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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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London kommen.«
    Olivia war überrascht. »Aber du wärst ganz allein hier, Antonia. Ohne eine Menschenseele im Haus. Würde dir das nichts ausmachen?«
    »Nein, bestimmt nicht. Es gehört nicht zu der Sorte von Häusern. Ich glaube, ich würde mich in Podmore’s Thatch nie richtig allein fühlen.«
    Olivia dachte über die Idee nach und kam zu dem Schluß, daß sie in der Tat nicht übel war. »Na ja, wenn du es wirklich möchtest, wären wir dir bestimmt außerordentlich dankbar. Weil niemand von uns die Zeit hat, sich richtig um alles zu kümmern, und Mrs. Plackett hat andere Pflichten. Es ist natürlich noch nichts entschieden, aber ich bin sicher, daß das Haus verkauft wird.« Sie dachte an etwas anderes. »Ich sehe aber nicht ein, daß du dich auch noch um den Garten kümmern mußt. Danus Muirfield kommt doch bestimmt bald zurück und arbeitet wieder.« Antonia sagte: »Ich weiß nicht.«
    Olivia runzelte die Stirn. »Ich dachte, er wäre nur wegen eines Termins nach Edinburgh gefahren?«
    »Ja. Bei einem Arzt.«
    »Ist er krank?«
    »Er ist Epileptiker.«
    Olivia war entsetzt. »Epileptiker? Wie furchtbar. Hat Mama es gewußt?«
    »Nein, wir wußten es beide nicht. Jedenfalls bis vor kurzem. Er hat es uns erst am letzten oder vorletzten Tag in Cornwall erzählt.«
    Olivia wurde unwillkürlich neugierig. Sie hatte den jungen Mann nie zu Gesicht bekommen, und alles, was sie über ihn gehört hatte, sei es von ihrer Schwester, ihrer Mutter oder Antonia, weckte ihr Interesse. »Er muß ein sehr verschlossener oder geheimnistuerischer Mensch sein.« Antonia sagte nichts dazu. Olivia überlegte weiter. »Mama sagte mir, er trinke nicht und fahre nicht Auto, und du hast es in deinem Brief auch erwähnt. Ich vermute, das ist der Grund.«
    »Ja.«
    »Und was ist in Edinburgh gewesen?«
    »Er war beim Arzt und hat noch eine Hirnuntersuchung vornehmen lassen, aber der Computer im Krankenhaus, der die Tests auswertet, war zusammengebrochen, so daß er die Ergebnisse nicht gleich bekam. Das war letzten Donnerstag. Er ist dann zusammen mit einem Freund zum Angeln nach Sutherland gefahren. Er hat gesagt, es wäre besser, als zu Hause Daumen zu drehen und zu warten.«
    »Und wann kommt er von dem Angeltrip zurück?«
    »Donnerstag. Übermorgen.«
    »Wird er die Ergebnisse der Untersuchung dann erfahren?«
    »Ja.«
    »Und dann? Kommt er nach Gloucestershire zurück, um wieder bei seiner Firma zu arbeiten?«
    »Ich weiß nicht. Es hängt wohl davon ab, wie krank er ist.« All das klang ziemlich traurig und hoffnungslos. Doch bei näherer Betrachtung nicht allzu überraschend. So weit Olivia zurückdenken konnte, hatten immer wieder sonderbare Typen und gescheiterte Existenzen den Weg in Mamas Leben gefunden wie Bienen zum Honig. Sie hatte ihnen stets geholfen, und diese Verschwendung von Kraft und Energie -und manchmal Geld - gehörte zu den Dingen, die Noel seiner Mutter so übelnahm, daß er die Wände hochging. Und war vielleicht auch der Grund, warum Danus Muirfield ihm auf Anhieb unsympathisch gewesen war. Sie sagte: »Mama hat ihn gemocht, nicht wahr?«
    »Ja, ich glaube, sie hat ihn sehr gemocht. Und er war sehr lieb zu ihr. Richtig fürsorglich.«
    »Hat es sie sehr mitgenommen, als er ihr von seiner Krankheit erzählte?«
    »Ja. Nicht ihretwegen, sondern seinetwegen. Es war wirklich ein Schock, als wir es erfuhren. Es war so. so unvorstellbar. Es war, als ob nie wieder etwas Schlimmeres geschehen könnte. Dabei ist es erst eine Woche her. Als Cosmo starb, dachte ich, das sei das Schlimmste, was geschehen könnte. Aber jetzt glaube ich, ich habe noch nie eine Woche erlebt, die so schrecklich war wie diese. Und so lang.«
    »O Antonia, es tut mir so leid.«
    Sie fürchtete, Antonia würde in Tränen ausbrechen, doch als sie sich umwandte und sie anblickte, sah sie, daß ihre Augen trocken und ihr Gesichtsausdruck zwar sehr ernst, aber auch einigermaßen gefaßt war.
    Sie sagte: »Es darf dir nicht leid tun. Du sollst dich freuen, daß sie genug Zeit hatte, um noch einmal nach Cornwall zu fahren, bevor sie starb. Sie hat jeden Augenblick dort genossen. Ich glaube, es war für sie, als ob sie wieder jung wäre. Sie war von morgens bis abends voll Schwung und Begeisterung. Es waren erfüllte Tage. Sie hat jede Minute genutzt.«
    »Sie hat dich sehr gemocht, Antonia. Ohne dich wäre die Reise bestimmt nicht so schön für sie gewesen.«
    Antonia sagte stockend: »Ich muß dir noch etwas sagen. Sie hat mir die Ohrringe

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