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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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Menge. Er s t mu ß ic h euc h beid e unterbringen , dan n zeig e ic h euc h die Plän e un d de n Bauplatz . D u glaubs t j a nicht , wi e viel e Stein e da rumliegen . Da s is t ei n richtige r Berg , ei n ausgewachsene r Berg. So viele Steine hab ich noch nie in meinem Leben auf einem Haufe n g e sehen.»
     
     
     

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    D a e s vo m Hau s z u de r Wies e keine n We g gab , fuh r Murks mi t de m Jee p direk t durc h de n Wald . E r hatt e offenbar Erfahrung damit, denn er schlug ein wahnsinniges Tempo ein – umkurvte die Bäume mit abrupten, scharfen Wendungen, schoß rücksichtslo s übe r Stein e un d freiliegend e Wurzel n un d schrie Nashe und Pozzi zu, sie sollten sich vor herabhängenden Ästen ducken . De r Jee p macht e eine n ungeheure n Lärm , un d be i ihrem Nahe n stobe n Vöge l un d Eichhörnche n auseinander , jagte n Hals übe r Kop f durc h da s bel aubte Dunkel davon. Nachdem Murks etw a fünfzeh n Minute n s o dahingeras t war , wurd e de r Himmel plötzlic h hell , un d si e fande n sic h au f eine m mi t niedrigen Büschen und dünnen Schößlingen bestandenen Grasstreifen. Die Wies e la g unmittelba r vo r ihnen . Al s erste s bemerkt e Nash e den Wohnwage n – ei n blaßgrüne r Kasten , de r au f mehrer e Reihen Hohlziege l aufgebock t wa r –, und dann erblickte er ganz am andere n End e de r Grasfläch e di e Überrest e vo n Lor d Muldoons Schloß . I m Gegensat z z u dem , wa s Murk s ihne n erzähl t hatte, bildete n di e Stein e nich t eigentlic h eine n Berg , sonder n eine ganz e Bergkett e – in verschiedenen Neigungswinkeln und Höhen erhob sich ein Dutzend planloser Haufen aus dem Boden, ei n Chao s turmhohe r Trümmer , verstreu t wi e Kinderbauklötze. Di e Wies e selbs t wa r vie l größer , al s Nash e erwarte t hatte . Auf alle n vie r Seite n vo n Wal d umgeben , entsprac h ihre Ausdehnun g etw a de r vo n dre i bi s vie r Footballfeldern : eine riesige Fläche kurzen Stoppelgrases, so eben und unbewegt wie de r Grun d eine s Sees . Nash e wandt e s ic h nac h de m Hau s um, abe r e s wa r nich t meh r z u sehen . E r hatt e sic h vorgestellt , daß Flowe r un d Ston e a n eine m Fenste r stehe n un d si e durc h ein Telesko p ode r Ferngla s beobachte n würden , abe r zu m Glück stande n di e Bäum e i m Weg . Da ß e r vo r ihre n Blicke n ve r borgen wäre , wa r scho n ei n Grun d zu r Dankbarkeit , un d i n diesen erste n Augenblicken , nachde m e r au s de m Jee p gekletter t war, fühlt e e r sich , al s hab e e r eine n Tei l seine r Freihei t bereits zurückgewonnen. Sicher, die Wiese war ein trostloser Ort; aber si e b esa ß auc h ein e gewiss e verzweifelt e Schönheit , hier herrschte eine entrückte, stille Atmosphäre, die man beinahe besänftigen d nenne n konnte . D a ih m sons t nicht s einfiel, versucht e Nash e darau s Mu t z u schöpfen.
    De r Wohnwage n erwie s sic h al s ga r nich t übel . Drinne n war e s zwa r hei ß un d staubig , abe r geräumi g genug , da ß zwe i Leute halbwegs komfortabel darin wohnen konnten: Küche, Bad, Wohnrau m un d zwe i klein e Schlafzimmer . Die Stromversorgun g funktionierte , di e Toilett e spülte , un d als Murk s de n Hah n aufdrehte , lie f Wasse r i n de n Ausguß . Die Einrichtun g wa r kar g un d wirkt e einfallslo s un d unpersönlich, war aber auch nicht schlimmer als die irgendeines billigen Durchschnittsmotels . Handtüche r i m Bad , Kochgeschir r und Bestec k i n de r Küche , Bettzeu g au f de n Bette n . Nashe fühlte sic h erleichtert , abe r Pozz i sagt e kau m ei n Wort , lie ß den Rundgan g übe r sic h ergehen , al s wär e e r mi t de n Gedanke n ganz woanders.
    E r grübel t noc h imme r übe r da s Pokerspie l nach , dachte Nashe . E r beschloß , de n Junge n i n Ruh e z u lassen , doc h fie l es ih m schwer , sic h nich t z u fragen , wi e lang e e r woh l brauchen würde , u m darübe r hinwegzukommen.
    Si e machte n zu m Lüfte n di e Fenste r auf , stellte n den Ventilato r a n un d nahme n dan n i n de r Küch e Platz , u m die Blaupause n z u studieren.
    «E s geh t hie r nic h t um irgendein tolles Bauwerk», sagte Murks , «abe r da s spiel t woh l auc h kein e Rolle . Da s Din g wird ein Monstrum, und es hat keinen Sinn, es schönreden zu wollen.» Behutsam zog er die Pläne aus einer Pappröhre, breitet e si e au f de m Tisc h au s un d beschwert e jed e Eck e mit einer Kaffeetasse. «Das hier ist eure Mauer», fuhr er fort.
    «Zweitausen d Fu ß lang , zwanzi g Fu ß

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