Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
Vom Netzwerk:
der
Waffe wird die Polizei alarmieren, und so soll es auch sein; wenn er
Diem tötet, ist das ein guter Anfang, aber wenn die Welt dann
auch noch erfährt, warum… nun, es ist nur Gerechtigkeit,
nichts weiter. Nur Gerechtigkeit nach all den Jahren. Mehr, als
Kimbie Dee je erfahren hatte.
    Synthi Venture, oder Mary Ann, je nachdem, besteigt gerade einen
Hügel, und ein Teil von Randys Gehirn füllt sich mit warmem
mexikanischen Sonnenlicht und einer Straße, die in den Himmel
hinaufführt; Synthi ist von Hunderten guter, starker und
tapferer Freunde umgeben. Es ist so schön und friedvoll; warum,
verdammt, können die Menschen denn nicht danach süchtig werden?
    Andererseits ist Sucht vielleicht auch nicht der richtige Weg. Als
er vor einigen Wochen in Wyoming in einem Flüchtlingslager
untertauchte, verdiente er sich schier eine goldene Nase, weil er
einer von ungefähr einem Dutzend Leuten war, die bereit waren,
Latrinen auszuheben und Kartoffeln zu schälen. Alle anderen
waren zu sehr damit beschäftigt, im XV Synthi Venture beim
– Latrinenausheben und Kartoffelschälen zuzusehen. Dadurch
wurden diese Tätigkeiten in den Lagern nur aufgewertet.
    Merkwürdig. Natürlich ist es für viele Menschen
jetzt attraktiver, eine Schauspielerin bei ihrem Auftritt zu
beobachten, als Randys Tätigkeit zu verrichten. Hätte er
die Wahl gehabt, dann wäre sein Leben anders verlaufen.
    Ein leichter Regen setzt ein; die Abenddämmerung ist noch
nicht angebrochen. Harris Diem kommt wahrscheinlich auch heute abend
nicht – aber bis dieses ›wahrscheinlich‹ zu einem
›sicher‹ umschlägt, wird Randy sich nicht von der
Stelle bewegen.
     
    »Ja, ich habe ausführlich mit Mary Ann gesprochen«,
sagte Harris Diem, »sie ist sich des Problems bewußt und
versucht, es zu lösen. Wir möchten aber trotzdem nicht,
daß sie von ihnen völlig alleingelassen wird, denn ihr
haben wir es in erster Linie zu verdanken, daß keine
großen Unruhen ausgebrochen sind, und außerdem enthalten
ihre Botschaften viele positive Aspekte. Wir wollen nur, daß
sie selbständig agieren und Synthi Venture nicht ins Gehege
kommen. Das Problem ist nur, daß ihre Schilderungen die
Realität gerade jetzt in einem viel rosigeren Licht erscheinen
lassen als die Versionen anderer Leute.«
    Hardshaw nickt und sagt: »Gut, den nächsten Bericht
– Di, Sie und Carla haben schlechte Nachrichten?«
    »Die allerschlechtesten, fürchte ich. Die Temperatur des
Oberflächenwassers in der Karibik hat jetzt
siebenunddreißig Grad Celsius erreicht und steigt weiter. Das
ist mehr als genug, um einen überschallschnellen Hurrikan zu
erzeugen, wenn unsere Schätzungen richtig sind. Und
natürlich kommt ›Clem‹ demnächst wieder vorbei,
so daß mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ein neuer Sturm
entsteht.«
    Hardshaw nickt. »Irgendwelche Vorschläge?«
    »Nun, wenn wir Oberst Tynans Kometen oder John Kliegs Ballons
hätten, dann ja. Wir müßten die Karibik
abkühlen. Sonst haben wir keine Chance. Wir haben keine
Vorstellung, wie groß der nächste Sturm wird, wir wissen
nur, daß er eben ›größer‹ wird. Und um
Ihnen die Wahrheit zu sagen, ich wollte Sie gerade um Erlaubnis zu
bitten, nach North Carolina zu fahren und meine Familie zu holen,
denn in achtundvierzig Stunden wird es vielleicht schon zu spät
sein.«
    »Tun Sie das, und gehen Sie jetzt«, sagt die
Präsidentin. »Warum soll ich Sie hierbehalten, wenn es
nichts für Sie zu tun gibt. Und wenn wir schon dabei sind:
Harris, Sie gehen auch nach Hause und schlafen sich aus. Carla, rufen
Sie mich an, wenn eine Lageänderung eintritt. Ich werde auch
früh zu Bett gehen und versuchen, den Schlaf nachzuholen. Dann
bin ich wenigstens ausgeruht und gesättigt, wenn es
losgeht.«
    Di ist überrascht, wie schwer es ihm fällt, sich von
seinen Mitarbeitern zu verabschieden. Die meisten von ihnen verhalten
sich so, als würden sie ihn zum letzten Mal sehen. Gretch ist
beim ersten Schub, der morgen nach Charleston fährt, insofern
ist es für ihn wirklich ein Abschied; aber Talley und Peter
reisen erst eine Woche später ab, und er rechnet damit, sie
wiederzusehen. Mohammed und Wo Ping, die sich um ihre Familien
sorgen, sind bereits beurlaubt – die NOAA wird auf dem alten
NORAD-Gelände in Cheyenne Mountain ihr neues Hauptquartier
beziehen, und sie sind schon als Vorauskommando dort.
    Bis zum Wiedersehen in Colorado wird er sie alle vermissen, und er
sagt ihnen das auch. Alle sind den Tränen nahe, sogar Peter.
    Zehn

Weitere Kostenlose Bücher