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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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nett, diesen jungen Mann kennenzulernen. Nett, mit ihm zu reden. Ich habe lange Zeit nicht mehr so geredet. Lange Zeit. Wir werden ihn irgendwann zum Essen einladen, ja? Ich würde ihn gern wiedersehen.«
    »Ja, natürlich.«
    »Wir überreden Ernie, ein paar Tauben für uns zu schießen. Er wird Tauben mögen.« Die Augen fielen ihm wieder zu. Sie ließ ihn allein.
    Ende August war die Ernte eingebracht, die US-Ranger hatten das Lager oben auf dem Hügel in Besitz genommen, und das Wetter war umgeschlagen.
    Die Ernte war gut gewesen, und die Farmer waren rundum zufrieden. Das Landwirtschaftsministerium würde ihnen sicher sein Lob aussprechen. Was die amerikanischen Truppen betraf, so drückten sie Porthkerris ihren Stempel lange nicht so sehr auf, wie viele Leute befürchtet hatten. Düstere Prophezeiungen eifriger Kirchgänger trafen nicht ein, und es gab keine Betrunkenen, keine Schlägereien und keine Vergewaltigungen. Sie schienen im Gegenteil ausnehmend gute Manieren zu haben. Die jungen und kräftigen Männer mit dem Bürstenschnitt schritten, mit Tarnjacke und roter Baskenmütze angetan, mit ihren gummibesohlten Stiefeln durch die Gassen, und abgesehen von ein paar lauten Pfiffen und Verbrüderungsszenen mit den Kindern, deren Taschen bald voll von Schokolade und Kaugummi waren, wirkte ihre Anwesenheit sich kaum auf das tägliche Leben des kleinen Ortes aus. Sie hatten, vielleicht aus Sicherheitsgründen, Befehl, sich zurückzuhalten, und legten den Weg zwischen dem Lager und dem Hafen auf den Ladepritschen von Truppentransportern zusammengepfercht zurück, wenn sie nicht Jeeps mit Anhängern fuhren, die mit Seilen, Steigeisen und Kanthaken beladen waren. Sie begrüßten dann jedes weibliche Wesen, das zufällig vorbeikam, pflichtschuldigst mit Pfiffen, als wollten sie dem wüsten Ruf gerecht werden, der ihnen vorausgeeilt war; doch als einige Tage verstrichen waren und ihr anstrengendes Ausbildungsprogramm seinen Fortgang nahm, stellte sich heraus, daß General Watson-Grant recht gehabt hatte: Die Männer, die den ganzen Tag auf der kabbeligen See oder an den beängstigenden Klippen von Boscarben zubrachten, hatten abends nach der Rückkehr keinen anderen Gedanken mehr als den an eine heiße Dusche, Essen und Schlaf.
    Ihre Lage wurde dadurch erschwert, daß sich das Wetter nach wochenlangem Sonnenschein von seiner schlechtesten Seite zeigte. Der Wind drehte auf Nordwest, das Barometer fiel, und die niedrigen grauen Wolken, die vom Meer heranzogen, brachten heftige Regengüsse mit. Die nassen Pflastersteine der Straßen im Ort glänzten wie Fischschuppen, und das Abflußwasser in den Rinnsteinen verwandelte sich mehrmals am Tag in kleine Bäche, die durchweichte Abfälle mit sich führten. In Cam Cottage ähnelten die Blumenrabatten bald graugrünen Feuchtbeeten, weil der Wind alle Blüten abwehte, ein alter Baum verlor einen Ast, und in der Küche hing nasse Wäsche, weil dies der einzige Platz war, wo man sie trocknen konnte. Wie Lawrence bemerkte, als er aus dem Fenster blickte, reichte es, um selbst die größte innere Hitze zum Erlöschen zu bringen. Das Meer war grau und zornig. Lange Brecher wurden über den Nordstrand gepeitscht und hinterließen weit oberhalb der normalen Hochwasserlinie einen neuen Saum von Treibgut. Zu dem Treibgut gehörten diesmal ungewohnte, interessante Objekte, die traurigen Überreste eines Handelsschiffes, das vor Wochen oder Monaten irgendwo weit draußen im Atlantik von einem Torpedo getroffen und versenkt worden war. Die Meeresströmungen und die vorherrschenden Winde hatten einige Teile der Ladung und Ausrüstung - zwei Schwimmwesten, einige zerbrochene Decksplanken und eine Reihe von Kisten - schließlich hierher nach Cornwall getrieben.
    Ernie Penberths Vater, der schon am frühen Morgen mit seinem Gemüsewagen unterwegs war, entdeckte sie als erster. Um elf Uhr erschien Ernie dann an der Hintertür von Cam Cottage. Penelope schälte gerade Äpfel und sah ihn klitschnaß in der Tür stehen. Von seinem schwarzen Ölzeug troff Wasser, und die wollene Pudelmütze hatte sich vollgesogen, aber er grinste über das ganze Gesicht.
    »Möchtest du ein paar Dosen Pfirsiche, ja?«
    »Pfirsiche? Du willst mich wohl auf den Arm nehmen.«
    »Dad hat zwei Kisten voll im Laden. Er hat sie unten am Nordstrand gefunden und mitgenommen und aufgemacht. Pfirsiche aus Kalifornien. Schmecken wie frischgepflückt.«
    »Ein Geschenk des Himmels! Kann ich wirklich ein paar haben?«
    »Er hat

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