Die Muschelsucher
endlich die Zufahrt hochführen, zwischen hohen Hortensienbüschen, sahen wir sofort, daß uns ein Leben im Luxus erwartete. Vor dem Eingang parkten ein Rolls-Royce und drei Mercedes, und ein livrierter Träger kümmerte sich um unser Gepäck. Danus nennt es unser Fluchtgepäck, weil die Koffer alle abgewetzt und schäbig sind.
Penelope tat sofort so, als wäre all das ganz selbstverständlich. Mit »all das« meine ich enorm dicke Teppiche, Swimmingpools, Jacuzzis, Fernseher am Bett, große Schalen mit frischem Obst und überall Blumen. Das Bettzeug und die Handtücher werden jeden Tag gewechselt. Unsere Zimmer liegen nebeneinander und haben einen kleinen Balkon, von dem aus man den Garten und das Meer sieht. Ab und zu treten wir hinaus und plaudern miteinander. Wie in Intimitäten von Noel Coward. Im Speisesaal kommt man sich vor wie im teuersten Luxusrestaurant von London. Ich werde sicher bald so tun, als hätte ich mein Leben lang nichts anderes als Austern, Hummer, frische Erdbeeren, dicke Cornwall-Sahne und Filetsteaks gegessen. Es ist sehr gut, daß wir Danus bei uns haben, weil er uns immer fachmännisch berät, was wir zu welchem Gericht trinken sollen. Er scheint sehr viel von Wein zu verstehen, aber er selbst trinkt nie. Warum, weiß ich nicht, ebensowenig weiß ich, warum er nicht Auto fährt.
Es gibt jede Menge zu tun. Heute morgen sind wir in den Ort hinuntergefahren, und die erste Station war Cam Cottage, wo Deine Mutter früher gelebt hat. Leider war es sehr traurig, weil es wie so viele andere Häuser hier in ein Hotel verwandelt worden ist, die alte Mauer ist abgerissen worden, und sie haben den größten Teil des Gartens planiert und einen Parkplatz daraus gemacht. Aber wir gingen zu dem Teil, der vom Garten übriggeblieben ist, und eine Dame vom Hotel brachte uns Kaffee. Penelope erzählte uns, wie es früher war und wie ihre Mutter all die schönen alten Rosen gepflanzt und die Glyzinie gesetzt hat, und dann erzählte sie, wie sie bei einem Luftangriff in London ums Leben gekommen ist. Ich hatte es nicht gewußt. Als ich es hörte, hätte ich fast geweint, aber ich tat es nicht, ich nahm sie einfach in die Arme, weil ihre Augen von Tränen glänzten und weil mir einfach nichts anderes einfiel. Danach fuhren wir in die Altstadt und gingen in das Museum, um uns Die Muschelsucher anzusehen. Das Museum ist nicht groß, aber es ist ein sehr schönes altes Haus mit weißgetünchten Wänden und einem riesigen Oberlicht nach Norden. Sie haben Die Muschelsucher an den besten Platz gehängt, und sie schwimmen förmlich in dem strahlend hellen und kalten Licht von Porthkerris, wo sie gemalt worden sind. An der Kasse saß eine ältere Dame. Ich glaube, sie konnte sich nicht an Penelope erinnern, aber sie wußte sehr wohl, wer sie war, und behandelte sie wie eine Königin. Es scheint überhaupt nicht mehr viele Leute zu geben, die Deine Mutter damals gekannt hat und an die sie sich erinnert. Doris ist natürlich die große Ausnahme. Sie will sie morgen nachmittag besuchen. Sie freut sich schon darauf und ist ganz aufgeregt. Und Sonnabend wollen wir in Richtung Land’s End fahren und an den Klippen von Penjizal ein Picknick machen. Das Hotel verkauft fertige Picknicks in hübschen bunten Schachteln, komplett mit Messer und Gabel, aber Penelope will nichts davon wissen, und so werden wir unterwegs irgendwo halten und frisches Brot, Butter, Pate, Tomaten und Obst und eine Flasche Wein kaufen. Wenn es so warm bleibt, werden Danus und ich bestimmt auch baden. Montag wollen Danus und ich dann zur Südküste nach Manaccan fahren, wo ein gewisser Everard Ashley eine Gärtnerei hat. Danus war mit ihm auf der Gartenbauschule, und er möchte sich die Gärtnerei ansehen und sich vielleicht ein paar Anregungen holen. Irgendwann will er einmal das gleiche machen, aber es ist schwierig, man braucht eine Menge Anfangskapital dafür, und er hat noch nichts. Wie dem auch sei, es ist immer gut, von anderen Leuten zu lernen, und außerdem wird es Spaß machen, dorthin zu fahren und einen anderen Teil dieser herrlichen Gegend zu sehen.
All dem wirst Du entnehmen, daß ich restlos glücklich bin. Ich hätte nicht geglaubt, daß ich so kurz nach Cosmos Tod wieder glücklich sein könnte. Hoffentlich ist es nicht unrecht. Aber ich glaube es nicht, denn ich habe das Gefühl, er hätte es gewollt. Vielen Dank für alles. Daß Du soviel Geduld hattest und daß Du Deine Mutter gefragt hast, ob ich nach Podmore’s Thatch kommen
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