammlung und gärtnerte eifrig. Heute trug er nicht seine Bürgerwehruniform, sondern einen cremefarbenen Drillichanzug, der sicher von einem Schneider in Delhi stammte, und einen alten Panamahut mit einem verblichenen schwarzen Seidenband. Er hatte einen Spazierstock, und als er aufblickte

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