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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett Mcbean
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sechs war. Kein Wunder, dass die Frau so niedergeschlagen aussieht. Sie hat so viel durchgemacht.«
    »Dann ist dir das auch aufgefallen? Sie sieht gar nicht gut aus. Ich meine nicht krank, aber ...« George strengte sein Hirn an, um das richtige Wort zu finden, aber er musste passen. Er hatte sich geschworen, niemals wütend oder frustriert zu werden, wenn er Probleme hatte, sich zu konzentrieren, aber sich an dieses Gelöbnis zu halten, war einfacher gesagt als getan. »Krank«, wiederholte er mit zusammengebissenen Zähnen.
    Martha tat, was sie um Georges willen immer auf ihre liebenswerte Weise tat: Sie ignorierte Georges Probleme mit seinen Gehirnfunktionen und fuhr einfach mit der Unterhaltung fort: »Sie sieht aus, als könnte sie eine ordentliche Mahlzeit und eine gute Mütze Schlaf vertragen. Wenn wir die Farm gesehen haben, halten wir in Tarcutta an und essen erst mal was.« Dann fügte sie ein bisschen leiser hinzu: »Und wir laden sie zum Mittagessen ein. Ich glaube nicht, dass sie viel Geld hat.«
    Wieder einmal bewunderte George die Großzügigkeit seiner Frau. Er hatte zweifellos eine ganz besondere Frau geheiratet Er öffnete seinen Mund, um ihr zu sagen, wie sehr er sie liebte, aber er hörte, wie die Toilettentür geöffnet und wieder geschlossen wurde und er beschloss, damit zu warten, bis sie wieder allein waren.
    »Wir sind fast da«, teilte Martha Krista mit, als sie wieder bei ihnen war.
    »Okay«, erwiderte Krista, die hinter den Sitzen stand. Dann wandte sie sich an George: »Ich hoffe, es stört Sie nicht, dass ich mitkomme. Es ist nur... na ja, ich bin vorher noch nie auf einer Farm gewesen.«
    »Es macht mir überhaupt nichts aus«, log George. »Aber ich fürchte, von der Farm ist nicht mehr allzu viel übrig. Es gibt keine Tiere.« George stand auf. »Hier, setzen Sie sich. Ich sollte das Bett wieder zum Tisch umklappen.« »George, das hat doch bis nachher Zeit«, sagte Martha. »Nein, ist schon gut Das dauert ja nur einen Moment.« George konnte Martha einfach nicht den wahren Grund dafür
    nennen, weshalb er das Bett wieder umbauen wollte - er fühlte sich in Kristas Nähe unwohl. Er wusste, dass Martha es nicht verstehen würde, aber er hatte die meiste Zeit seines Lebens damit verbracht, Menschen einzuschätzen und gelernt, seinen Instinkten zu vertrauen. Krista hatte etwas Seltsames an sich. Er glaubte nicht, dass sie gefährlich war, doch sehr gefestigt wirkte sie nicht. Auch die Geschichte über ihre Tochter kam ihm irgendwie merkwürdig vor.
    Er wünschte sich, Martha hätte Nein gesagt, als er vorgeschlagen hatte, die Frau zu fragen, ob sie eine Mitfahrgelegenheit brauchte.
    George quetschte sich an Krista vorbei und spürte, wie es ihm kalt den Rücken hinunterlief, dann machte er sich daran, den Tisch wieder aufzuklappen.
    »Da sind wir«, sagte Martha und drehte sich zu George um, der am Tisch saß. »Letzte Haltestelle, Hill Creek.«
    Das ist nicht Hill Creek, dachte George und spürte einen Kloß in seinem brennenden Hals. Hill Creek ist wunderschön, wild, voller Leben. Das ... das ist...
    Er seufzte angesichts der Ruinen, die er draußen vor dem Fenster sah.
    Krista hüpfte aus der Fahrerkabine. Martha trat zu George an den Tisch.
    »Raus mit dir, alter Griesgram.«
    George wandte seinen Blick vom Fenster ab, sah seine Frau an und nickte. Als er aufstand, drehte sich alles um ihn herum. Martha hielt ihn fest, und als der Schwindel verflogen war, folgte er ihr nach draußen.
    Die Luft war herrlich sauber, ein bisschen kühl vielleicht, aber von einer wunderbaren Süße, die sich auf seine Zunge legte.
    »Es ist wunderschön«, sagte Krista.
    George erwiderte: »Danke«, aber er wusste, dass sie nur höflich war. Sie hatte ja keine Ahnung, wie schön es hier früher gewesen war - wie sollte sie auch? Es war früher noch viel schöner, wollte er hinzufügen, aber er hatte Angst, dass ihn
    diese Worte dann unwillkürlich zum Weinen bringen würden und so hielt er den Mund.
    Für den gewöhnlichen Betrachter war die Gegend tatsächlich schön. Das Tal, in dem die Farm lag, war weit und saftig grün und die Hügel, die sie flankierten, waren zwar eher klein und idyllisch, aber doch so hoch, dass sie einem das Gefühl gaben, dies sei der einzige Platz auf der Welt. Aber alles, was George hier noch sehen konnte, waren vertrocknete Erinnerungen und eine Vergangenheit, die für immer verloren schien. Es war ihm schier unmöglich, die Farmgebäude anzusehen, ohne von dem Gefühl

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