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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett Mcbean
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langen Bart, der in einem Eisbecher stocherte, während er sich argwöhnisch umschaute; es sah aus, als läge ein Pflock vor ihm auf dem Tisch. Der junge Kerl, der einen Apfelkuchen aß und einen braunen Aktenkoffer auf dem Schoß hatte. Der große, bullige Mann mit der blauen Baseballmütze, der gar nichts tat und gar nichts aß. Sie alle sahen aus, als seien sie aus weichem Plastik, vielleicht auch aus Latexschaum.
    Er fühlte Furcht und Verwirrung in sich aufsteigen. Dieses Gefühl glich Wasser, das in einem Kessel aufkochte. Er wusste, dass er nicht in der Lage sein würde, es zu unterdrücken - es war zu stark für ihn - und er öffnete den Mund, während ihm Tränen über die Wangen strömten. (Er war sich sicher, dass es Tränen waren, obwohl sie heißer und schwerer waren, als Tränen eigentlich sein sollten.) Er schrie: »Was ist hier los?«
    Es war, als habe sich eine schalldichte Mauer direkt vor ihm aufgebaut, sodass kein Geräusch sich mehr als eine Armlänge von ihm entfernen konnte; der Schrei hatte seine Kehle zwar verlassen, war dann aber erstorben. Es gab kein Echo. Niemand im Restaurant zuckte zusammen, niemand drehte sich zu ihm um und sah ihn an.
    Hier ging definitiv etwas Seltsames vor sich. Er schmeckte nichts. Er erinnerte sich nicht. Alle im Restaurant ignorierten ihn. Er fühlte sich falsch an. Er konnte es nicht besser erklären. Er fühlte sich... einfach ... falsch an. Aus dem Nichts kam die Frage: Wer bin ich? Die Frage schockierte ihn eher, als dass sie ihm Angst machte. Er hatte nicht wirklich darüber nachgedacht. Sie war einfach in seinem Kopf aufgetaucht, so als kontrolliere jemand anders sein Gehirn.
    Er musste hier raus. Verdammt, er konnte sich ja nicht mal mehr daran erinnern, wie er hier hereingekommen war und das Essen bestellt hatte. Seine Erinnerung begann mit dem Moment, in dem er am Tisch saß und den Burger auswickelte.
    Er stand auf und spürte, wie der Raum sich drehte.
    Spürte die Blicke.
    Für einen Augenblick erfüllte ihn Hoffnung. Wenn ihn jemand anschaute, bedeutete das, dass er nicht verrückt war - er existierte wirklich, und es lag nur an verdorbenem Essen oder zu wenig Schlaf, dass er sich so seltsam fühlte.
    Er schaute sich suchend im Restaurant um. Keine der Wachsfiguren sah ihn an. Das überraschte ihn nicht... das kribbelige Gefühl, dass fremde Blicke auf ihm ruhten, hingegen schon.
    Er drehte sich zu dem großen Fenster neben seinem Tisch um und schnappte nach Luft, als er die Frau sah, die ihr Gesicht und ihre Hände flach gegen die Scheibe presste. Sie starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an, ihr Gesicht so weiß wie das Vanilleeis, das der ergraute Mann mit dem Bart aß. Er hielt ihrem Blick stand, und dabei machte es ihm am meisten Angst, dass sie nicht einmal blinzelte. Er versuchte, seine Augen offen zu halten, sie fest auf ihre schwarzen Augen zu richten, aber seine Lider begannen zu flattern, und dann kamen ihm Tränen und er musste blinzeln. Die ganze Zeit über sah er sie kein einziges Mal blinzeln. Sie starrte ihn nur mit einem kalten Ausdruck des Hasses an. Dann, als er erneut aufschreien oder weinen oder einfach nur irgendetwas tun wollte, sagte die Frau: »Du. Ich habe dich gefunden.« Er konnte sie trotz der dicken Fensterscheibe zwischen ihnen gut hören; ihre Stimme fühlte sich wie Schleifpapier auf seiner Haut an.
    Er kannte sie nicht, was hatte sie also gemeint, als sie sagte: »Ich habe dich gefunden«? Er konnte sich noch nicht einmal an seinen Namen oder seine Vergangenheit erinnern, wie konnte diese Frau ihn also gefunden haben? Hatte sie etwas mit seiner Vergangenheit zu tun? Konnte sie ihm ein paar Dinge erklären, zum Beispiel, wieso er nichts schmecken konnte?
    Die Frau trat vom Fenster zurück und hinterließ den Abdruck ihres Gesichts und ihrer Hände auf dem Glas: ein dunkler, roter schmieriger Fleck, der ihn mit unbegründeter Furcht erfüllte. Sie ging zur Tür am anderen Ende des Restaurants und stürzte herein.
    Alle Augen im Restaurant richteten sich auf sie. Einige lächelten sie zur Begrüßung an, andere sahen aus, als hätten sie ein Gespenst gesehen. Der Mann mit der blauen Mütze fing an zu weinen.
    Die Frau blieb in der Tür stehen und starrte ihn an, und er war zu sehr darauf konzentriert, zurückzustarren, um zu bemerken, was sie in Händen hielt. Erst, als sie die Kama und den Streitkolben mit den beiden gezackten Kugeln erhob - wie ein Krieger, der sich zum Angriffbereit machte - sah er die Waffen und

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