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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Fall ist es höchste Zeit, daß du ein Sabbatical machst. Du kannst es auch unbezahlten Urlaub nennen. Kein Mensch kann ewig arbeiten.«
    Ein Sabbatical. Ein Jahr. Ein Sabbatical dauerte meist zwölf Monate. Länger war Davonlaufen. »Ich habe auch ein Haus. Und ein Auto.«
    »Stell es deiner besten Freundin oder deinem besten Freund zur Verfügung, und das Auto auch.«
    »Und meine Familie?«
    »Du kannst sie hierher einladen.«
    Ihre Familie hier. Sie stellte sich vor, wie Nancy am Swimming-pool in der Sonne briet, während George drinnen saß und aus Angst vor einem Sonnenbrand seinen Strohhut aufbehielt. Sie stellte sich vor, wie Noel die Oben-ohne-Strände abklapperte und abends mit seiner Beute, wahrscheinlich einem blutjungen blonden Mädchen, das eine unbekannte Sprache sprach, zum Dinner heimkam. Sie stellte sich vor, wie ihre Mutter. aber das war anders, überhaupt nicht lächerlich. Dies war die ideale Umgebung für ihre Mutter; dieses verzauberte, verschachtelte Haus, dieser üppig wuchernde Garten. Die Mandelbäume, die sonnendurchglühte Terrasse, sogar die Zwerghühner - vor allem die Zwerghühner - würden sie in eine selige Begeisterung versetzen. Olivia dachte auf einmal, daß dies der unterschwellige Grund sein mußte, warum sie sich so sehr in Ca’n D’alt verliebt hatte und dieses unerklärliche Glücksgefühl, dieses Gefühl des Daheimseins empfand.
    Sie sagte: »Ich bin nicht die einzige, die eine Familie hat. Du mußt auch an deine Verpflichtungen denken.«
    »Nur an Antonia.«
    »Ist das nicht genug? Du möchtest doch nicht, daß sie das Gefühl hat, ein Eindringling nehme ihr etwas fort.«
    Er kratzte sich im Nacken und sah einen Augenblick lang etwas verlegen aus. Dann sagte er: »Dies ist vielleicht nicht der richtige Augenblick, um davon zu sprechen, aber es hat andere Frauen gegeben.«
    Olivia mußte über seine Verwirrung lachen. »Und es hat Antonia nicht gestört?«
    »Sie hat es verstanden. Sie ist ein philosophischer Typ. Sie hat sich einfach mit ihnen angefreundet. Sie ist sehr autark und selbstbewußt. «
    Nun trat ein Schweigen ein. Er schien auf ihre Antwort zu warten. Sie sah in ihr Glas. »Es ist eine große Entscheidung, Cosmo«, sagte sie endlich.
    »Ich weiß. Du mußt darüber nachdenken. Wie wäre es, wenn wir uns etwas zu essen machen und über die Sache diskutieren?« Genau das taten sie. Sie gingen wieder ins Haus, und er sagte, er würde Spaghetti und eine Soße mit Schinken und Pilzen machen, und da er offensichtlich ein weit besserer Koch war als sie, ging sie wieder in den Garten. Sie suchte das Gemüsebeet, schnitt einen Salatkopf und pflückte einige Tomaten und entdeckte einige ganz junge, tief in dunklen Blättern versteckte Zucchini. Sie ging mit dem Gemüse in die Küche, wusch es im Spülbecken und machte einen einfachen Salat. Sie aßen am Küchentisch, und dann sagte Cosmo, es sei Zeit für eine kleine Siesta, und sie gingen zusammen ins Bett, und es war noch besser als gestern im Boot.
    Als die Hitze um vier Uhr ein wenig nachgelassen hatte, gingen sie zum Pool hinunter und schwammen nackt und legten sich dann zum Trocknen in die Sonne.
    Er redete. Er war fünfundfünfzig Jahre alt. Er war kurz nach der Reifeprüfung eingezogen worden und hatte den größten Teil des Kriegs an der Front gestanden. Er hatte festgestellt, daß ihm das Leben bei der Army gefiel, so daß er sich, als der Krieg vorbei war und er nicht wußte, was er sonst tun sollte, als Berufssoldat verpflichtete. Als er dreißig war, starb sein Großvater und hinterließ ihm ein wenig Geld. Zum erstenmal in seinem Leben finanziell unabhängig, nahm er seinen Abschied und wollte sich, da er keine Familie und keine Verpflichtungen hatte, die ihn hielten, die Welt ansehen. Er kam bis Ibiza, das damals noch nicht vom Tourismus verdorben war und wo man sehr billig leben konnte. Er verliebte sich in die Insel und beschloß, dort seßhaft zu werden und nicht weiter zu reisen.
    »Und deine Frau?« fragte Olivia. »Was meinst du damit?«
    »Wann ist sie gekommen?«
    »Mein Vater starb, und ich fuhr zur Beerdigung nach Hause. Ich blieb eine Weile und half meiner Mutter, seine Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Ich war damals einundvierzig, also kein junger Mann mehr. Ich lernte Jane auf einer Party in London kennen. Sie war so jung wie du. Sie hatte ein Blumengeschäft. Ich war einsam - ich weiß nicht, warum. Vielleicht hing es damit zusammen, daß ich meinen Vater verloren hatte. Ich hatte

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