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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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Jahren mit ihm zu tun, und die ganze Zeit hat
er sich immer wieder über die Ähnlichkeit gewundert, die
manche Menschen doch mit einem Affen aufweisen. »Ich muß
Sie jedoch darauf hinweisen, daß, obwohl Industrial
Facilities Mutual sich sonst immer nach meinen Empfehlungen
richtet, bei einer so großen Sache vielleicht anders
entschieden wird.«
    »Wann ist Ihnen das zuletzt passiert?« fragt
Redalsen.
    »Neunzehnachtundneunzig, bei einem alten sowjetischen
Atomreaktor, den die Russen trotz der Risiken versichern wollten.
Entgegen aller Erwartungen ist er aber nie explodiert.«
    »Glauben Sie, daß der Versicherungsschutz für
dieses Projekt abgelehnt wird?« fragt der Regierungsvertreter.
»Von unserem Standpunkt ist es nämlich unabdingbar,
daß auf die eine oder andere Art…«
    »Es wird jemand dafür aufkommen«, beruhigt der
Versicherungsvertreter ihn. »Ich kann Ihnen zwar nicht
versprechen, daß die Regierung am Schluß nicht doch die
Zeche zahlen muß; ich kann nur weiterleiten, daß die NAOS
alles tut, um die Risiken für das Wagnis zu minimieren, und die
Empfehlung aussprechen, daß wir im Schadensfall zahlen. Wir
sind nämlich ein Versicherungsunternehmen, Kollege, kein
Rückversicherer.«
    Der Regierungsvertreter und Wheatstone sind sichtlich unzufrieden,
aber Redalsen hat den Versicherungsvertreter jetzt auf seine Liste
vernünftiger Leute gesetzt.
    Bedauerlicherweise ist keine absolute Mehrheit
zustandegekommen.
    Schließlich beendet Wheatstone die Pattsituation. »Es
hat den Anschein, daß mein technischer Stab und meine
Rechtsabteilung eine Entsorgung der Rakete befürworten. Und wir
sind zumindest vorgewarnt worden, daß die
Versicherungsgesellschaft vielleicht nicht zahlt. Bietet der
Entsorgungs-Start denn signifikante Vorteile?«
    »Nur die Chance, Daten zu erhalten, an die wir sonst nicht
herankämen«, erwidert Redalsen. »Theoretisch
läuft es auf eine Bestätigung unserer Computer-Simulationen
hinaus, aber ich bin schon zu lange in diesem Geschäft, um mich
ausschließlich auf die Computer-Simulationen zu
verlassen.« Er weiß, daß das eine schlechte Politik
ist – offiziell wollte die NAOS die Monster eigentlich
für einen bemannten Raumflug umrüsten. Weil das Projekt
aber allen so am Herzen liegt, will er, daß die Unterlagen
zumindest einen Teststart ausweisen.
    »Wann ist die Rakete startbereit?«
    »Binnen fünfzehn Minuten nach Ihrer Freigabe.«
    Sie spannt die Kiefermuskulatur an und dreht den Kopf etwas nach
links. »Dann starten Sie.«
    Redalsen stellt fest, daß sie in diesem Moment sehr
entschlossen wirkt. Wenn der Vorstand das sieht, wird er
wahrscheinlich die ganze Sache genehmigen.
    Sie verlieren noch einmal zwei Minuten, weil der
Regierungsvertreter erneut bekräftigt, daß entweder die
NAOS oder die IFM zahlen müssen, weil die Regierung es
nämlich nicht tun wird. Aber die Sache ist unter Dach und Fach,
und das ist immerhin schon ein Erfolg.
    Als sie den Raum verlassen, fragt Crandall: »Wird es wirklich
eine Viertelstunde dauern?«
    »Zehn Minuten, wenn alles klappt. Die Rakete ist in
Modulbauweise gefertigt, so daß die Startvorbereitungen sofort
getroffen werden können – die Startrampe müßte
jetzt komplett besetzt sein. Wenn nicht, werden wir wohl in den
Bunker gehen müssen.«
    Crandall nickt. »Weitermachen.«
    Redalsen hält es nicht einmal für nötig, Crandall
darauf hinzuweisen, daß er nicht unter seinem Kommando steht,
so froh ist er, endlich handeln zu können. Eine kurze Fahrt mit
dem Aufzug bringt ihn in die Zentrale; die Telemetrie weist nach wie
vor halbwegs normale Werte aus, obwohl die Monster sich nun
mit jeder Welle um einen ganzen Meter hebt und senkt.
    »Nun denn«, wendet er sich an das Personal – die
Startvorbereitungen laufen jetzt schon seit acht Minuten –,
»haben wir die Flugbahn?«
    Sie haben sie, wie er von ihnen verlangt hatte. »Gut, wenn
also keine Gefahr besteht, Countdown einleiten und weg mit dem
Vogel.«
    Es dauert noch zwei Minuten, bis ›Zero‹ ertönt und
noch einige Dutzend grüner Markierungen auf den Monitoren
erscheinen. Ein kritischer Moment, als die Rakete aus dem Wasser
steigt und von einer Welle und einem Scherwind erfaßt wird,
aber die Monster schafft es dennoch, wobei ihre Leitsysteme
bis an die Leistungsgrenze strapaziert werden, die
Korrekturdüsen in alle Richtungen feuern, und nach wenigen
Minuten fliegt sie einem leeren Ozeansektor südlich von Hawaii
entgegen.
    Sie beobachten den Abflug auf dem Radar.

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