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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett Mcbean
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Auto.«
    Die Frau stieg aus, ohne ihr Hemd zuzuknöpfen. Als sie weg war, zog Rick seine Hosen hoch, schwang sich auf den Fahrersitz und ließ den Wagen an.
    Er musste schnell nach Hause fahren. Seine Frau fragte sich bestimmt schon, wo er blieb.
     
    BLAKE, DER TRUCKER
     
    Sein erster Gedanke, als die Frau in sein Führerhaus kletterte, war, dass sie aussah, als könne sie eine gute Portion Schlaf vertragen. Ihr Gesicht war auffallend dünn und blass, ebenso wie ihre Lippen. Das Dunkelste an ihr, abgesehen von ihrem wirren, schulterlangen, schwarz gefärbten Haar, waren die Ringe unter ihren grünen Augen. Die blauen Flecken in ihrem Gesicht waren bereits verblasst. Gleiches galt für die Narben, die allerdings älter aussahen als die blauen Flecken.
    Sein zweiter Gedanke war, dass sie eine Nutte oder ein Junkie sein musste - oder beides. Sein dritter, dass sie auf der Flucht vor ihrem Zuhälter war. Aber sie trug kein Make-up - sehr untypisch für eine Frau in diesem Gewerbe.
    Sein letzter Gedanke war, dass sie ihn an die ältere Carol Brady erinnerte, aber nur, wenn Mrs. Brady eine Woche lang nicht geschlafen hätte und regelmäßig von Mr. Brady verprügelt worden wäre.
    Die Frau schlug die Tür zu und machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem. Ohne zu lächeln, bedankte sie sich.
    »Hey, kein Problem«, versicherte Blake. »Ich freue mich, wenn ich einer jungen Dame wie Ihnen helfen kann.«
    Er legte den ersten Gang ein, und sobald der Freeway frei war, lenkte er den Truck vom Rastplatz wieder auf die Straße.
    Er wartete, bis er mit 110 km/h über den Freeway rollte (er war vermutlich einer der wenigen Trucker, die sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung hielten), bevor er sprach: »Also, was gibt's in Sydney,... Tut mir leid, ich hab Ihren Namen nicht verstanden.« »Jane. Familie.«
    Das würde eine zähe Fahrt werden, dachte Blake. Sie war von der Sorte »kurz und süß«, wie Blake es gern nannte. Einige Tramper waren ebenso gesprächig wie er - und das war jedes Mal ein großer Spaß. Andere waren ruhig, nervös und redeten nur, wenn man sie ansprach; meistens antworteten sie mit »ja«, »ich schätze schon«, »wenn Sie es sagen« oder »sicher«. Es störte ihn nicht, aber es machte die Fahrt doch ein wenig mühsamer.
    »Familie, ja? Na, das ist doch nett. Immer nett, die Familie mal wiederzusehen. Wen wollen Sie denn treffen? Ihre Mum? Ihren Dad? Bruder? Ihre Schwester?« Er fragte nicht nach einem Sohn oder einer Tochter - er wollte sie nicht beleidigen. Auch wenn sie aussah, als sei sie um die vierzig - wenn auch eher ein paar Jahre drüber - konnte man vorher nie wissen, wie Frauen reagierten, wenn man sie nach irgendetwas fragte, das mit ihrem Alter zusammenhing. Diese Frau konnte ebenso gut schon Großmutter wie Mutter sein - eine junge Großmutter, sicher, aber er hatte schon Frauen getroffen, die um einiges jünger aussahen als Jane und bereits Großmütter waren.
    »Meine Schwester lebt in Coogee«, sagte Jane.
    »Wie heißt sie?«
    Jane zögerte, antwortete aber dann: »Caroline.«
    »Der Name meiner Mutter war auch Caroline. Sie bevorzugte Carol, aber ich habe Caroline immer gemocht. Klingt irgendwie schöner, finden Sie nicht?«
    Jane zuckte die Schultern. »Ich schätze schon.«
    Blake lächelte. Er beugte sich nach vorne und schaltete das Radio an. Er hatte immer den Oldie-Sender eingestellt. Seiner Ansicht nach war moderne Musik totaler Mist, nichts als müde Abklatsche der älteren, besseren Songs, die es längst gab.
    Er hatte schon vor einiger Zeit festgestellt, dass sich die weniger geschwätzigen Tramper oft entspannten, wenn in den Redepausen Musik lief. Man konnte sich darüber unterhalten, das lockerte viele auf. Im Moment lief >Hotel California< im Radio.
    »Es stört Sie doch nicht, wenn das Radio läuft?« Auch wenn er die Lautstärke heruntergedreht hatte, fragte er trotzdem jedes Mal, nur, um höflich zu sein.
    »Es gefällt mir«, antwortete Jane.
    »Gut.«
    Während des gesamten Refrains lag Stille in der Luft.
    »Was haben Sie transportiert?«, wollte Jane wissen.
    Jane hatte ihn auf dem Weg von Melbourne nach Hause erwischt. Er hatte zwei anstrengende Woche auf der Straße
    verbracht und war durchs ganze Land gefahren. Er hatte an den Docks in Melbourne auf eine Ladung gewartet, die er mit zurück nach Randwick nehmen konnte, aber als sich nichts ergab, beschloss er, ohne Fracht zurückzufahren - er vermisste Heather einfach zu sehr. »Gefriergut«, antwortete Blake.

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