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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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es war.
    »Cosmo ist gestorben. Der Mann, von dem ich dir gestern abend erzählt habe. Der Mann in Ibiza.«
    »O mein Gott.«
    Er eilte durch den Raum, setzte sich neben sie und schloß sie wortlos in die Arme, als wäre sie ein verwundetes Kind, das Hilfe brauchte. Sie preßte ihr Gesicht an den weißen Frotteestoff ihres eigenen Bademantels und wünschte sich inbrünstig, sie könnte weinen. Sehnte sich danach, daß Tränen kamen, daß der Kummer sich physisch Bahn brechen und die eisige Klammer, die sich um ihr Herz gelegt hatte, lösen würde. Aber es geschah nichts. Sie war, was das Weinen betraf, noch nie sehr gut gewesen. »Wer hat angerufen?« fragte er.
    »Seine Tochter, Antonia. Das arme Kind. Er ist Donnerstag abend gestorben. Die Beerdigung war gestern. Mehr weiß ich nicht.«
    »Wie alt war er?«
    »Ich glaube. an die sechzig. Aber so jung.«
    »Wie ist es passiert?«
    »Ich weiß nicht. Sie wollte am Telefon nicht darüber reden. Sie sagte nur, er sei im Krankenhaus gestorben. Sie. sie möchte nach London kommen. Sie kommt nächste Woche. Sie wird ein paar Tage hier wohnen.«
    Er sagte nichts dazu, aber er nahm sie noch fester in die Arme und streichelte zärtlich ihre Schulter, als beruhige er ein Tier in grenzenloser Angst. Nach einer Weile wurde sie ruhiger. Sie fror nicht mehr. Sie machte ihre Arme frei, legte die Hände an seine Brust und zog sie dann zurück, nun wieder gefaßt und sie selbst. »Entschuldige«, sagte sie. »Ich bin normalerweise nicht so emotional.«
    »Kann ich etwas tun?«
    »Niemand kann etwas tun. Es ist alles vorbei.«
    »Was ist mit heute? Möchtest du lieber nicht fortfahren? Ich werde einfach gehen, damit ich dir nicht im Weg bin, wenn du möchtest. Du willst vielleicht allein sein.«
    »Nein, ich will nicht allein sein. Allein sein ist das letzte, was ich jetzt möchte.« Sie konzentrierte sich, damit der Aufruhr in ihrem Kopf nachließ, und versuchte, an das zu denken, was jetzt zu tun war. Ihr wurde klar. Ja, als erstes mußte sie ihrer Mutter Bescheid sagen, daß Cosmo gestorben war. Sie sagte: »Aber ich fürchte, Sissinghurst oder Henley kommt nicht mehr in Frage. Ich werde doch nach Gloucester fahren und meine Mutter besuchen müssen. Ich habe dir gesagt, daß sie krank gewesen ist, aber ich habe nicht gesagt, daß sie einen leichten Herzanfall gehabt hat. Sie hatte Cosmo so gern. Als ich in Ibiza war, hat sie uns besucht und ist vier Wochen geblieben. Es war eine unglaublich glückliche Zeit. Eine der glücklichsten in meinem Leben. Deshalb muß ich ihr sagen, daß er tot ist, und ich kann es nicht am Telefon sagen. Ich möchte dabei sein, wenn sie es hört.« Sie sah ihn an. »Würde es dir etwas ausmachen mitzukommen? Ich fürchte, es ist eine sehr lange Fahrt, aber sie wird uns zum Essen einladen, und wir können einen friedlichen Nachmittag bei ihr verbringen.«
    »Ich würde mich freuen mitzufahren. Und ich werde am Steuer sitzen.«
    Er war wie ein Fels. Sie brachte ein Lächeln zustande und fühlte, wie eine zärtliche Dankbarkeit in ihr aufwallte. »Ich ruf sie gleich an.« Sie griff zum Hörer. »Damit sie rechtzeitig weiß, daß wir zum Lunch da sind.«
    »Könnten wir sie nicht irgendwohin zum Essen einladen?«
    Olivia wählte bereits die Nummer. »Du kennst meine Mutter nicht.«
    Er gab sich damit zufrieden und stand auf. »Ich rieche Kaffee«, bemerkte er. »Wie wäre es, wenn ich die Spiegeleier mache?« Sie waren um neun Uhr auf dem Weg. Olivia saß auf dem Beifahrersitz ihres dunkelgrünen Alfasud, und Hank fuhr. Er fuhr zuerst sehr vorsichtig und konzentrierte sich darauf, auf der Straßenseite zu bleiben, die für ihn eigentlich die falsche war, doch nachdem sie gehalten hatten, um zu tanken, wuchs sein Selbstvertrauen, und er fuhr schneller, und dann erreichten sie die Schnellstraße nach Oxford, und er ging auf Hundertzehn und behielt dieses Tempo bei. Sie redeten nicht. Seine ungeteilte Aufmerksamkeit galt dem Verkehr und der breiten Straße, die in einer steten Biegung vor ihnen zu verschwimmen schien. Olivia war froh, daß sie sich nicht unterhalten mußte, und gab sich, das Kinn im Pelzkragen ihres Mantels vergraben, ihren Gedanken hin, ohne die eintönige Landschaft, die an den Fenstern vorbeisauste, wahrzunehmen. Hinter Oxford wurde es dann besser. Es war ein strahlender Wintertag, und während die Sonne kaum merklich höher stieg, schmolz der Reif auf den Feldern und Weiden, und schwarze Baumgerippe warfen lange Schatten, die über das

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