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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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sie amüsieren mochten –, un d ein e Woch e späte r schrie b Donn a i n ihre r Antwort , si e sei froh , da ß e r eine n s o zufriedene n Eindruc k mache . Wa s er arbeite , spiel e kein e Rolle , fügt e si e hinzu . Solang e e s ihm Freud e mache , se i die s scho n Loh n genug . Doc h hoff e si e sehr, er werde sich nach Abschluß dieser Arbeit irgendwo niederlassen . Si e all e würde n ih n schrecklic h vermissen , und Juliett e könn e e s kau m erwarten , ih n wiederzusehen.
    Diese r Brie f ta t Nash e weh , un d noc h Tag e danac h ga b e s ihm jedesma l eine n Stich , wen n e r dara n dachte , wi e gründlic h er seiner Schwester etwas vorgemacht hatte. Er war jetzt so abgeschnitte n vo n de r Wel t wi e ni e zuvor , un d e s gab Augenblicke , i n dene n e r spürte , wi e etwa s i n ihm zusammenbrach , al s gäb e de r Bode n unte r seine n Füßen langsa m nac h un d zerbröckelt e unte r de m Druc k seiner Einsamkeit . Di e Arbei t gin g weiter , abe r auc h da s wa r ein ei n sames Geschäft, bei dem er Murks soweit wie möglich aus de m We g gin g un d nu r mi t ih m redete , wen n e s absolut unumgänglic h war . Murk s tru g da s gleich e gelassen e Gebaren zu r Scha u wi e immer , abe r Nash e lie ß sic h nich t davon einlullen , sonder n tra t de r gespi elten Freundlichkeit des Vorarbeiter s mi t kau m verhüllte r Verachtun g entgegen. Mindestens einmal täglich malte er sich eine komplizierte Szene aus , i n de r e r sic h i n eine m plötzliche n Wutanfal l au f Murks stürzt e – ih n anspran g un d z u Bode n warf , ih m de n Re v olve r aus de m Halfte r zo g un d gena u zwische n di e Auge n hielt . Arbeiten wa r da s einzig e Venti l fü r diese n innere n Aufruhr , da s geistlose Schleppe n un d Ziehe n de r Steine , un d e r stürzt e sic h mi t so grimmiger , schonungslose r Leidenschaf t hinein , da ß e r allei n am Ta g meh r schafft e al s frühe r mi t Pozz i zusammen . D a e r den Karren immer mit drei oder vier Steinen gleichzeitig belud, bekam er die zweite Reihe in weniger als einer Woche fertig. Rätselhaft war es ihm, daß er bei jedem Gang über die Wiese an Stone s k l ein e Wel t i m Haupthau s denke n mußte , al s o b jeder echte Stein, den er anfaßte, ihn an den Mann erinnerte, der diese n Name n trug . Frühe r ode r späte r würd e Ston e auc h von diese m Or t ei n Model l herstellen , dacht e Nashe , ein maßstabgetreue s Abbil d de r Mauer , d er Wiese und des Wohnwagens , un d wen n e r dami t ferti g wäre , würd e e r zwei winzig e Figure n mitte n i n diese s Geländ e setzen : ein e fü r Pozzi un d ein e fü r ih n selbst . Di e Vorstellun g s o übertriebener Verkleinerun g began n au f Nash e ein e fas t unerträgliche Faszi nation auszuüben. Unfähig, von dem Gedanken abzulassen, stellt e e r sic h manchma l soga r vor , e r leb e bereit s i m Innern diese s Modell s un d Flowe r un d Ston e sähe n vo n obe n au f ihn herab. Und plötzlich konnte er sich durch ihre Augen sehen – als sei er nicht g rößer als ein Daumen, eine kleine graue Maus, die i n ihre m Käfi g hi n un d he r huschte.
    A m schlimmste n abe r wa r e s abends , wen n di e Arbei t getan war und er allein zum Wohnwagen zurückging. Dann vermißte e r Pozz i a m meisten , un d anfang s setzte n ih m Kumme r und
    Sehnsuch t zuweile n s o hefti g zu , da ß e r kau m noc h di e Kraft aufbringe n konnte , sic h ei n anständige s Esse n zuzubereiten . Ein paarmal aß er überhaupt nichts, sondern saß lediglich mit einer Flasch e Bourbo n i m Wohnzimme r un d hört e sic h bi s zum Schlafengehen mi t volle r Lautstärk e Requiem s vo n Mozar t und Verd i an ; e r heult e buchstäblic h i m dröhnende n Lär m der Musik, dachte im Sturmgetöse menschlicher Stimmen an den Jungen, als sei er nur noch ein Stück Erde, ein spröder Klumpen Erde, der zu dem Staub zerfiel, a u s de m e r gemach t war . Es tröstet e ihn , sic h i n solc h theatralische m Schmer z z u ergehen , in de n Tiefe n eine r düsteren , unergründliche n Traue r z u versinken, abe r selbs t nachde m e r sic h wiede r gefange n hatt e un d seine Einsamkeit ihm zur Gewohnheit wurde, kam er nie ganz über Pozzi s Abwesenhei t hinwe g un d hört e nich t auf , de n Junge n zu betrauern , s o al s wär e ei n Tei l seine r selbs t fü r immer verlorengegangen . Di e Arbei t i m Haushal t wurd e ihm langweilig und erschien sinnlos, eine mechanische Plackerei – Esse n k o che n un d i n de n Mun d schaufeln , Ding e

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