Die Muschelsucher
ohne Blumen, und Sie werden vielleicht nicht genug Zeit haben, sie selbst zu arrangieren. In Pudley gibt es ein sehr nettes junges Mädchen. Sie hat einen Lieferwagen. Als Mrs. Kitsons alte Schwiegermutter starb, hat sie die Kirche sehr schön geschmückt.«
»Hm, wir werden sehen. Zuerst müssen wir entscheiden, wann die Beerdigung sein soll.«
»Und nach der Beerdigung.« Mrs. Plackett zögerte. »Heutzutage halten viele Leute das nicht mehr für nötig, aber ich finde, es ist schön, wenn die Trauergäste danach ins Haus kommen und eine Tasse Tee und eine Kleinigkeit zu essen bekommen. Sandkuchen wäre sehr gut. Es hängt natürlich davon ab, wann der Trauergottesdienst ist, aber wenn Freunde von weither kommen - und ich bin sicher, daß viele die weite Fahrt unternehmen werden - , ist es irgendwie undankbar, sie ohne eine Tasse Tee wieder fortzuschicken. Und irgendwie macht es auch alles leichter. Man kann miteinander reden, und die Trauer ist nicht mehr ganz so schlimm. Man hat das Gefühl, daß man nicht allein ist.«
Olivia hatte nicht an den altmodischen Brauch des Leichenschmauses gedacht, sah aber gleich ein, wie vernünftig Mrs. Placketts Vorschlag war. »Ja, Sie haben vollkommen recht. Wir werden etwas vorbereiten. Aber ich warne Sie, ich bin eine sehr schlechte Köchin. Sie werden mir helfen müssen.«
»Überlassen Sie das nur mir. Sandkuchen ist meine Spezialität.«
»Das wäre es dann wohl.« Olivia legte den Füller hin und lehnte sich zurück. Sie und Mrs. Plackett betrachteten einander über die Tischplatte hinweg. Einen Augenblick lang sagten sie beide nichts. Dann sagte Olivia: »Mrs. Plackett, ich glaube, Sie waren wahrscheinlich die beste Freundin meiner Mutter. Und jetzt weiß ich, daß Sie auch meine Freundin sind.«
Mrs. Plackett wurde verlegen. »Ich habe nicht mehr getan, als angebracht war, Miss Keeling.«
»Ich mache mir Sorgen um Antonia.«
»Ich glaube, sie kommt wieder in Ordnung. Es hat sie furchtbar mitgenommen, aber sie ist ein vernünftiges Mädchen. Eine gute Idee, sie einkaufen zu schicken. Ich habe ihr eine Liste gegeben, die so lang ist wie mein Arm. So ist sie beschäftigt. Und fühlt sich zu etwas nütze.« Damit trank Mrs. Plackett den Rest ihres Portweins aus, stellte das leere Glas auf den Tisch und stemmte sich hoch. »Hm, wenn Sie mich im Moment nicht mehr brauchen, fahre ich jetzt besser nach Haus und mache Mr. Plackett etwas zu essen. Aber ich bin kurz vor drei wieder da und gehe mit Joshua Bedway nach oben. Ich werde so lange bleiben, bis er fertig und wieder fort ist.«
Olivia brachte sie zur Tür und sah zu, wie sie, kerzengerade auf dem Sattel sitzend, davonradelte. Während sie im Eingang stand, hörte sie einen Wagen näher kommen, und dann bog der Volvo in die Zufahrt ein. Sie blieb stehen, wo sie war. So sehr sie Cosmos Tochter mochte und so leid ihr das Mädchen tat, sie wußte, daß sie im Moment nicht dazu imstande war, noch eine Flut von Tränen und eine innige Umarmung über sich ergehen zu lassen. Der Panzer der Zurückhaltung, den sie angelegt hatte, war im Moment ihr einziger Schutz. Sie sah zu, wie der Volvo hielt, wie Antonia sich losschnallte und ausstieg. Sie verschränkte die Arme, das Körpersprachesignal für physische Abwehr. Ihre Blicke begegneten sich über das Wagendach und den kiesbestreuten Vorplatz hinweg. Antonia machte die Wagentür so behutsam zu, daß nur ein sattes, dumpfes Klicken zu hören war, und kam zu ihr. »Du bist da«, war alles, was sie sagte.
Olivia nahm die Arme auseinander und legte Antonia die Hände auf die Schultern. »Ja, ich bin da.« Sie beugte sich vor, und sie küßten einander leichthin auf die Wange. Es würde gutgehen. Es würde keine dramatische Szene geben. Das war ein erlösendes Gefühl, und Olivia war beruhigt, aber zugleich war sie traurig, weil es immer traurig war, wenn jemand, der für einen ein Kind war, auf einmal erwachsen geworden ist, und man weiß, daß er nie wieder wirklich jung sein wird.
Um Punkt drei fuhr Joshua Bedway mit Mrs. Plackett auf dem Beifahrersitz seines Transporters vor und hielt. Olivia hatte insgeheim befürchtet, er würde einen schwarzen Anzug tragen und eine dazu passende Trauermiene aufsetzen, aber er hatte nur seinen Overall gegen einen anständigen Anzug getauscht, und sein wettergegerbtes Gesicht sah nicht so aus, als ob es sehr lange ernst und bekümmert bleiben könnte.
Im Augenblick sah er jedoch bekümmert und mitfühlend drein. Er sagte Olivia, daß
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