Die Muse des Mörders (German Edition)
Mit diesen Worten verschwand sie im Kinderzimmer.
Dominik hatte nicht vor, ein Drama zu machen. Er hatte nicht einmal vor, noch hier zu sein, wenn Hannahs Vater kam und seine Familie abholte. Einen Augenblick lang starrte er die verschlossene Zimmertür an, dann verließ er fluchtartig das Haus.
67.
Dominik hatte Schwierigkeiten, den Klingelknopf zu treffen. Alles um ihn herum schien etwas schief zu stehen und wirkte unproportioniert. Die Wohnungstür war viel zu weit hinten, die Klingel hingegen viel zu nah an ihm dran. Nach drei Anläufen schaffte er es schließlich, den Finger nicht mehr gegen die kalte Wand, sondern auf die Klingel zu pressen. Er klingelte Sturm. Erst blieb in der Wohnung alles still, dann hörte er Schritte.
»Ist ja gut, ich komme ja schon.« Drinnen polterte es, dann stöhnte eine Frau genervt auf. Dominik hielt den Finger immer noch auf dem Knopf, als sich die Tür öffnete und Rebecca im Morgenmantel hinaustrat.
»Was suchst du denn hier? Sind wir verabredet?«
»Wie bitte? … Ich kann dich nicht verstehen …« Dominiks Stimme klang betrunkener, als er sich fühlte.
»Vielleicht liegt das am Lärm, den meine Klingel verursacht.« Rebecca lachte und zog ihn in die Wohnung. Das penetrante Summen verstummte endlich. »Bist du betrunken?«
Er antwortete nicht und wurde irgendwie von ihr zum Sofa bugsiert. Schwer ließ er sich darauffallen und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, stand Rebecca immer noch vor ihm. Sie hatte die Arme verschränkt und ihre Konturen waren verschwommen.
»Raus mit der Sprache. Wo liegt das Problem?«
»Ich will nur … ich will dich nur …« Dominik fuchtelte mit seinen Armen unbeholfen in ihre Richtung. Sie erbarmte sich und setzte sich neben ihn, sodass er sie umarmen konnte. Sie ließ ihn einen Moment, dann spürte er einen leichten Druck an den Schultern und sah auf. Rebecca versuchte, ihn ein Stück von sich wegzudrücken, und schaute ihm in die Augen.
»Was ist los, Dominik? Du sollst hier doch nicht unangemeldet auftauchen.«
»Ich weiß, aber … Hannah …« Er merkte, wie sein Gesicht entgleiste und seine Augen zu brennen begannen.
»Oh nein. Sag nicht, sie weiß es.« Rebecca stand auf und ging zu ihrem Wohnzimmerschrank. »Du hast es ihr gesagt.«
»Nein.« Dominik wischte sich mit dem Arm über die Wangen, doch es half nichts. Zu seinem tränennassen Gesicht gesellte sich nur ein ebenfalls feuchter Hemdsärmel.
»Sie hat es rausbekommen. Ich fasse es nicht.« Rebecca öffnete eine Schranktür, hinter der ein beachtlicher Schnapsvorrat zum Vorschein kam. Sie goss sich ein Glas goldbraunen Whisky ein, kippte es hinunter und kam mit der ganzen Flasche zu ihm zurück. »Das hätte so nicht laufen dürfen. Ich hatte nie vor, mich in eure Ehe zu drängen. Ich dachte, du hast alles im Griff.«
Dominik schüttelte den Kopf, nahm ihr die Flasche aus der Hand und trank ein paar große Schlucke. Der starke Schnaps brannte sofort in seiner Kehle und seinem Magen. Für eine Sekunde war sein Kopf klarer als zuvor, dann fraß sich der Whisky auch in sein Gehirn und sorgte dafür, dass er endgültig keinen geordneten Gedanken mehr zustande brachte.
»Ganz genau. So genießt man einen fünfzig Jahre alten Single Malt.« Rebecca lachte, aber es klang alles andere als fröhlich. Sie setzte die Flasche ebenfalls an und trank. Dominik wusste nicht, wie viel Whisky sie von da an in sich hineinschütteten. Er war schon betrunken hergekommen und jeder weitere Schluck entfernte ihn jetzt auf angenehme Weise von der Realität. Bald schon verlor sich sein Bewusstsein in einem See aus Schnaps und eine angenehme, schummrige Dunkelheit hüllte ihn ein.
Dominik konnte nicht sagen, wie viel Zeit er in diesem Zustand verbracht hatte, aber als er wieder einigermaßen zu sich kam, befand er sich mit Rebecca auf dem Bett. Er lag unter ihr, den Blick nach oben gerichtet. Rebecca saß auf ihm und bewegte sich rhythmisch. Sie war nackt, die dunklen Haare hingen ihr offen über die Schultern und verdeckten einen Teil ihrer Brüste.
Zuerst konnte Dominik die Situation nicht einordnen, aber dann spürte er die Wärme in seiner Leistengegend und Übelkeit kam in ihm auf. So vorsichtig er konnte, schob er Rebecca von sich hinunter. Scheinbar hatte er die Kontrolle über seine Hände verloren, denn sie glitt kreischend vom Bett und blieb neben der leeren Whiskyflasche liegen.
Dominik taumelte auf das Badezimmer zu, wobei er sich eine
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