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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett Mcbean
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trotzdem, öffnete die Tür und stieg aus dem Wagen in den bitterkalten Wind.
    Das Farmhaus sah alles andere als eindrucksvoll aus. Es war
    klein und man sah ihm sein Alter an. Auf der einen Seite wurde es von Eukalyptusbäumen, auf der anderen und dahinter von einer Koppel gesäumt. Sie hielten keine Tiere mehr, seit er zehn Jahre alt gewesen war. Gegenüber dem Haus, auf der anderen Straßenseite, führte die stillgelegte Eisenbahnlinie vorbei, die einst die wichtigste Verbindung von Melbourne nach Sydney gewesen war. Als Kind hatte Johnny oft nachts im Bett gelegen und dem Klappern und Rattern der Züge gelauscht. Er vermisste diese Zeit.
    Als die Frau aus dem Wagen stieg, führte er sie zum Haus, über die Stufen der Veranda und zur Eingangstür.
    Er hatte das Licht auf der Veranda angelassen, ebenso ein paar Lampen im Inneren, und als er in seine Hosentasche griff und den Schlüsselbund herauszog, fand er den Haustürschlüssel mit Leichtigkeit.
    »Ich hoffe, wir stören deine Mum nicht.«
    »Sie schläft im hinteren Zimmer. Aber sie hat sowieso einen festen Schlaf.«
    Er öffnete die Tür und ließ die Lady zuerst eintreten. Als sie drinnen war, folgte er ihr, machte die Tür zu und schloss sie mehrmals ab.
    Der Geruch stieg ihm sofort in die Nase - es wurde schlimmer. Er war sich sicher, dass sie es ebenfalls riechen konnte, und deshalb sagte er: »Muss unbedingt den Müll rausbringen. War ein paar Tage weg. Wahrscheinlich vergammeltes Fleisch.«
    Die Frau lächelte sanft. »Du hast hier wirklich ein ... hübsches Zuhause.«
    »Danke. Mum übernimmt meistens das Putzen, wenn ich unterwegs bin, aber ich bin derjenige, der dafür sorgt, dass sie es auch ordentlich macht. Sie wird langsam alt, aber sie kann immer noch den Besen schwingen.« Er lächelte, aber dann wurde ihm bewusst, dass dies das erste Mal war, dass die nette Lady ihn bei voller Beleuchtung sah. Sein Lächeln erstarb und er fragte: »Äh, was zu trinken?«
    »Kaffee wäre nett. Stört es dich, wenn ich zuerst euer Bad benutze?«
    Er zeigte zum Ende des Flurs. »Erste Tür rechts.«
    Sobald sie verschwunden war, eilte Johnny in die Küche. Er schaltete das Licht an.
    Das schmutzige Geschirr von vor ein paar Tagen - einschließlich Mums Teetasse und des Tellers, von dem sie gerne ihre Scones aß - stand noch immer im Spülbecken. Er ignorierte die Unordnung, setzte den Wasserkessel auf, schnappte sich zwei lassen und füllte in jede einen Teelöffel Instantkaffee. Während das Wasser aufkochte, schlich er den Flur hinunter zu Mums Zimmer.
    Im hinteren Teil des Hauses war der Geruch stärker. Um Mum nicht zu stören, ließ er das Licht im Flur aus, sodass er nicht besonders viel sehen konnte. Aber da er in diesem Haus aufgewachsen war und es sich in 42 Jahren nicht wirklich verändert hatte, erreichte er Mums Schlafzimmer, ohne irgendwo anzustoßen. Vor ihrer Tür blieb er stehen und lauschte. Von drinnen war kein Laut zu hören. Gut.
    Auf Zehenspitzen ging er zurück in die Küche. Das Wasser im Kessel brodelte, und aus dem Metallschnabel stieg Rauch auf; er füllte beide Tassen mit kochendem Wasser.
    Als er die Toilettenspülung hörte, ging er zurück ins Wohnzimmer. Die Frau betrat das Zimmer vom Flur aus. Sie sah müde aus, aber immer noch sehr hübsch. »Ich hab nach Mum gesehen. Sie schläft noch«, sagte Johnny. In der Stille, die nun folgte, erinnerte sich Johnny wieder, was er aus Höflichkeit sagen sollte. »Bitte, setzen Sie sich.« Sie setzte sich auf seine Couch.
    »Der Kaffee ist fast fertig. Nehmen Sie Zucker und Milch?« »Schwarz ist okay.«
    Er hatte noch nie von einer Frau gehört, die ihren Kaffee schwarz trank. Von Männern schon, aber nie von einer Frau. Mum trank ihn immer mit Milch und zwei Stück Zucker. »Okay«, sagte er, und ging wieder in die Küche. Er tat einen Löffel Sahne und zwei Stück Zucker in seinen Kaffee und ließ ihren, wie er war. Er griff nach dem Pillenfläschchen, zögerte dann aber.
    Die Lady war aus freien Stücken hierher gekommen. Sie war in sein Auto gestiegen und freiwillig mit ihm nach Hause gekommen. Sie war anders. Vielleicht brauchte er die Pillen gar nicht.
    Er bekam plötzlich Kopfschmerzen, als er über die Frage nachdachte. Er benutzte immer Pillen bei ihnen.
    Aber sie mag dich, sagte eine Stimme - eine verzerrte Stimme, aber zweifellos seine eigene.
    Er wusste, dass das nicht möglich war Mum hatte ihm immer gesagt, dass sich nie ein Mädchen in ihn verlieben würde, nicht, solange er so

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