Die Muse des Mörders (German Edition)
gestritten, was ihn nur noch mehr in Breniers Arme getrieben hatte. Trotzdem oder gerade deswegen war alles nach Plan gelaufen. Dominik hatte das Gefühl gehabt, dass er Margaretha bald knacken und ein Geständnis aus ihr herauslocken können würde. Weinend hatte Hannah ihn während ihrer Telefonate angefleht, zurück nach Wien zu kommen und den Fall abzugeben, doch er hatte sich dagegen entschieden, es einfach nicht fertiggebracht, den Fall so kurz vor dem Erfolg an einen anderen Ermittler zu verschenken. Er hatte Hannah gebeten, ihn nicht mehr anzurufen, bis er hier fertig war und Margaretha kurz darauf ihren wahren Namen und somit ihr dunkles Geheimnis entlockt.
Wenig später hatte er einen Anruf erhalten. Hannah hatte eine Fehlgeburt erlitten. Die Sorge um ihn und ihre Ehe hatte ihr schlimmer zugesetzt, als er gedacht hätte. Sofort war er nach Hause gefahren und hatte seine Kollegen die Mörderin festnehmen lassen. Vor heute Abend hatte sie ihm nie offen die Schuld gegeben, doch er hatte immer gewusst, dass er den Tod ihres dritten Kindes zu verantworten hatte. Die Fehlgeburt hatte sich wie Säure in ihre Ehe gefressen und sie vergiftet. Hannah hatte sich immer mehr von ihm abgewandt und anstatt für sie da zu sein, hatte er sich vor seiner Schuld versteckt. Bei Rebecca.
Dominik hatte sich falsch verhalten und jetzt, als er die Quittung dafür bekam, lag er heulend vor der Toilette seiner Geliebten und versank in Selbstmitleid. Was war bloß aus ihm geworden?
»Dominik?«
Rebecca war ins Badezimmer gekommen und musterte ihn. Sie trug wieder den Morgenmantel, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah nicht weniger mitgenommen aus, als er sich fühlte.
»Ich sollte jetzt gehen.« Mühsam stemmte er sich in die Höhe. Rebecca reichte ihm seine Kleidung. Zum ersten Mal war ihm seine Blöße vor ihr peinlich.
»Ja, das solltest du.«
»Wie spät ist es?« Er musste sich am Waschbecken abstützen, um einen Fuß nach dem anderen in ein Hosenbein zu balancieren, ohne umzufallen.
»Halb fünf.«
»Morgens?«
Rebecca nickte und Dominik stöhnte auf. Sein Kopf dröhnte und er wunderte sich, wohin die letzten Stunden verschwunden waren. Er stellte seine Frage auch laut.
»Du hast eine ganze Weile im Bad verbracht.«
»Oh Gott.« Er rieb sich die Schläfen und wankte zurück ins Wohnzimmer.
»Das kannst du laut sagen. Versprichst du mir etwas?«
Dominik war gerade dabei, sein Hemd überzuziehen, und hielt in der Bewegung inne.
»Rede mir deiner Frau. Bring das in Ordnung.«
»Das werde ich.«
Sie verabschiedeten sich mit einer freundschaftlichen, aber steifen Umarmung, dann verließ Dominik die Wohnung.
68.
Madeleine erwachte im Morgengrauen. Das Schlafzimmer war in ein gedämpftes Blau getaucht, draußen fuhren vereinzelt Autos vorbei und durch die Wand drang Maries leises Weinen an ihr Ohr. Madeleine brauchte einen Moment, um sich zurechtzufinden, dann stand sie schlaftrunken auf und zog ihren Morgenrock über, der am Pfosten ihres Bettes hing.
Marie reagierte nicht auf ihr Klopfen, doch sie trat trotzdem ein. Das Mädchen lag zusammengekrümmt auf dem Bett und hielt den großen schwarzen Pullover jetzt in den Armen wie ein Stofftier. Wie sie so dalag, wirkte sie wie eine befremdliche und bemitleidenswerte Mischung aus Frau und Kind. Madeleine näherte sich und zog ihren Schreibtischstuhl ans Bett. Sie setzte sich und legte eine Hand auf die Schulter des Mädchens. Marie zuckte zusammen, dann drehte sie sich zu ihr um. Ihr Gesicht war nass und leuchtete sogar im Dämmerlicht rot. Sie schlotterte am ganzen Körper, wahrscheinlich stand sie noch unter Schock.
»Frau Scuderi.«
»Nenn mich ruhig Madeleine.«
Marie zog die Nase hoch.
»Danke.« Sie versuchte ein Lächeln und begann gleich wieder zu weinen. Eine ganze Weile sagte keiner etwas, dann fragte Marie. »Glauben Sie, er hatte Schmerzen?«
Madeleine dachte an all das Blut. Marie hatte dieses Blut auch gesehen und ganz sicher eigene Schlüsse aus dem Anblick gezogen. Was sollte sie sagen?
»Er hat sicher nicht viel gespürt.«
»Wie kann ein Mensch so etwas tun? Jemandem …« Marie stockte. »… ein Messer …« Sie brach ab und vergrub das Gesicht wieder in dem Pullover.
Madeleine ließ die Hand auf ihrer Schulter liegen und schwieg. In manchen Momenten gab es einfach keine passenden Worte und auch sie wusste keine befriedigende Antwort auf diese Frage
»Oliver ist unschuldig, Madeleine. Er ist
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