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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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ein frühes Mittagessen
– die Brote sind mit allem möglichen klebrigen und
körnigen, in allen Farben schillernden Zeug belegt, das ihm
nicht schmeckt und das er immer an kleine mexikanische Kinder
verteilt, die aus Höflichkeit ein- oder zweimal abbeißen
und den Mampf dann wegwerfen, wenn er nicht hinsieht. Diesmal
ißt er selbst alles auf, was vielleicht ein Fehler ist. Der
Vorgang nimmt ungefähr zehn Minuten in Anspruch. Er wischt sich
mit einem Erfrischungstuch das Gesicht ab, versucht zu ignorieren,
daß er sich wieder besser fühlt (mit Ausnahme vielleicht
seines Magens) und denkt ernsthaft über den Plan nach, sich zum
führenden Aktivisten auf dem Campus zu mausern.
    Teufel, falls er Naomi dadurch nicht zurückgewinnen sollte,
hat sie immer noch ein paar Freundinnen, mit denen sich sicher auch
etwas anfangen ließe. Anscheinend gibt es Organisationen, die
sich mit jeder nur denkbaren Vorgehensweise bezüglich der
Methanemission befassen (außer vielleicht der, den
Methanausstoß noch zu steigern). Wenn erst ein offizieller
Bericht der NOAA oder der UNESCO vorliegt, werden die paar
Organisationen auf dem Campus, deren Ansichten dann noch relevant
sind, einen springflutartigen Zustrom erfahren.
    Wenn er also jetzt schon dem richtigen Verein beitritt…
    Er ruft sich selbst zur Ordnung. Er versucht zu verdrängen,
daß er mit seiner Selbstkritik Naomi imitiert. Aber Jesse hat
den Bogen einfach nicht raus; es ist ihm noch nie gelungen, sich das
gleiche Maß an Ablehnung entgegenzubringen, wie Naomi es bei
sich praktiziert. Wenn er sich einer Organisation anschließt,
dann aufgrund der Motivation, weil er an sie glaubt und für sie
arbeiten will, aus einer selbstlosen Liebe zu…
    Oh, gut, wie dem auch sei, er wird für eine Organisation
arbeiten, die das Richtige will, er weiß, daß er sich
nicht für einen Verband engagieren will, der das Falsche
vertritt, und da er durchaus in der Lage ist, eine
diesbezügliche Differenzierung vorzunehmen, sollte er von dieser
Option auch Gebrauch machen. Vielleicht kann Di ihm weiterhelfen.
    Er holt einen Spiegel aus der Brieftasche, klebt ihn an die Wand,
und richtet sich unter Verwendung der restlichen
Erfrischungstücher und eines Kamms soweit her, daß man ihm
seine Befindlichkeit nicht ansieht, denn Di ist genau die Sorte
dummer, mitfühlender Bruder, der sich eher über Jesses
Zustand aufregen würde, anstatt ihm einfach nur das zu sagen,
was er wissen will. Dann nimmt er das Telefon vom Gürtel,
klatscht das Videoempfangsteil an die gegenüberliegende Wand und
wählt.
    Er setzt die Priorität gerade so hoch an, daß der Anruf
Di bei der Arbeit erreicht, sofern Di nicht die Überrangtaste
gedrückt hat. Er wird ihn bei Routineaufgaben erreichen, aber
nicht mitten in einer Besprechung oder einer anderen wichtigen
Verrichtung; der Anruf läuft über die jeweils
günstigsten Verbindungen und Telefongesellschaften im komplexen
Reigen der konkurrierenden Software, so daß das Signal in
kleinen Segmenten, resp. Tranchen von wenigen Millisekunden über
den Erdball jagt. Jesse denkt nicht weiter über diese Dinge
nach, denn sie geschehen sowieso ohne sein Zutun.
     
    Randy Householder vertraut nicht einmal Leuten, die er bewundert.
Er vermutet, daß eine einflußreiche Persönlichkeit
ihre Finger im Spiel haben muß, um die Ermittlungen
bezüglich des Todes von Kimbie Dee so lange zu verschleppen.
Gewaltkriminalität wird nach dem Diem-Gesetz so hart geahndet,
daß das Organisierte Verbrechen solche Clips in der Regel nicht
in Umlauf bringt – sie liefern sie sogar ab, wenn sie welche
finden. Also müssen die Drahtzieher über großen
Einfluß verfügen.
    Randy weiß, daß der von ihm gesuchte Mann nur dann
verhaftet wird, wenn jemand mit noch mehr Macht – jemand, der
unbestechlich ist – ihn verfolgt, und jedwede Fahndung dieser
Art müßte geheimgehalten werden und außerhalb der
üblichen Kanäle stattfinden. Nicht, daß es Randy
dabei in den Sinn käme, er könnte vielleicht der einzige
sein, der das Verbrechen noch aufklären will.
    Aber von wem auch immer diese geheimen Ermittlungen
durchgeführt werden, der Betreffende müßte jemandem
unterstehen, der mächtig und unbestechlich ist und mit
Leidenschaft die Ausmerzung von Mörderporno-XV betreibt –
bei dieser Person könnte es sich also nur um Harry Diem selbst
handeln.
    Also hat Randy einige ›Daten-Späher‹ in Umlauf
gebracht, die nach einer Verbindung zu Harry Diem suchen. Einem
dieser Späher ist

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