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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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bleiben, weil mir das Haus nicht gehört, und. Oh, aus vielen anderen Gründen. Ich muß mich nach irgendeiner Arbeit umsehen. Wenn ich da bin. könnte ich dann vielleicht ein paar Tage bei dir wohnen, bis ich etwas anderes gefunden habe? Ich würde dich nicht um einen solchen Gefallen bitten, aber ich kenne sonst niemanden.« Olivia zögerte und haßte sich für ihr Zögern, aber sie war sich nur zu sehr bewußt, wie sich alles in ihr dagegen sträubte, daß sich jemand, und sei es Antonia, in ihre geheiligte Privatsphäre drängte. In ihr Haus und ihr Leben. »Was. Was ist mit deiner Mutter?«
    »Sie hat wieder geheiratet. Sie lebt jetzt im Norden, in der Nähe von Huddersfield. Und dorthin möchte ich nicht. Ich werde dir später erklären, warum nicht.«
    »Wann willst du kommen?«
    »Nächste Woche. Vielleicht Dienstag, wenn ich einen Flug bekomme. Olivia, es wäre nur für ein paar Tage, nur bis ich mich. zurechtgefunden habe.«
    Ihre bittende Stimme, die so viele Meilen fort war, klang jung und verletzlich wie die eines Kindes. Olivia hatte sie plötzlich vor Augen, wie sie sie zum erstenmal gesehen hatte, als sie über den blank gescheuerten Boden der Ankunftshalle des Flughafens von Ibiza rannte und sich in Cosmos Arme warf. Und sie war auf einmal voller Selbstekel. Es ist Antonia, du egoistisches Biest, und sie bittet dich um Hilfe! Es ist Cosmos Antonia, und Cosmo ist tot, und die Tatsache, daß sie sich an dich wendet, ist das größte Kompliment, das sie dir machen kann. Hör wenigstens dieses eine Mal auf, immer nur an dich selbst zu denken.
    Und als ob Antonia es sehen könnte, lächelte sie beruhigend und tröstend. Sie ließ ihre Stimme warm und fest klingen: »Selbstverständlich kannst du hier wohnen. Sag bitte Bescheid, wann deine Maschine ankommt, ich hol dich in Heathrow ab. Dann kannst du mir alles erzählen.«
    »Oh, du bist ein Engel. Ich mach dir auch ganz bestimmt keine Umstände.«
    »Natürlich nicht.« Ihr nüchterner und praktischer Verstand wandte sich anderen möglichen Schwierigkeiten zu. »Wie steht es finanziell? Ich meine, hast du genug Geld?«
    »Oh.« Es klang überrascht, als ob Antonia noch gar nicht an solche Details gedacht hatte. Was wahrscheinlich der Fall war. »Ja. Ich glaube.«
    »Du hast genug für das Ticket?«
    »Ja. Ja, es wird gerade reichen.«
    »Dann sag mir Bescheid, und ich hole dich ab.«
    »Vielen Dank. Danke. Und. es tut mir so leid, daß ich dir das mit Daddy sagen mußte.«
    »Es tut mir auch leid.« Es war die Untertreibung ihres Lebens. Sie schloß die Augen, wie um den Schmerz über einen Verlust, den sie noch nicht ganz begriffen hatte, in sich zu verschließen. »Er war. etwas Besonderes.«
    »Ja.« Antonia weinte. Sie konnte es hören, sehen, sie meinte, die Tränen spüren zu können. »Ja. Auf Wiedersehen, Antonia.«
    »Auf Wiedersehen.« Antonia legte auf.
    Nach einer Weile ließ Olivia langsam den Hörer sinken und legte ihn ungeschickt auf die Gabel zurück. Ihr war auf einmal entsetzlich kalt. Sie kuschelte sich in die Sofaecke, schlang die Arme um sich und starrte auf das saubere und ordentliche Wohnzimmer, in dem sich nichts geändert hatte, wo nichts umgestellt worden war, und doch alles anders aussah als vorhin. Cosmo war nicht mehr da. Cosmo war tot. Sie würde den Rest ihres Lebens in einer Welt leben müssen, in der es keinen Cosmo mehr gab. Sie dachte an jenen lauen Abend vor Pedros Cafe, wo der Junge mit der Gitarre das Konzert von Rodrigo gespielt und die Nacht mit der Musik Spaniens erfüllt hatte. Warum gerade an diesen Abend, wo es doch so viele andere Erinnerungen an die Zeit mit Cosmo gab?
    Das Geräusch eines Schrittes auf der Treppe ließ sie aufblicken. Sie sah Hank Spotswood nach unten kommen. Er hatte ihren weißen Bademantel an und sah gar nicht lächerlich darin aus, weil es ein Herrenbademantel war, der mehr oder weniger seine Größe hatte. Sie war froh, daß er nicht lächerlich aussah. Sie hätte es nicht ertragen können, wenn er in diesem Moment lächerlich ausgesehen hätte. Das war natürlich verrückt, denn was für eine Rolle spielte es jetzt, wo Cosmo tot war, wie er aussah? Er sagte: »Ich habe das Telefon klingeln gehört.«
    »Ich hatte gehofft, es würde dich nicht wecken.« Sie wußte nicht, daß ihr Gesicht aschfahl war und ihre dunklen Augen wie zwei schwarze Löcher wirkten. Er sagte: »Was ist passiert?«
    Er hatte Bartstoppeln, und sein Haar war zerzaust. Sie dachte an die Nacht und war froh, daß er

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