Die Mutter der Königin (German Edition)
England in der Hand hält.
«Ein Schwan», sage ich aufs Geratewohl. «Ein Schwan hat den Ring, er trägt die Krone Englands im Schnabel.»
«Ein Schwan?», fragt sie mich atemlos. «Seid Ihr sicher?» Sie bleibt mitten auf der Straße stehen. Ein Kutscher brüllt uns an, den Weg freizumachen.
«Ja, genau.»
«Was hat das zu bedeuten? Seht Ihr es?»
Ich schüttele den Kopf. Ich hatte den Schwan nur heraufbeschworen, weil ich ihr den Namen meiner Tochter nicht nennen wollte. Doch wie so oft zieht eine Lüge die nächste nach sich.
«Der Schwan ist das Abzeichen des Hauses Lancaster», erinnert sie mich. «Eure Vision bedeutet, dass mein Sohn Edward sich eines Tages des Throns bemächtigt.»
«Visionen sind nie deutlich …»
Ihr Lächeln ist strahlend. «Seht Ihr es nicht? Dass das die Lösung ist? Der König tritt ab für seinen Sohn», erklärt sie. «Das ist mein Weg. Der Schwan ist mein Sohn. Ich werde Prinz Edward auf den Thron setzen.»
Obwohl er eine der strittigsten und gefährlichsten Sitzungen des Parlaments einberufen hat, die dieses je über sich ergehen lassen musste, obwohl er drei große Herren geladen hat, die ihre eigenen Armeen mitgebracht haben, ist der König freudig gestimmt und hat seinen Frieden mit sich und der Welt gemacht. Er glaubt fest daran, dass man sich ohne sein Zutun in herzlicher Liebe über die großen Entscheidungen einigen wird; er will erst ankommen, wenn alles beschlossen ist, um seinen Segen zu geben. Er verlässt London, er will um Frieden beten, während sie sich streiten und den Preis für eine Einigung aushandeln, während sie einander drohen, bis es fast zu einer Schlägerei kommt, und sich am Ende doch einigen.
Marguerite ist außer sich, denn sie muss mit ansehen, wie ihr Gemahl sich weigert, seine Lords zu befehligen. Er will ein König sein, der sich nur im Himmel für die Sicherheit seines Landes verwendet – und die Sicherung des Landes anderen überlässt. «Wie kann er sie nach London berufen, um uns dann im Stich zu lassen?», fragt sie mich ernst. «Wie kann er nur ein solcher Narr sein, der sich mit einem halbherzigen Frieden zufriedengibt?»
Es ist tatsächlich nur ein halbherziger Frieden. Alle sind sich einig, dass die yorkistischen Lords dafür zahlen müssen, dass sie die königliche Standarte angegriffen haben. Und diese versprechen auch, den lancastrianischen Erben hohe Strafen zu entrichten, um sie für den Tod ihrer Väter zu entschädigen. Doch sie zahlen mit Kerbhölzern, die ihnen das königliche Schatzamt ausgehändigt hat – wertlose Versprechen königlichen Wohlstandes, die der König niemals einlösen wird, deren Annahme ein Lancastrianer jedoch nicht verweigern kann, denn dann würde er offen zugeben, dass das Königreich mittellos ist. Es ist ein großartiger Witz und zugleich eine unglaubliche Beleidigung des Königs. Sie versprechen, in St. Albans eine Kapelle zu erbauen, in der Messen für die Seelen der Gefallenen gelesen werden, und legen das Gelübde ab, in Zukunft Frieden zu wahren. Nur der König glaubt, dass eine Blutfehde, die Generationen betrifft, durch süße Worte, ein Bündel Stöcke und ein Gelübde beigelegt werden kann. Alle anderen sehen, dass die Toten unter Lügen begraben werden und auf ihre Ermordung die Entehrung folgt.
Der König kehrt von seinem Rückzugsort nach London heim und ruft einen Liebestag aus – einen Tag, an dem wir alle Hand in Hand laufen sollen und allen alles vergeben. «Der Löwe wird sich neben das Lamm legen», sagt er zu mir. «Seht Ihr?»
Ja, ich sehe es – ich sehe eine Stadt, zerrissen vor Zwietracht, bereit zum Krieg. Ich sehe, wie Edmund Beauforts Sohn, der seinen Vater in St. Albans verloren hat, befohlen wird, Hand in Hand mit dem Earl of Salisbury zu gehen, und wie sie eine Armlänge Abstand halten. Ihre Fingerspitzen berühren sich kaum, als trieften sie vor Blut. Hinter ihm kommt der Mörder seines Vaters, der Earl of Warwick, Händchen haltend mit dem Duke of Exeter, der insgeheim geschworen hat, es werde keine Versöhnung geben. Dann folgt der König, der gut aussieht und vor Glück über diesen Umzug strahlt, von dem er meint, er beweise dem Volk, dass die Edelleute unter seiner Herrschaft wieder vereint sind. Und hinter ihm kommt die Königin.
Sie hätte alleine gehen sollen. Als mein Blick auf sie fällt, weiß ich, dass sie hätte alleine gehen sollen, wie eine Königin. Stattdessen hat der König ihre Hand in die des Duke of York gelegt. Er glaubt, es zeige ihre
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