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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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einen Stapel
Geschichtsbücher und eine große Kollektion
Theaterkritiken, die sich immer in ihrer Nähe befinden,
Bücher, die zu lesen sie sich vorgenommen hat, Bücher, die
sie immer gemocht hat, aber in den letzten paar Monaten hatte sie in
ihrer Freizeit nur Interesse an Der Herr der Ringe, Der alte und
neue König und Das Bildnis des Dorian Gray. Jedes
dieser Werke hat sie mindestens zehnmal gelesen.
    In ein paar Stunden kann sie Karen am Arbeitsplatz anrufen.
    »Herein!« ruft sie mit bellender Stimme, als es an der
Tür klopft. Der Page rollt den Servierwagen in den Raum, und sie
sagt ihm, er solle das Essen ins Bad bringen; dieses Ansinnen macht
ihn anscheinend nervös, und sie begreift, daß er
wahrscheinlich über Rock, Stride oder Quaz die Passionet- Reporter kennt, mit denen sie üblicherweise
zusammenarbeitet und daher über große Erfahrung
verfügt und genau weiß, was man mit diesem splitternackten
Körper vor exotischer Kulisse alles anstellen kann. Das Marriott
von Point Barrow befindet sich nicht unbedingt in der reizvollsten
Gegend des Universums, und deshalb hätte er es sich nie
träumen lassen, daß er einmal der sich nackt im Schaumbad
räkelnden Synthi das Frühstück servieren
würde.
    Er wendet den Blick ab, daß es fast schon amüsant ist.
»Ich liege unter einer Schaumdecke«, ruft sie. »Du
siehst nur mein verschwitztes Gesicht und das nasse Haar, mehr
nicht.«
    »Ist trotzdem eine irre Sache«, sagt er und plaziert das
Essen und den Kaffee in ihrer Reichweite.
    »Darauf wette ich. Mein wirklicher Name ist Mary Ann
Waterhouse«, sagt sie dann aus einem Impuls heraus, »das
wird jetzt nicht aufgezeichnet, ich lese gern alte Bücher, die
sonst niemand mehr liest, und jedesmal, wenn ich Haydns Schöpfung höre, kommen mir die
Tränen.«
    Er weicht zurück, als ob er Angst hätte, sie würde
ihn ins Bein beißen. Sie erinnert sich an die Zeit, als sie
noch eine feste Anstellung hatte und von anonymen Fremden
abhängig war, die sie jederzeit feuern konnten. »Du kannst
den Leuten ruhig erzählen, daß du mir Frühstück
gebracht hast, sage ihnen einfach, ich sei ein ganz normaler Mensch
und zeige ihnen zum Beweis für unser Gespräch diese
Dinge.« Sie greift nach ihrer Brieftasche – wobei sie die
Entblößung einer Brust riskiert, aber er sieht ohnehin
verschämt weg – und gibt ihm ein viel zu hohes Trinkgeld.
»Wer ist dein Cyber-Favorit?« fragt sie ihn.
»Rock?«
    Er stößt ein komisches, nervöses Lachen aus.
»Genau.«
    »Nun, wenn du mich wiedersehen willst, er und ich werden ab
heute abend für ein paar Wochen ein Team bilden. Quaz hat in der
Zwischenzeit andere Verpflichtungen.«
    »Danke, ich werde es mir merken. Ähem… dürfte
ich wohl fragen… gibt es jemanden, der Ihnen noch besser
gefällt?«
    Nach den Bestimmungen von Passionet handelt es sich hierbei
eigentlich um eine Frage, die sie unter keinen Umständen
beantworten darf, aber in diesem Fall versucht sie, Konversation mit
einem normalen Cyber-User zu führen, und nun, wo sie
darüber nachdenkt, hält sie es im Grunde für die
natürlichste Frage der Welt. Aber noch zögert sie…
»In welcher Hinsicht besser gefällt?«
    »Ah… hmm…« Er läuft fast puterrot an. Es
ist doch ganz klar, in welcher Hinsicht.
    »Nun… äh… schau’n wir mal. Quaz ist sehr
gut informiert. Stride ist quasi der böse Junge von nebenan, und
er ist ein Ekel, aber – nun, er ist wirklich eine heiße
Nummer, wenn wir, Sie wissen schon. Er weiß, wie man
Bedürfnisse befriedigt. Rock… nun, er ist ein sehr
warmherziger, bodenständiger Kerl. Ich schätze, er ist
gefühlvoller als die anderen zwei zusammen.«
    Die Augen des Pagen sind voller Dankbarkeit.
    »Das ist dir wichtig – die menschliche Seite, nicht
wahr?« fragt Mary Ann und hofft, daß ihre Verwirrung sich
nicht in der Stimme niederschlägt. ›Menschlichkeit‹
ist schließlich ein Basis-Parameter der Virtuellen
Realität, seit Petrokin vor zwanzig Jahren die
Integritäts-Modus-Technik konzipiert hatte.
    »Genau. Ich meine, ich wäre gern so gut drauf wie Quaz
oder wie… äh… Sie wissen schon – Stride, aber es
ist diese Wärme, die Rock ausstrahlt… o ja. Hoffentlich
verstehen Sie, was ich damit sagen will. Leute, die so sind wie ich,
mag ich am liebsten.« Er lächelt ein wenig. Die Art, wie er
lächelt – völlig unbewußt, dessen ist sie sicher
– ist eine schlechte Kopie (weil ein wenig übertrieben) von
Rocks Integritäts-Modus-Lächeln.
    Sie unterhalten sich

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